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Die Geburtstage von wichtigen sozialen Errungenschaften sollten nicht unerwähnt bleiben. Dies gilt auch für die Anpassung von Löhnen, Gehältern und Sozialleistungen an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten. In dem vom Landesverband erkämpften Personalstatut, welches am 1. Juni 1921 in Kraft trat, war erstmalig vorgesehen, dass bei den regelmäßigen Anpassungen der Gehältertabellen die Entwicklung der Index-Ziffer zu berücksichtigen sei.

Ähnliche Bestimmungen wie bei den Eisenbahnern wurden im selben Jahr bei den Staatsfunktionären und etwas später bei den Gemeindebeamten eingeführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Indexsystem nach und nach auf die Kollektivverträge und auf den Mindestlohn ausgedehnt. Der Indexwarenkorb von 1921 beruhte auf den Erhebungen der Konsumgewohnheiten der Jahre 1913/1914. Er umfasste 19 Gebrauchsartikel, wobei 70% davon Lebensmittel beinhalteten. Am 1. Januar 1948 erfolgte die Reform der Indexanpassungen und des Warenkorbes, mit der Festlegung der Indexziffer auf 100, die auch heute noch immer Gültigkeit hat. Der damalige Indexwarenkorb beinhaltete 36 Gebrauchsartikel. Auch damals gab es bereits Auseinandersetzungen bezüglich der Indexanpassungen. 1949 gab es einen Indexstopp, der nach Protesten 1950 wieder teilweise aufgehoben wurde.

D’Fanger ewech vum Index

Die Basis der heutigen Indexanpassungen bildet das Staatsbeamtengehältergesetz vom 22. Juni 1963, dessen dementsprechende Bestimmungen auch im „Code du travail“ verankert sind. Die Anpassungen nach 1948 erfolgten, wenn die Preise der im Indexwarenkorb enthaltenen Produkte eine Preissteigerung von 5 Punkten aufwiesen. 1967 erfolgte eine Reform des Warenkorbes, der auf 173 Bedarfsartikel ausgeweitet wurde. Die Indexanpassungen erfolgten in der Folge bei einer Preissteigerung von 2,5 Punkten. Da hierdurch die Anpassungen immer schneller erfolgten, wurde 1972 die Anpassung bei 2,5 Punkten durch eine solche bei einer Preissteigerung von 2,5% ersetzt. Um die verspätete Anpassung von Löhnen, Gehältern und Sozialleistungen an die Preisentwicklung auszugleichen, wurde, auf Druck der Gewerkschaften, eine Vorschusstranche von 1,50% eingeführt.

Die Generalisierung der Indexanpassungen erfolgte 1975. Doch bereits 1977 wurden die Möglichkeiten zur Indexmanipulierung in einem Tripartite-Gesetz festgehalten. Unter einer schwarz-blauen Regierungskoalition erfolgten 1981 die ersten Indexverschlechterungen. Die Vorschusstranche wurde abgeschafft und das Ausbezahlen der Tranchen um einen Monat zurückverlegt. Als einzige Gewerkschaft protestierte der Landesverband gegen diese Vorgehensweise mit dem Slogan „Fanger ewech vum Index“.

Zur gleichen Zeit startete Gaston Thorn, der damalige Präsident der Europäischen Kommission, einen Angriff auf die Indexanpassungen in den einzelnen Mitgliedsländern. Auch damals vertraten verschiedene Politiker und Technokraten die Meinung, die automatischen Indexanpassungen würden nicht mehr in die moderne Zeit hineinpassen. Sie seien, ebenso wie andere soziale Errungenschaften, unvereinbar mit dem angestrebten neoliberalen Gesellschaftsmodell.

Der Indexstreik von 1982

Ein Jahr nach der ersten Indexmanipulation erfolgte 1982, unter derselben Regierungskoalition, die Außerkraftsetzung der automatischen Indexanpassungen. Diesmal demonstrierten die Gewerkschaften am 27. März 1982 in geschlossener Einheitsfront gegen diese Entscheidung. Trotz dieser erfolgreichen Protestkundgebung mit 40.000 Teilnehmern war die Regierung nicht zu Konzessionen bereit. Dies führte dazu, dass die Gewerkschaften, mit Ausnahme der CGFP, der FEP und der Aleba, für den 5. April 1982 zu einem 24-stündigen Streik aufriefen. Dieser erfolgreiche Streik mutierte praktisch zu einem Generalstreik. Die Groß- und Mittelindustrie, die Mehrheit der Gemeinden, viele Baufirmen wurden lahmgelegt, die Belegschaften in Handel, Banken, Versicherungen und Handwerk streikten teilweise. Die Tatsache, dass an diesem Tag kein Zug verkehrte und der übrige öffentliche Transport praktisch stillstand, verhalf diesem Streik über die nationalen Grenzen hinweg zu dem nötigen Widerhall.

