„Ungarn – Schandfleck der EU“

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Wenn Luxemburgs Diplomatiechef Jean Asselborn über die aktuelle politische Entwicklung in Ungarn spricht, wird er ganz undiplomatisch.

Ungarns rechtsgerichtete Regierung unter Premierminister Viktor Orban beunruhigt Europas Demokraten. Es begann vor einem Jahr mit einem neuen Mediengesetz, das die Medien quasi unter staatlicher Kontrolle stellt. Nun hat sich Orban eine auf Maß zugeschnittene Verfassung verabschieden lassen und schickt nicht genehme Richter in Pension. Nur wenige Stimmen erheben sich gegen diese Entwicklungen in Ungarn. Die EU-Kommission droht mit Klagen gegen Ungarn. Unmissverständlich äußert sich auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn zu den Entwicklungen in Ungarn. Er war einer der ersten, die sich gegen das neue Mediengesetz äußerten.

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hatte als einer der ersten vor der gefährlichen Entwicklung in Ungarn gewarnt.

Vor einem Jahr habe er sich ziemlich allein gefühlt, als er vor den möglichen Folgen des neuen Mediengesetzes in Ungarn gewarnt hatte, sagte Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn in einem Gespräch mit Tageblatt.lu am Donnerstag. Einzig der tschechische Außenminister Karl zu Schwarzenberg habe ihn unterstützt. Der Europäsche Rat, der in anderen Fällen gleich reagiert, habe geschwiegen. Ebenfalls die EVP-Fraktion im Europaparlament. Sie habe die Vorwürfe als übertriebene Kritik aus dem linken Lager abgetan, erinnert sich Asselborn. Die Fidesz, die Partei von Premierminister Viktor Orban, ist Mitglied der EVP.

Die EU verliert ihre Glaubwürdigkeit

„Ungarn wird zum Schandfleck in der EU“, ärgert sich Asselborn. Die EU sei dabei, ihre moralische Glaubwürdigkeit in der Welt einzubüßen. Die Rechtstaatlichkeit werde durch die rezenten Entscheidungen der ungarischen Regierung noch weiter ausgehöhlt. So hat das Oberste Gericht sich gegen das neue Mediengesetz ausgesprochen. Daraufhin werden Richter in Pension geschickt und durch regimetreue Juristen ersetzt. So etwas habe man in entwickelten Ländern noch nicht erlebt, so Asselborn. Die Journalisten fühlen sich in die Zeit zurückversetzt, als die Presse von der Regierung kontrolliert wurde.

Bedenklich sind laut Jean Asselborn auch die rezenten Verfassungsänderungen. So wurde der Niedrigsteuersatz für Unternehmen auf 16 Prozent verfassungsmäßig festgeschrieben. Eine Änderung bedarf einer Zweidrittel-Mehrheit im Parlament. Eine zukünftige Regierung habe quasi keine Chance, dies abzuändern, betont Asselborn, der darin einen weiteren Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit sieht.

Die EU-Kommission ist gefordert

Was die Europäische Union gegenüber der Ukraine kritisiert, weil dort Oppositionspolitiker vor Gericht gestellt werden, kann sich nun auch in Ungarn wiederholen, warnt Asselborn. Im Fall der Ukraine hat die EU das Assoziationsabkommen auf Eis gelegt.
Und im Fall Ungarn? „Die EU-Kommission als Hüterin der Verträge muss zuschlagen“, so Asselborn ganz undiplomatisch. Die Geldzuwendungen an Ungarn müßten überdacht werden. Darüber müsse der EU-Rat im Januar reden.

Bedauerlich ist die Zurückhaltung der EVP, meint der Sozialist Asselborn, der seinen Blick auch auf Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel richtet. Sowohl UMP als auch CDU gehören der EVP an. Beide Politiker maßen sich an, Europa führen zu wollen. Dann sollten sie jetzt aufwachen vor dem, was sich derzeit in Ungarn abspielt.