Politisch punkten mit Russland-Nähe Auch in Deutschland, Bulgarien und Italien gibt es wieder Annäherungsversuche zu Moskau

Politisch punkten mit Russland-Nähe  / Auch in Deutschland, Bulgarien und Italien gibt es wieder Annäherungsversuche zu Moskau
Matteo Salvini bei seinem Besuch auf Lampedusa: Der Lega-Chef hat langjährige Verbindungen nach Russland Foto: AFP/Filippo Monteforte

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Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine dauert sechs Monate und die EU-Staaten bekommen die Kehrseite der Sanktionen gegen Russland zu spüren – alles wird teurer. Beispiele aus Deutschland, Bulgarien und Italien zeigen die politischen Verwicklungen. Vor allem Rechte versuchen, zu profitieren.

In Deutschland will die rechte AfD vom kommenden Monat an ihren Protest gegen die Bundesregierung auf die Straßen tragen. Am 8. September wolle sie eine Kampagne unter dem Motto „Unser Land zuerst“ starten, zu der regelmäßige Straßendemonstrationen gehören sollen, kündigte Parteichef Tino Chrupalla am Dienstag in Berlin an. Kernforderungen der Kampagne seien ein Ende der Sanktionen gegen Russland und der Kampf gegen die Teuerung.

Es werde einen „heißen Herbst“ geben, sagte der AfD-Vorsitzende. „Den hat die Bundesregierung selbst entzündet.“ Seine Partei werde bei den Kundgebungen auch den Schulterschluss mit Bürgerinitiativen außerhalb der AfD suchen, sagte Chrupalla weiter. Bis zum Winter rechne er mit Zehntausenden Teilnehmern: „Die Mobilisierung hat gerade erst begonnen.“ Als Alleinstellungsmerkmal seiner Partei hob Chrupalla die russlandfreundliche Haltung der AfD hervor.

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki hatte bereits vergangenen Freitag gefordert, Nordstream 2 in Betrieb zu nehmen – so, wie es Russland fordert. „Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen“, verlangte er. Kubicki argumentierte, es sei „nicht unmoralischer“, russisches Gas auf diesem Weg zu beziehen als wie bisher durch die Pipeline Nordstream 1. Für sein Vorpreschen wurde Kubicki auch aus der eigenen Partei scharf kritisiert.

In Bulgarien hält der Interims-Energieminister es für notwendig, dass das EU-Land mit Gazprom über die Wiederaufnahme der im April unterbrochenen Gaslieferungen spricht. Rossen Hristow sagte am Montag zwar nicht, wann Verhandlungen mit dem russischen Energiekonzern beginnen würden. Aber Gespräche seien nötig, um Bulgarien billigeres Gas zu sichern. „Angesichts der Forderungen der Wirtschaft und der Gewerkschaften sind Gespräche mit Gazprom über die Erneuerung der Gaslieferungen unvermeidlich“, sagte Hristow zu Journalisten.

Bulgarien hatte mehr als 90 Prozent seines Gasbedarfs mit russischen Lieferungen abgedeckt, bis Gazprom im April die Lieferungen an das EU-Land einstellte. Denn die frühere Regierung in Sofia hatte sich im Zuge der Sanktionen wegen des russischen Einmarschs in die Ukraine geweigert, in Rubel zu zahlen. Der langfristige Vertrag mit Gazprom läuft Ende 2022 aus. Derzeit erhält Bulgarien, das jährlich etwa drei Milliarden Kubikmeter Gas benötigt, ein Drittel davon aus Aserbaidschan und kauft den Rest auf dem Weltmarkt.

Hristow beschuldigte die frühere Regierung des reformorientierten Ministerpräsidenten Kiril Petkow, die Beziehungen zu Moskau wegen des russischen Einmarsches in die Ukraine beschädigt zu haben. Petkows Regierung war im Juni nach nur sechs Monaten im Amt zerbrochen.

Wenn in Italien wie vorausgesagt eine rechtsgerichtete Wahlallianz die Parlamentswahl am 25. September gewinnt, könnte sich die italienische Russland-Politik ändern. Während die ultrarechten Fratelli d’Italia von Giorgia Meloni auf der Seite der Ukraine stehen, haben sowohl die Lega des Rechtspopulisten Matteo Salvini als auch die Forza Italia des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi langjährige Verbindungen nach Russland und zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Lega hatte 2017 einen Kooperationspakt mit Putins Partei Geeintes Russland geschlossen.

Die nächsten fünf bis zehn Winter werden schwierig werden

Belgiens Premier De Croo

Salvini, der in der Vergangenheit gerne in T-Shirts mit Putin-Porträt posiert hatte, betonte am Freitag, er sei „schon seit Jahren nicht mehr in Russland gewesen“. Moskau habe „nicht den geringsten Einfluss auf die Wahl in Italien“. Zuvor hatten Äußerungen des russischen Ex-Präsidenten Dmitri Medwedew, wonach die Wähler in Europa ihre „dummen“ Regierungen „bestrafen“ sollten, in Italien eine Debatte um mögliche Wahlbeeinflussung durch Moskau ausgelöst. „Russische Einmischung“ titelte die Tageszeitung La Repubblica.

Auch der Präsident des Parlamentsausschusses für die Geheimdienste (Copasir) hat vor wenigen Tagen vor einer Einmischung Russlands in die Wahl gewarnt. „Sicherlich ist das real“, sagte der Rechtspolitiker Adolfo Urso von den postfaschistischen Fratelli d’Italia am vergangenen Samstag in einem Interview der Zeitung Corriere della Sera. Diese Gefahr bestehe aber schon seit mindestens zehn Jahren.

Worauf sich Europa möglicherweise einstellen muss, deutete der belgische Premierminister Alexander De Croo einem Bericht des Senders VRT zufolge am Montag bei einer Veranstaltung an. Demnach könnte Europa könnte eine Reihe harter Winter bei der Energieversorgung bevorstehen. „Die nächsten fünf bis zehn Winter werden schwierig werden“, sagte De Croo.

Hein
25. August 2022 - 10.33

Das Ganze heisst VEREINTES EUROPA. Anscheinend ist einem die Haut doch näher als das Hemd.