Trotz der erfolgreichen Gewerkschaftsaktionen wurde die Austeritätspolitik bis zu den Parlamentswahlen von 1984 weitergeführt. Die gewerkschaftliche Mobilisierung sowie das Bekenntnis der LSAP zum Index, nach vorausgegangenen parteiinternen Diskussionen und Abstimmungen, bewirkten einen Regierungswechsel und die Wiedereinführung der automatischen Indexanpassungen ab 1985. Die nicht gewährten Indextranchen wurden nicht rückwirkend ausbezahlt, sodass sie einen bleibenden Verlust für alle aktiven und pensionierten Arbeitnehmer darstellten.

Manipulationen am laufenden Band

Seit der Wiedereinführung der automatischen Indexanpassungen im Jahr 1985 gab es weitere Manipulationen und Kürzungen von Sozialleistungen. Bereits vor der Finanzkrise wurden 2006 das Kindergeld und der Elternurlaub deindexiert und das Ausbezahlen der Indextranchen zurückverlegt. Nach dem Scheitern von Tripartite-Gesprächen Ende 2011 wurde vom Gesetzgeber beschlossen, 2012, 2013 und 2014 jeweils nur eine Indextranche, und zwar am 1. Oktober, auszubezahlen. Die jüngste Indexmanipulation erfolgte am 1. Januar dieses Jahres, indem der Gesetzgeber beschloss, die neue CO2-Steuer im Index zu neutralisieren. Dabei kann der Index niemals als Mittel zur Umwelt- und Gesundheitspolitik betrachtet werden. Die im Indexwarenkorb enthaltenen Bedarfsartikel müssen mit ihren Verbraucherpreisen, einschließlich aller Taxen, die Konsumgewohnheiten der hier lebenden Menschen widerspiegeln, damit der Index seine diesbezügliche Funktion erfüllen kann.

Das Kindergeld soll ab dem 1. Januar 2022 wieder indexiert werden. Die sofortige Inkraftsetzung dieser Maßnahme hätte den Vorteil, dass die Indextranche, die möglicherweise zum Schluss dieses Jahres erfallen wird, berücksichtigt würde. Dies müsste auf jeden Fall sichergestellt werden, da ansonsten die Reindexierung, trotz der verlorenen Tranchen, erst 2023 Wirkung zeigen würde. Außerdem wäre die Wiedereinführung einer Vorschussindextranche mehr denn je geboten.

* Der Autor ist ehemaliger Präsident des FNCTTFEL-Landesverbands

Romain
27. Mai 2021 - 15.48

Würde die Entwicklung der Immobilienpreise bei der Berechnung der Index Tranche berücksichtigt, wäre dies nicht mehr finanzierbar . Es sind aber gerade die Kosten, die mit dem Wohnen verbunden sind, die den Gelbeutel der Leute überstrapazieren. So ist der Index nur Makulatur und bleibt dennoch ein absolut unversichtbares Mittel, um das Überleben der Geringverdiener in unserer Gesellschaft zu garantieren.

Blücher
27. Mai 2021 - 10.20

Hat diese Regierungskoalition diesen Index nicht durch die Hintertüre manipuliert und verwässert? Scheint dies in der grün-rot-blauen Hörigkeit der Gewerkschaften und Kopfnicker wohl nicht von Relevanz zusein , beklatschen wir also in alter Politbüromanier 100 Jahre Index.

Jemp
27. Mai 2021 - 10.03

Nicht allein die CSV und die DP sind eine Gefahr für den Index, sondern auch die Grünen, mit ihren CO2-Steuern, die ja im Index neutralisiert wurden und demnächst noch saftig erhöht werden. In grünen Kreisen wabbern auch noch solche Ideen herum, wie die Deindexierung von Fleisch, Getränken, und noch weiteren "ungesunden" Lebensmitteln oder "unökolgischen" Produkten. Von Getränken in der Plastikflasche bis zum Auto wollen die alles aus dem Index streichen und den Index in eine Art Biosubvention umwandeln. Wehret den Anfängen!