Hohes Armutsrisiko in Luxemburg

Hohes Armutsrisiko in Luxemburg
(Reuters/Carlo Allegri)

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Das Armutsrisiko ist in Luxemburg seit 1997 von 11 auf 16 Prozent gestiegen. Vor allem alleinerziehende Eltern und Arbeitslose sind am stärksten betroffen.

Das Armutsrisiko ist in Luxemburg seit 1997 von
11 auf 16 Prozent gestiegen. Vor allem alleinerziehende Eltern und Arbeitslose sind am stärksten betroffen. Das erklärte gestern die CSL bei der Präsentation ihrer alljährlichen Veröffentlichung „Panorama social“. Die CSL („Chambre des salariés Luxembourg“) hat einen Blick auf die soziale Situation in Luxemburg geworfen und die Erkenntnisse hierzu in ihrem alljährlich „Panorama social 2016“ zusammengefasst.

Der Bericht geht auf mehrere Faktoren ein. Zum einen auf die Ungerechtigkeiten bezüglich der Verteilung der Einkünfte und Steuern sowie das Armutsrisiko in Luxemburg. Zum anderen wird die Arbeitslosigkeit sowie die Arbeitswelt beleuchtet. Der letzte Faktor beschäftigt sich mit den Arbeitsbedingungen.

Risiko relativ hoch

Ein Aspekt des Berichts lautet, dass das Armutsrisiko in Luxemburg im Vergleich zu anderen Ländern der Europäischen Union relativ hoch sei. Insgesamt liege dieses Risiko bei Arbeitnehmenden bei rund 11 Prozent. Bei Arbeitslosen liege es bei 50 Prozent und bei alleinerziehenden Eltern hat sich der Risikofaktor seit 1997 sogar von etwas mehr als 20 Prozent auf 44 Prozent verdoppelt.

Mit diesem Ergebnis liege das Armutsrisiko dieser beiden Gruppen im Vergleich mit anderen EU-Ländern hier in Luxemburg am höchsten, so die Arbeitnehmerkammer. „Die Situation ist schlimmer als in Ländern, die von der Krise stark betroffen sind“, so die CSL.

Faktor Mindestlohn

Ein Grund für diese Situation sei, laut CSL, der Mindestlohn. Da dieser hierzulande sehr nah an der Armutsschwelle liege. Dies sei in anderen Ländern der EU etwas anders. Die Armutsschwelle liegt bei 1.716,00 Euro brutto, unweit davon entfernt liegt der Mindestlohn bei rund 1921,03 Euro brutto.

Eine weiterer Aspekt, der aus dem Bericht hervorgeht, ist die ungleiche Aufteilung des Bruttoinlandsprodukts. „Nur ein kleiner Teil davon kommt bei der Bevölkerung an“, so Félix Martins de Brito von der CSL. Weiterer wirft der Bericht einen Blick auf die Arbeitslosenzahlen sowie die arbeitende Gesellschaft.

Diesbezüglich kam man zum Schluss, dass sich Luxemburg wirtschaftlich gut und dynamisch entwickele. „Es werden weiterhin viele Leute eingestellt“, versicherte Martins. Allerdings gebe es ein paradoxes Problem. Trotz der vielen Einstellung in Luxemburg einerseits sei andererseits die Tendenz seit 1995 steigend. Vor allem der Anstieg an Langzeitarbeitslosen, die mehr als zwölf Monate ohne Arbeit sind, beschreibt die CSL als beunruhigend. Sie machen knapp 7 Prozent der arbeitenden Bevölkerung aus. Viele würden daraufhin irgendwann auch nicht mehr vom Arbeitslosengeld profitieren können. Betroffen von diesem Risiko sind dem CSL-Bericht zufolge häufiger Frauen als Männer. „Die Frage tut sich auf, wo diese Tendenz herkommt“, erklärt Martins. Häufiger von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen seien meist Personen mit weniger Qualifikationen.

Tendenz steigend

Neben der Langzeitarbeitslosigkeit bereite aber auch die Arbeitlosigkeit von älteren Personen Sorgen. Auch hier sei die Tendenz steigend, so die CSL. Das große Problem sei, diese Menschen wieder in die Arbeitswelt zu integrieren und sie vor einem Armutsrisiko zu schützen. „Je älter die Personen sind, umso mehr sind sie vom Armutsrisiko durch ihre Arbeitslosigkeit betroffen“, erklärt Martins.

Ein letzter Faktor, der vom CSL-Bericht unter die Lupe genommen wurde, ist die Arbeitsqualität und die -bedingungen. In Luxemburg gaben 47 Prozent der Arbeitnehmer an, häufig oder fast ständig unter Zeitdruck am Arbeitsplatz zu stehen.
Hierzu zählen vor allem Personen, die in leitenden Positionen sowie in dienstleistenden Bereichen wie der Gastronomie tätig sind. Aber auch die Überstundenzahl bei jungen Arbeitnehmern sei höher und sinke mit dem Alter. Ebenfalls in diesen Bereichen werden mehr unbezahlte Überstunden geleistet als in anderen. So leistet eine Person in einer leitenden Position pro Woche rund sechs unbezahlte Überstunden und Personen im Servicebereich sogar acht.

Zeit für Änderungen

Als Schlussfolgerung zum Bericht der Arbeitnehmerkammer erklärte CSL-Präsident Jean-Claude Reding, dass der Bericht zeige, dass es noch eine ganze Reihe an Ungerechtigkeiten gebe.
Vor allem das Armutsrisiko sei für ein Land wie Luxemburg viel zu hoch. Daher sei es nun an der Zeit für Änderungen, erklärt Reding. Diese würden nun mit der angekündigten Reform der „allocations familiales“ und des „congé partenal“ sowie mit der Steuerreform allmählich in Angriff genommen.