Recyclingcenter SchifflingenArbeiten am Mentalitätswandel

Recyclingcenter Schifflingen / Arbeiten am Mentalitätswandel
Wer möchte die Eisenbahn? Foto: Editpress/Alain Rischard

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Recyclingcenter war gestern; heute geht der Trend in Richtung Ressourcenzentrum, wo das Hauptaugenmerk auf der Vermittlung von wiederverwendbaren Materialien und Gegenständen liegt. Nachfolgend das Beispiel des Recyclinghofs Sivec in Schifflingen, wo jährlich 6.600 Tonnen Material abgeliefert werden.

Vor der Einfahrt warten ein paar Fahrzeuge auf Einlass. „Seit wir online buchbare Termine eingeführt haben, gibt es keine Stoßzeiten mehr. Die Quantität der Nutzer, die zu uns kommen, ist nun gleichmäßig über die Woche verteilt“, erklärt der Verantwortliche des Recyclingzentrums in Schifflingen, Patrick Falkenstein. Die Zeiten, als man Gefahr lief, lange vor der Einfahrt warten zu müssen, sind vorbei. „Die Leute können sicher sein, dass sie zu der gebuchten Zeit hereingelassen werden.“ Ab und zu komme es trotzdem noch vor, dass Besucher die Nerven verlören. Sogar die Polizei musste schon mal gerufen werden, was aber glücklicherweise selten vorkomme. „Die Leute sind sich oft nicht bewusst, dass wir hier Hausrecht haben, und sie sich an die Hausregeln halten müssen.“

Patrick Falkenstein
Patrick Falkenstein Foto: Editpress/Alain Rischard

Das Gemeindesyndikat Sivec („Syndicat intercommunal à vocation écologique“/bestehend aus den Gemeinden Esch/Alzette, Monnerich Reckingen/Mess, Sassenheim und Schifflingen) wurde 1991 ins Leben gerufen, die Geschichte des Recyclingcenters in Schifflingen ist aber schon etwas älter. Marcel Kugler arbeitet seit Beginn dort. Er erinnert sich sogar noch genau an den Tag vor der Eröffnung am 11. November 1989. „Wir hatten noch gar nicht geöffnet, da hatten wir schon ein Problem mit jemandem, der seine Sachen abliefern wollte.“

War er damals noch der einzige Mitarbeiter, sind es heute 19. „Man hatte sich damals völlig verschätzt: Man dachte, es kommen drei bis vier Besucher am Tag – es waren jedoch zehnmal so viele.“ Dementsprechend sei der Arbeitsumfang gewesen.

„Die Leute, die zu uns kommen, sind sich nicht immer bewusst, welche Arbeit noch vor einer weiteren Wiederverwertbarkeit steckt“, sagt Patrick Falkenstein. Farbstifte, Fahrräder, Gesellschaftsspiele, Fußbälle, Stühle und noch vieles andere: Außer großen Maschinen und Autos findet man fast alles im Recyclingcenter. Sogar scharfe Granaten wurden schon dort „entsorgt“. „Dann rufen wir natürlich ein spezialisiertes Sprengkommando.“

6.600 Tonnen an Material werden jedes Jahr in Schifflingen abgeliefert. Vieles ist noch in gutem Zustand und durchaus noch nutzbar. Schon vor Jahren habe man eingesehen, dass sich der Recyclinghof in Richtung Wiederverwertbarkeit, sprich Ressourcencenter, entwickeln müsste, hatte uns Patrick Falkenstein bereits anlässlich des Projekts „Mol nach emol“, an dem das Sivec beteiligt ist, erzählt. (siehe Tageblatt vom 12. Juni).

Weitervermittlung

Die Vermittlung von wiederverwendbaren Gegenständen steht heute im Mittelpunkt der Arbeit. Jedes Jahr werden über 100 Tonnen Material wiederverwertet. In Schifflingen ist man auch längst auf den Weg gegangen, dass man gezielt Sachen für Kunden sammelt. „Allerdings nicht für Privatpersonen“, präzisiert Falkenstein; man wolle keine privaten Geschäfte fördern. „Vor allem arbeiten wir mit Schulen, ‚Maisons relais‘ und Vereinigungen zusammen, die auf der Suche nach bestimmten Materialien sind.“ In einem Container zeigt uns Falkenstein Tüten mit Schulschachteln, die zum Abholen bereitstehen.

Wenn nicht mehr fahrbar, werden die Drahtesel als Ersatzteilreserve genutzt
Wenn nicht mehr fahrbar, werden die Drahtesel als Ersatzteilreserve genutzt Foto: Editpress/Alain Rischard

In einem Secondhand-Shop warten Bücher, Küchengeräte und DVDs auf neue Besitzer. Das Wiederverwertbarkeitspotenzial von DVDs wie auch von Video- und Audiokassetten ist allerdings gering. Sie werden über eine spezialisierte Firma zerstört.

Wer was ins Sivec bringt, wird durch ein Scannersystem erfasst. Bewohner der Sivec-Gemeinde erhalten – wie auch andernorts üblich – eine Zugangskarte. Zusätzlich müssen sie angeben, welche Art von Abfall sie abliefern. In der Anfangszeit sei das Recyclingcenter von manchen Firmen als Bauschuttdeponie missbraucht worden. Heute passe man schon auf, wie oft die Leute kämen und was sie liefern. Wenn jemand mehrmals mit nicht erlaubten Recyclingsachen kommt, wird er darauf aufmerksam – eventuell könne sogar seine Zugangskarte gesperrt werden.

Gegenstände, die noch brauchbar sind, werden von Falkenstein entweder auf Facebook gepostet oder in einer Whatsapp-Gruppe angezeigt (die Gruppe steht allerdings nur registrierten Benutzern des Centers offen). Es sei das oberste Ziel des Sivec, einen Mentalitätswandel herbeizuführen. Die Wiederverwendung von Alltagsgegenständen müsse in die Gewohnheiten der Bürger übergehen. Deshalb müsse „die Wiederverwendung der abgegebenen Materialien systematisch, standardisiert und intelligent organisiert werden“, heißt es auf der Website des Centers.

Die Granate war nicht wiederverwertbar
Die Granate war nicht wiederverwertbar Foto: Editpress/Alain Rischard

Der nächste Schritt in Richtung systematische Organisation ist eine neue Plattform, die voraussichtlich Ende des Jahres fertig sein wird. Mit dieser könne auch die Weitervermittlung von Gegenständen besser kontrolliert werden.

„Poste ich z.B. Sachen auf Facebook, dann kann es sein, dass sie alle gleich von einer Person reserviert werden“, erzählt Falkenstein. Mit der Plattform könnten die Abgaben besser überwacht und Statistiken einfacher erstellt werden. Der Wunsch sei, dass mehrere Ressourcenzentren die Plattform nutzen, ideal wäre, wenn das ganze Land dabei mitmache.