Die Schueberfouer damalsAls Freakshow, Striptease und andere Kuriositäten unbekannte Welten versprachen

Die Schueberfouer damals / Als Freakshow, Striptease und andere Kuriositäten unbekannte Welten versprachen
Einst lockten Akrobaten die Menschen in die Manege. An Nervenkitzel dürfte es nicht gefehlt haben. Foto: Archiv/Photothèque

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Bevor große und schnelle Fahrgeschäfte die Aufmerksamkeit der „Fouer“-Besucher auf sich zogen, gab es andere Attraktionen, oft Kurioses. An Spaß, Unterhaltung und Nervenkitzel mangelte es damals aber wohl nicht. Oft war die beliebteste Attraktion der Mensch selbst. Als Akteur in der Manege oder als Objekt in der Freak- und Peepshow.

Nach dem dritten Umzug der „Fouer“, nämlich vom Limpertsberg auf den Glacis, lassen sich nach 1893 in der Schefferallee Cafés und Tanzlokale nieder, die während der „Fouer“-Zeit ein spezielles Programm anbieten. Es gibt Marionettentheater, Schaubuden, Varietés, wie „Die Berliner Luft“ mit Artisten und Akrobaten, was wir eher aus dem Zirkus kennen und heute nicht mehr auf dem Jahrmarkt vertreten ist.

Es gibt Frauen und Männer, die sich in Taschenspielertricks üben, etwas vorgaukeln, Illusionen schaffen, Geschichten erzählen, in der Hand lesen, die Zukunft voraussagen, jonglieren und musizieren. „Kraft- und Schießbuden oder begehbare Buden mit Hindernislauf locken“, so Historiker und Geschichtslehrer Steve Kayser. Zu den Kuriositäten zählen auch Schwert- und Mäuseschlucker, Messerwerfer und Verwandlungskünstler.

Reiz des Unbekannten

Eine Sensation im Rahmen der „Schueberfouer“ war im September 1906 die „Buffalo Bill’s Wild West“-Show. Muskelmänner seien auch beliebt gewesen. John Grün, zum Beispiel, der als „Herkul Grün“ große Bekanntheit erlangte, oder sein Nachfolger Georges Christen, der 1991 mit seinen Zähnen das Riesenrad zog.  

Die „Fouer“ sei schon immer ein Spiegelbild der Gesellschaft, so der „Fouer“-Experte Kayser. Was die Menschen nicht kannten oder von dem sie nur vom Hörensagen wussten, das reizte sie besonders. Die Neugierde trieb sie. Frauen oder Männer mit anderer Hautfarbe, speziellen Kostümen oder Körperbemalung zum Beispiel. Der Wunsch nach Exotik habe sich mit zunehmender Reiselust der Menschen aber nach und nach verloren. Auch Abnormitäten zogen damals Schaulustige an. Die Frau mit den zwei Köpfen. Dicke Menschen, dünne Menschen, Riesen oder kleinwüchsige Personen zum Beispiel. Die „Liliputanershow“ sei lange ein Renner gewesen, so Kayser. 

Beim Spiel mit der Illusion hatten der Cinématographe und Filme von Georges Méliès einst eine wichtige Rolle. Das „Musée anatomique“ (ein wenig wie Gunther von Hagens Körperwelten) habe den Menschen etwas nahe gebracht, was sie noch nie gesehen hatten. „Das war natürlich ein wenig Freakshow, aber auch Aufklärung. Man spielte mit dem wissenschaftlichen Stempel, berief sich auf jenen anscheinend bedeutenden Arzt oder Soziologen, um Menschen zu überzeugen. Wissenschaft wollte spielerisch, aufklärerisch sein.“

Nur fast hüllenlos

In etwas prüderen Zeiten habe man Menschen auch mit zweideutigen Ankündigungen in eine Show locken können. Wo Striptease, also ein hüllenloses Erlebnis, versprochen wurde, sei letztendlich aber nicht Wort gehalten worden, so Steve Kayser. Selbstverständlich habe aber nach dem Besuch des Spektakels niemand künftige Besucher gewarnt. Alleine das dürfte ein gewisser Spaß gewesen sein.

Zu den Kuriositäten der „Fouer“ gehören auch besondere Fahrgeschäfte. Die Ankunft der ersten Holz-Achterbahn, 1910, sei eine echte Sensation gewesen, genau wie die ersten Autoscooter, die nach dem Ersten Weltkrieg aus den USA kamen, erzählt Steve Kayser. Für Begeisterung habe vor Jahren in Luxemburg auch „Rund um den Tegernsee“ gesorgt, ein Klassiker vom Oktoberfest in München. Auch die größte Indoorachterbahn sei mal zu Gast auf dem Glacis gewesen, sagt der „Fouer“-Experte.

Zur „Fouer“ gehören selbstverständlich auch Essen und Trinken. Was gab es früher, was ist heute beliebt und was sind die Klassiker? Darüber mehr in einer nächsten Ausgabe.