Jahresbericht 2023ADEM: Mehr Arbeitslosigkeit, weniger Stellen und keine passenden Kandidaten

Jahresbericht 2023 / ADEM: Mehr Arbeitslosigkeit, weniger Stellen und keine passenden Kandidaten
Nach einem guten Jahr 2022 haben sich die Zahlen am Arbeitsmarkt 2023 wieder leicht verschlechtert Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Nach einem guten Jahr 2022 haben sich die Zahlen am Arbeitsmarkt 2023 wieder leicht verschlechtert. Das geht aus dem neuen Jahresbericht des Arbeitsamts ADEM hervor. U.a. mit einer besseren Kenntnis des Marktes und mehr Schulungen wird versucht, dagegen vorzugehen.  

„2023 war ein schwieriges Jahr“, so Isabelle Schlesser, Direktorin der Adem („Agence pour le développement de l’emploi“) am Dienstag im Rahmen der Jahrespressekonferenz. Die Wirtschaft war in eine Rezession gerutscht und die Wachstumsrate von neuen Jobs hat sich verlangsamt, von gewöhnlich um die drei Prozent in den Vorjahren auf jetzt nur noch 1,6 Prozent. „In der Folge hatten sich mehr Menschen bei dem Amt eingeschrieben, während die Zahl der bei der ADEM angegebenen offenen Stellen rückläufig war“, so Schlesser.

Der Rückgang betraf insbesondere die Berufssparten Unternehmensberatung (minus 60 Prozent), Informatik (minus 56 Prozent), Transport und Logistik (minus 53 Prozent), Horeca (minus 45,5 Prozent) sowie das Baugewerbe (minus 45 Prozent). Bedingt sei dies durch die Krisen der vergangenen Jahre, so Arbeitsminister Georges Mischo.

Innerhalb des letzten Jahres war die Arbeitslosenquote so von 4,9 auf 5,5 Prozent gestiegen. Insgesamt 18.198 Menschen waren im Dezember 2023 als arbeitssuchend bei der ADEM eingeschrieben, fast 2.500 (oder 15,5 Prozent) mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der verfügbaren Stellen belief sich zum Monatsende auf 6.997, satte 36 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Sprachkenntnisse im Fokus

Zeitgleich und trotz des Zuwachses an Arbeitssuchenden „bleibt es in einigen Bereichen sehr schwer, Kandidaten mit den richtigen, gesuchten Qualifikationen zu finden“, so Schlesser, die das Amt seit rund zehn Jahren leitet, weiter. Im Bereich Informatik beispielsweise hatten Arbeitgeber 1.500 Stellengesuche eingereicht, doch „für 800 konnten wir keinen einzigen geeigneten Kandidaten schicken“. Ähnlich auch in anderen Bereichen: Für rund 700 von ca. 1.500 offenen Stellen in der Buchhaltung hatte man keine passenden Talente zu bieten. In der Kreditanalyse für Banken waren es 378 von 500. Meist fehlte es an der gewünschten Erfahrung.

Betroffen von diesem Trend war jedoch nicht nur der Finanzplatz: Keinen Kandidaten anbieten konnte das Amt auch in 258 Fällen (von 374 offenen Stellen) im Bereich der Ausbildung von kleinen Kindern. Hier fehlten oft die Kenntnisse der luxemburgischen Sprache, so Schlesser.

Was die Sprachen anbelangt, so werden sich für 50 Prozent der freien Stellen zwei Sprachen gewünscht. Am meisten gesucht ist Französisch (72 Prozent der Stellenangebote), gefolgt von Englisch (50 Prozent), Deutsch (31 Prozent) und Luxemburgisch (24 Prozent). Große Unterschiede gebe es dabei jedoch je nach Sektor. Insgesamt sei es einfacher, Kandidaten mit Französisch zu finden – Leute, die gut Deutsch können, habe man jedoch nicht genug. Vor allem auch in der Industrie.

