Haarige SacheBart ab für den guten Zweck: Beards for Charity starten Crowdfunding

Haarige Sache / Bart ab für den guten Zweck: Beards for Charity starten Crowdfunding
Bärte lassen sich gut für gemeinnützige Zwecke abrasieren Foto: Yevhen

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Weltweit lassen sich immer mehr Männer einen Bart wachsen, um ihn für einen guten Zweck wieder abzurasieren. Alle verfolgten sie die gleiche Absicht, meinen die Initiatoren von „Beards for Charity“. Sie wollen nun eine Plattform ins Leben rufen. Um diese Kräfte zu bündeln und den Bartträgern dabei zu helfen, die gemeinnützigen Ziele möglichst wirkungsvoll umzusetzen.

Ob Hipster-Bart, Schnurri, Drei-Tage-Bart oder Rauschebart: Mann trägt 2022 immer noch gerne Gesichtsbehaarung. Bärte liegen voll im Trend, ihr Siegeszug scheint ungebrochen. Für die einen ist es ein Ausdruck von Männlichkeit, für andere ein Zeichen der Bequemlichkeit. Gespalten sind vor allem Wissenschaftler und die Frauenwelt. Nicht sexy, ungepflegt und unhygienisch, lauten nur eine Auswahl der Vorwürfe, mit denen Bartträger oft konfrontiert werden.

Studien zufolge befinden sich in Bärten mehr Bakterien als im Hundefell. Und aus evolutionsbiologischer Sicht macht Gesichtsbehaarung vor allem als Zeichen von Aggressivität, Dominanz und Selbstsicherheit Sinn. Bereits Charles Darwin ging seinerzeit davon aus, dass der menschliche Bart bei den affenähnlichen Vorfahren bereits ein Ornament gewesen sei, mit dem die Männchen versuchten, die Weibchen zu bezaubern. So schreibt es der Evolutionsbiologe zumindest in seiner „Abstammung des Menschen“ von 1871.

Aus welchem Anlass auch immer sich Männer für Gesichtsbehaarung entscheiden: Bärtige Gesellen investieren in der Regel viel Zeit, Energie und Sorgfalt in Wuchs und Pflege ihrer Gesichtsbehaarung. Für viele von ihnen ist der Bartwuchs mit ganz persönlichen Gründen verbunden. Im „Movember“ beispielsweise – ein Kofferwort aus „Moustache und „November“ – lassen sich Männer jedes Jahr Schnurrbärte wachsen, um Geld zugunsten der Erforschung und Bekämpfung etlicher Krankheiten zu sammeln, wie etwa Prostatakrebs, Hodenkrebs oder auch Depressionen.

Kräfte bündeln

Eine ähnliche Entstehungsgeschichte steckt auch hinter der eindrucksvollen Gesichtsbehaarung von Philip Grother. Zu Beginn der Pandemie hat sich der in Luxemburg ansässige Unternehmensberater dazu entschieden, den Bart wachsen zu lassen. Mit der Zeit sei in Gesprächen mit Freunden und Kollegen eine Art „running joke“ entstanden: Er wolle doch sicher Geld für einen guten Zweck mit dem imposanten Rauschebart sammeln.

Aus Spaß sollte jedoch schnell Ernst werden: „Im Oktober 2021 ist mein Vater an Komplikationen im Zusammenhang mit einer idiopathischen Lungenfibrose gestorben, kurz IPF“, erklärt Grother im Gespräch mit dem Tageblatt. Da es sich um eine schwerwiegende chronische Erkrankung mit oft tödlichem Ausgang handelt, habe man sich etwas darauf einstellen können. „Bei diesen Gesprächen kam dann die Idee auf, meinen relativ langen Bart für einen guten Zweck abzurasieren. Die so gesammelten Spenden wollte ich der IPF-Forschung zukommen lassen.“

Bei den anschließenden Recherchen sei ihm schnell etwas aufgefallen: „Das Netz ist voll mit vergleichbaren Aktionen. Wenn man bei YouTube etwa ,Shave off beard for charity‘ eingibt, stößt man auf hunderte Videos mit Millionen Zuschauern. Alle verfolgen sie das gleiche Ziel. Nur ist dabei jeder auf sich alleine gestellt“, so der Unternehmensberater.

Mit „Beards for Charity“ will Grother genau dort ansetzen: All diese Kräfte bündeln und Bartträgern im Netz eine Plattform zur Verfügung stellen, die besagte Anstrengungen unterstützt, fördert und vereinfacht. „Ein vergleichbares Angebot gibt es derzeit nirgendwo im Netz“, betont der Mann mit dem rötlich-braunen Rauschebart. Deshalb habe er mit seiner Partnerin, der Marketing-Expertin Maria Lucia Romero, ein gesamtes Konzept ausgearbeitet, das am 1. September mit einem Crowdfunding auf Ulele angelaufen sei.

