BGL BNP Paribas408 Millionen Euro Gewinn in einem „radikal veränderten Umfeld“

BGL BNP Paribas / 408 Millionen Euro Gewinn in einem „radikal veränderten Umfeld“
Der Sitz von BGL BNP Paribas auf Kirchberg Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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In einem Umfeld, das sich stark verändert hat, hat die Bank BGL BNP Paribas 2022 ihren Gewinn leicht auf 408 Millionen Euro steigern können. Das teilte sie im Rahmen einer Pressekonferenz mit. Dem Luxemburger Staat winkt eine millionenschwere Dividende. Für Grenzgänger richtet die Bank Büros an der Grenze ein.

„Als das Jahr 2022 begann, dachte man noch: Endlich wieder ein normales Jahr“, so Etienne Reuter am Donnerstagnachmittag. „Doch spätestens nach dem 24. Februar (Datum des russischen Angriffs auf die Ukraine; Anm. der Red.) war klar, dass das nicht der Fall sein würde“, so der Verwaltungsratspräsident weiter. Im starken Kontrast zu den Vorjahren sprang die Inflation in der Eurozone, bedingt durch die hohen Energiepreise, auf über zehn Prozent. „Die Zentralbanken haben reagiert“ und den Leitzins im Jahresverlauf um 2,5 Prozentpunkte erhöht. Bis Ende März 2023 kam ein weiterer Prozentpunkt hinzu.

„Im ersten Halbjahr hatten wir mit minus 0,5 Prozent noch Negativzinsen“, hob auch BGL-Geschäftsführerin Béatrice Belorgey hervor. „Im zweiten Halbjahr gab es dann einen Anstieg von 275 Basispunkten. Und das innerhalb von einem Jahr. Das ist schon sehr besonders. (…) Ein Umfeld, das sich radikal verändert hat.“

Insgesamt sei man aber überrascht gewesen von der Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft, so Etienne Reuter. Die Eurozone ist weiter gewachsen und die Arbeitslosigkeit war rückläufig. „Auch in Luxemburg ist das Wachstum der Jobs stark geblieben und die Arbeitslosenquote ging zurück.“

In diesem Umfeld hat es die Bank geschafft, das Netto-Bankergebnis um 4 Prozent auf 1,69 Milliarden Euro zu steigern. Das Finanzinstitut habe dabei stark von ihrem diversifizierten und integrierten Geschäftsmodell profitiert, so Laurent Jansen, Finanzchef. Dieses erstreckt sich über drei Bereiche: Retail Banking, Private Banking und Corporate Banking. Mit dazu zählt auch der Bereich Leasing, der 2022 für 57 Prozent der Einnahmen stand. „Jeder Bereich hat seine eigenen Stärken“, so Jansen. Gleichzeitig könne man den Kunden jedoch auch all diese Leistungen „aus einer Hand“ anbieten.

Mehr Geschäft mit Unternehmenskunden

Alle Geschäftsbereiche hätten zu dem guten Ergebnis beigetragen, so der Finanzchef weiter. Im Geschäft mit den Durchschnittskunden konnte ein Plus von drei Prozent erwirtschaftet werden. Das Volumen der Kredite und der Spareinlagen habe etwa gleich stark zugelegt. Im Geschäft mit den wohlhabenden Privatkunden sei ein Plus von einem Prozent verbucht worden. Erschwert wurde das Anlegen der Gelder durch die Börsenkurse, die 2022 nicht gestiegen seien.

Sehr deutlich zulegen konnte derweil das Geschäft mit den Unternehmenskunden. Ein Trend, wie er am gesamten Finanzplatz in den letzten zehn Jahren immer deutlicher zu verzeichnen war. Sowohl beim Volumen der Kredite als auch beim Volumen der Spareinlagen habe die BGL BNP Paribas 2022 „sehr schöne Zuwachszahlen“ von elf und neun Prozent verbuchen können, so Jansen.

Im Geschäft mit dem Leasing sei das Jahr 2022 hingegen schwieriger gewesen, sagt Jansen weiter. Gründe seien höhere Kosten für Finanzierungen und Verspätungen beim Ausliefern der Fahrzeuge. Trotzdem sei in jedem der Bereiche ein Wachstum verzeichnet worden.

Das Volumen der Rückstellungen für mögliche Kreditausfälle ging derweil, im Gegensatz zum Durchschnitt der anderen Banken des Platzes, um 5 Prozent auf 72,5 Millionen Euro zurück. Hintergrund sei, dass Provisionen, die im Rahmen der Corona-Krise angelegt wurden, wieder aufgelöst werden konnten. Auch ihre Kosten habe die Bank 2022 sehr gut im Griff gehabt, so Laurent Jansen. Die betrieblichen Aufwendungen beliefen sich im vergangenen Jahr auf 835 Millionen Euro, vier Prozent mehr als im Vorjahr.