Mehr Verständnis gesucht

Arbeitsminister Georges Mischo und Isabelle Schlesser, Direktorin der ADEM
Arbeitsminister Georges Mischo und Isabelle Schlesser, Direktorin der ADEM Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Wegen der Wichtigkeit der Sprachkenntnisse führt die ADEM seit 2023 nun schriftliche Online-Tests in vier Sprachen durch, um „real einschätzen zu können, wie gut sie wirklich sind“, so Schlesser. Insgesamt 12.000 Menschen haben sich bereits daran beteiligt. Man erkenne, dass das Niveau meist etwas niedriger ist als in der Selbsteinschätzung – vor allem im Deutschen.

Um den nationalen Arbeitsmarkt besser zu verstehen, habe man in den letzten Jahren zudem zehn sektorielle Analysen vorgenommen, erklärt sie weiter. Auf der Webseite jobinsights.lu könne sich nun jeder über Anforderungen für einzelne Berufe sowie über Nachfrage und Angebot informieren.

Anstrengungen unternommen hat das Amt auch im Bereich der Weiterbildungen. Seit 2019 hat sich der Anteil der Arbeitssuchenden, die in den letzten zwölf Monaten eine Ausbildung absolviert haben, vervierfacht. Im Jahr 2023 waren es somit fast 5.200 Arbeitssuchende, die mindestens eine Ausbildung absolviert haben (3.434 im Jahr 2022). Das gelte es jedoch noch weiter auszubauen und eine breite Palette an Kursen anzubieten. In Zusammenarbeit mit Partnern, im Idealfall auch online. Immerhin verbuche man rund 3.000 Neueinschreibungen pro Monat.

Hoffen auf Trendwende

Erfreut ist man derweil darüber, dass man 2023 erstmals mehr als 1.000 Lehrstellen für Erwachsene (Menschen mit wenigstens einem Jahr Berufserfahrung) vermitteln konnte. Zufrieden gibt man sich auch mit einem neuen Gesetz, das 2023 in Kraft trat, und das die Einstellung von Personen aus Drittstaaten in den Bereichen, wo Mangel herrscht, vereinfachen soll. Es habe nicht zu einem Plus von Einstellungen geführt, jedoch zu einer Vereinfachung der Prozeduren, so Schlesser.

Für die Zukunft hofft man auf eine Besserung der wirtschaftlichen Lage. „Die letzten Zahlen (von April 2024) waren bereits wieder leicht weniger schlecht“, so Isabelle Schlesser. „Bei den offenen Jobs geht es wieder leicht nach oben.“ Nun hoffe man, dass dies eine neue Tendenz ist, eine Stabilisierung. Sicher sei man sich aber nicht. Statec geht für 2024 lediglich von einer Steigerung von 1,3 Prozent bei der Beschäftigung aus.

Derweil, „um ihren Kunden bestmöglich zu dienen und eine moderne und reaktionsschnelle Agentur zu sein“, treibt die ADEM auch die Digitalisierung ihrer Dienstleistungen und Prozesse voran. Das gebe Arbeitssuchenden und Arbeitgebern mehr Autonomie und setze interne Ressourcen frei, so Schlesser. Letztes Jahr haben sich so 24 Prozent der Arbeitssuchenden (Vorjahr: 18 Prozent) online angemeldet – 36 Prozent der offenen Stellen wurden online angemeldet (Vorjahr: 29 Prozent).

Die staatliche Verwaltung zählt 699 Mitarbeiter, verteilt auf zehn Standorte. Letztes Jahr wurden bei dem Amt 30 Stellen neu geschaffen. Dieses Jahr sollen es 24 neue Stellen sein. In den Jahren 2013 bis 2020 seien es deutlich mehr gewesen, doch sei man heute besser aufgestellt als damals und versuche gleichzeitig durch „upskilling“ die eigene Effizienz zu steigern.

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