DeutschlandKanzler Olaf Scholz reist zum zweiten Mal nach China

Deutschland / Kanzler Olaf Scholz reist zum zweiten Mal nach China
Chinas Staatspräsident Xi Jinping begrüßt den deutschen Kanzler Olaf Scholz im November 2022 in der Großen Halle in Peking Foto: Kai Nietfeld/Pool/AFP

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Der deutsche Kanzler hat sich für seinen zweiten China-Besuch viel Zeit genommen. Vom Ukraine-Konflikt über Drohungen gegen Taiwan bis zu subventionierten Elektroautos gibt es aber auch einiges zu besprechen. Warum China-Besuche so schwierig sind.

Vor seiner letzten China-Reise im Herbst 2022 hat es einen Sturm der Entrüstung gegeben. Warum reist der deutsche Kanzler nach China, einem Unterstützer Russlands in Zeiten des russischen Angriffskriegs? Der von rigiden chinesischen Corona-Maßnahmen überschattete Besuch war dennoch ein außenpolitischer Erfolg für Olaf Scholz. Bei dem Tagestrip sandte Staats- und Parteichef Xi Jinping damals die klare Botschaft aus, dass China den Einsatz von Atomwaffen ablehnt. Es war als klare Ansage an die Adresse Moskaus gewertet worden.

Diesmal nimmt sich der SPD-Regierungschef mehr Zeit, drei Tage wird er mit seiner Delegation in China verbringen und dabei gleich drei Metropolen ansteuern: Neben der Hauptstadt Peking, wo er am Dienstag auf Xi und Ministerpräsident Li Qiang treffen wird, geht es nach Chongqing – mit 32 Millionen Einwohnern im Zentrum und Umland die bevölkerungsreichste Stadt der Welt, mit einer Fläche etwa so groß wie Österreich, sowie in die Wirtschaftsmetropole Shanghai. Bei seinen Gesprächen in Peking wird der Kanzler von drei Ministern und von etwa einem Dutzend Top-Managern der deutschen Wirtschaft begleitet. In Chongqing ist sogar für eine Bootsfahrt auf dem Jangtse-Fluss Zeit.

Scholz will vor Ort drei thematische Blöcke ansprechen: die aktuellen geopolitischen Krisen, etwa in der Ukraine und im Nahen Osten, die für China und Deutschland überaus wichtigen Wirtschaftsbeziehungen sowie drittens globale Themen, wie etwa den Kampf gegen die Erderwärmung. Es sei „völlig klar, dass sich alle globalen Fragen nur mit China gemeinsam lösen lassen“, hieß es in Berlin.

Schwieriger Drahtseilakt

Bei den Gesprächen soll es auch um die Ukraine-Friedenskonferenz gehen, die Mitte Juni in der Schweiz stattfinden soll. Ein möglicher Erfolg steht und fällt mit der Teilnahme Chinas. Scholz will dafür werben. Warum?

China ist weiterhin der wichtigste Verbündete Russlands und bemüht sich darum, einen Prozess zur Beendigung des Konflikts in Gang zu bringen. Im vergangenen Jahr legte die chinesische Führung dazu ein Positionspapier vor und schickte bereits zwei Mal ihren Sondergesandten nach Europa. Deutschland und USA werfen China aber auch vor, die russische Kriegswirtschaft zu unterstützen.

Als wichtigster Handelspartner ist China ein bedeutender Lieferant für viele Vorprodukte und Rohstoffe, aber auch ein wichtiger Absatzmarkt für deutsche Produkte

Martin Wansleben, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK)

Es ist eben ein schwieriger Drahtseilakt in einem Land, das die demokratische Republik Taiwan bedroht, Russland die Treue hält und mit harter Hand gegen Oppositionelle und ethnische Minderheiten im eigenen Land vorgeht.

China sei „gleichzeitig Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale“, heißt es in der China-Strategie, auf die sich die Ampel-Regierung im vergangenen Sommer nach langen Beratungen und Misstönen zwischen Kanzleramt und Auswärtigem Amt verständigt hat. In diesem Sinne ist eine Kanzler-Reise nach China immer ein schwieriger Balanceakt zwischen der Wahrung wirtschaftlicher Interessen und der Notwendigkeit, an der einen oder anderen Stelle klare Kante zu zeigen.

Billige Elektroautos

In der Wirtschaftsdelegation sind unter anderem die Chefs großer Konzerne wie Siemens, Bayer, BASF, Mercedes, BMW, Merck, DHL, ThyssenKrupp sowie des schwäbischen Anlagenbauers Voith dabei. „Als wichtigster Handelspartner ist China ein bedeutender Lieferant für viele Vorprodukte und Rohstoffe, aber auch ein wichtiger Absatzmarkt für deutsche Produkte“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Martin Wansleben.

Die etwa 5.000 deutschen Unternehmen in China sorgen sich eher um unfaire Wettbewerbsbedingungen und die Exporteure um sinkende Absatzzahlen. Umgekehrt fluten billige chinesische Elektroautos den europäischen Markt. Die EU-Kommission hat deswegen eine Untersuchung wegen möglicher illegaler Subventionierung eingeleitet. Sollte diese in Gegenmaßnahmen münden, könnte dies einen Handelskrieg auslösen, befürchten vor allem die deutschen Autobauer. Der Kanzler wird sich in Peking dazu positionieren müssen.

Und dann ist da noch das Thema Menschenrechte, zum Beispiel Repressalien gegen Angehörige der muslimischen Minderheit der Uiguren in Xinjiang. Deutsche Menschenrechtsrechtsorganisationen fordern, dass der Kanzler solche Themen deutlich anspricht: Doch: Sie sind eher skeptisch.