86,2 Millionen Euro Dividende für den Staat

Im Rahmen der aktuellen Zinssteigerungen sei man nicht von einem Anstieg von Problemkrediten betroffen, so Béatrice Belorgey auf Nachfrage. Mit einzelnen Kunden könne man aber über die Möglichkeit einer zeitlichen Verlängerung von Krediten oder über die vorgezogene Teil-Rückzahlung mittels Spareinlagen reden.

Unter dem Strich ergab sich so zum Jahresende ein Nettogewinn von 408,1 Millionen Euro. Vier Prozent mehr als im Vorjahr. Ein großer Teil des erwirtschafteten Gewinnes wird an die Aktionäre ausgeschüttet. Für den Luxemburger Staat, der etwa ein Drittel der Anteile an der Bank hält, wird es sich um eine satte Geldspritze von 86,2 Millionen Euro handeln.

Die Bank investiere derweil weiter in Technik und Technologie, so die Geschäftsführerin. Es gehe darum, den Kunden möglichst viele Leistungen, auch aus der Ferne, anbieten zu können. Auch wenn es über das Anlegen von Geld geht. Zudem soll die „operationelle Effizienz“ gesteigert werden – auch durch neue, agilere und flexiblere Arbeitsformen.

Gebäude an der Grenze eingerichtet

„Die Mitarbeiter haben das Homeoffice wertschätzen gelernt“, so Béatrice Belorgey. Im Prinzip habe auch mittlerweile jeder ein Anrecht auf zwei Tage die Woche. Da die Steuerregelungen dies für Grenzgänger aber schwierig machen, und der Arbeitsweg nach Luxemburg-Stadt in den kommenden paar Jahren nicht einfacher werde, habe man ein Gebäude an der französischen Grenze (Bettemburg) nun zum Arbeitsraum für bis zu 130 Mitarbeiter umfunktioniert. Es gehe darum, die Mitarbeiter trotz der vorgesehenen jahrelangen Baustellen „nicht zu entmutigen“, so die Geschäftsführerin. Ein weiteres Gebäude nahe der belgischen Grenze sei in Planung.

Des Weiteren hat die Bank ein neues Produkt im Bereich der Impact-Finanzierung eingeführt: einen Kredit, dessen Zinssatz von der Erreichung festgelegter ESG-Ziele (Environment, Social, Governance) abhängig ist. Mit diesem Produkt sollen luxemburgische Unternehmen bei der Entwicklung ihres CSR-Konzepts (Corporate Social Responsibility) und bei ihrem Energiewende-Projekt unterstützt werden und hierfür Anreize erhalten. Bei Ziel-Erfüllung ist der zu zahlende Zinssatz dann niedriger als bei Nicht-Erfüllung des Zieles.

Für das laufende Jahr ist man bei BGL BNP Paribas „vorsichtig optimistisch“ eingestellt. Man erkennt, dass das Umfeld schwieriger und die Nachfrage nach Krediten geringer geworden ist, sehe aber gleichzeitig „eine ziemlich gute Widerstandsfähigkeit“ beim Geschäft. „Wir passen uns an. (…) Es gilt, Vorsicht bei den Kosten walten zu lassen“, so Béatrice Belorgey.

BGL BNP Paribas zählt zu den größten Banken des Großherzogtums und ist Teil der BNP-Paribas-Gruppe. Rund ein Drittel der Anteile hält der Luxemburger Staat. Ende 2022 beschäftigte BGL BNP Paribas hierzulande 2.152 Mitarbeiter (2019 waren es 2.375 Mitarbeiter). Die BNP-Paribas-Gruppe ist in 65 Ländern vertreten und beschäftigt weltweit etwa 190.000 Mitarbeiter.

Weiterführende Lektüre:

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V.l.: Etienne Reuter, Béatrice Belorgey und Laurent Jansen
V.l.: Etienne Reuter, Béatrice Belorgey und Laurent Jansen Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante
Grober J-P.
7. April 2023 - 10.23

"Mehr Geschäft mit Unternehmenskunden."
Wo ist die Bank für den "kleinen" Kunden?
"Für Grenzgänger richtet die Bank Büros an der Grenze ein."
Und in den hiesigen Gemeinden werden die Büros "saniert".
Sogar Bankomate werden nicht mehr regelmässig bedient.

cniggel
7. April 2023 - 9.22

Also alles wie immer, es ist der Kunde der zahlt, die Art und Weise ist egal dank den grossen Strategen der Bank.