Bart-Geschichten

Mit dem Gruppenfinanzierungsprojekt verfolge man gleich mehrere Ziele, wie Romero und Grother dem Tageblatt verraten. Zum einen verfüge man nicht über die Geldsumme, die ihrer Meinung nach nötig sei, um das gesamte Projekt auf die Beine zu stellen. „Von uns stammt die Idee, das ganze Rahmenwerk. Wir verfügen über die nötigen Marketing-Kenntnisse und Fähigkeiten, das Projekt zu betreuen. Uns fehlen aber die informatischen Kenntnisse, eine solche Plattform zu programmieren und online zu stellen“, meint Grother.

Zum anderen sei es wichtig, potenzielle Partner von Anfang an mit einzubeziehen. „Als Unternehmer und Marketing-Experten wollen wir den Menschen die Möglichkeit geben, sich zu beteiligen. Schließlich handelt es sich hierbei um eine Plattform mit einer gesellschaftlichen Wirkung“, betont Maria Lucia Romero. Auch hätten sich bereits etliche Frauen zu Wort gemeldet, die sich ebenfalls mit einbringen möchten. „Wir wollen so inklusive wie nur möglich vorgehen“, ergänzt Grother.

Das Konzept von „Beards for Charity“ ist einfach: Bartträger, die Gelder für einen guten Zweck sammeln möchten, können sich auf der Plattform ein Profil anlegen und werden dort mit den nötigen Instrumenten ausgestattet, um ihr Anliegen unter die Leute bringen zu können. Nutzer können Fotos und Videos hochladen, ihre Geschichte erzählen und die gemeinnützige Vereinigung vorstellen, die sie zu unterstützen gedenken.

„Als Plattform wollen wir den Menschen die nötigen Instrumente zur Verfügung stellen, damit sie ihre Ziele umsetzen können. Wir wollen den Nutzern dabei helfen, die bestmögliche Story zu erzählen“, erklärt Grother. Männer, die gerade erst mit dem Bartwuchs anfangen, könnten den gesamten Prozess etwa mit Hilfe von Bildern und Videos dokumentieren und ihre Unterstützer mit regelmäßigen Updates versorgen. Deshalb wolle man die Bartträger auch dazu anregen, bei der Stange zu bleiben. Mit regelmäßigen Erinnerungen, Storyteller-Tipps oder Meilensteinen, die es zu erfüllen gilt.

Die Schöne und der Bart: Maria Lucia Romero und Philip Grother hoffen auf den Erfolg ihres Konzepts
Die Schöne und der Bart: Maria Lucia Romero und Philip Grother hoffen auf den Erfolg ihres Konzepts Foto: Beards for Charity

Angebot und Nachfrage

Dass auf Seiten der Bartträger eine Nachfrage für eine solche Plattform besteht, davon sind Grother und Romero überzeugt. Gleichzeitig zweifeln sie nicht daran, dass es auch genügend potenzielle Spender gibt, die die Projekte auf „Beards for Charity“ verfolgen wollen. Menschen etwa, die persönliche Erfahrungen mit Krankheiten machen mussten, deren Erforschung Bartträger zu unterstützen gedenken. Oder Unternehmen, die sich einem guten Zweck widmen möchten.

Manche Menschen seien denn auch sehr engagiert. Ganz nach dem Motto: Je länger der Bart, umso größer die Begeisterung. „Wir wollen unsererseits den Bartträgern dabei helfen, eine große Wirkung zu erzielen und so viele Menschen wie nur möglich anzusprechen“, erklärt Grother. „So kann eine Geschichte Personen am anderen Ende der Welt bewegen. Genau dafür wollen wir diese Plattform aufbauen.“

Das Crowdfunding wurde am 1. September auf Ulele.com unter „Beards for Charity“ freigeschaltet. In einem sympathischen Video gehen die Initiatoren auf die Details ihres Projektes ein. Durchaus mit Erfolg: Allein am ersten Tag konnten bereits knapp 15 Prozent der ausgerufenen Summe gesammelt werden.

Sollte die Plattform tatsächlich ans Netz gehen, ist Grothers Gesichtsbehaarung vorerst Geschichte: „It’s the beard which started it all“, lacht der Unternehmensberater laut auf. Er sei etwas hin- und hergerissen: „Einerseits wünsche ich mir natürlich einen Riesenerfolg. Andererseits aber muss ich mir diesen schönen Bart abrasieren.“ Ein Opfer, das sicher nicht nur Bartträger zu schätzen wissen.

Bevor es dem Bart an den Kragen geht, können Unterstützer via „Beards for Charity“ die ganze Entstehungsgeschichte verfolgen
Bevor es dem Bart an den Kragen geht, können Unterstützer via „Beards for Charity“ die ganze Entstehungsgeschichte verfolgen Foto: Yevhen