Safer Internet DayBee-Secure-Bericht: „Sexuelle Erpressung“ im Internet nimmt zu

Safer Internet Day / Bee-Secure-Bericht: „Sexuelle Erpressung“ im Internet nimmt zu
Was zu viel ist: Internetnutzung, ob am Smartphone, PC oder am Tablet, ist bei Kindern und Jugendlichen zu viel Foto: Freepik

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Der Bericht „Bee Secure Radar“ gibt Aufschlüsse über aktuelle Trends bei der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie durch junge Menschen in Luxemburg. Nun ist die dritte Ausgabe erschienen und wurde anlässlich des weltweiten „Safer Internet Day“, der unter dem Motto „Gemeinsam für ein besseres Internet“ steht, von der Plattform Bee Secure und vom „Service national de la jeunesse“ (SNJ) vorgestellt.

War vor gut 40 Jahren der Kontakt eines zehnjährigen Jungen mit einem schrumpeligen Außerirdischen noch der Stoff eines der erfolgreichsten Filme überhaupt, ist der Kontakt für Kinder gleichen Alters mit der digitalen Welt heute selbstverständlich. Mehr als vier Jahrzehnte nach „E.T.“ haben 81 Prozent ihren ersten Kontakt mit dem Internet, bevor sie zehn Jahre alt sind. Dies haben die Untersuchungen ergeben, die von Bee Secure durchgeführt wurden. Mit der Studie erhebe man jedoch „keinen universellen Anspruch“, betonte SNJ-Direktor. Die Ergebnisse seien nicht repräsentativ, hieß es zudem bei der Vorstellung in der „Chambre des salariés“ (CSL). Sie zeigen vor allem aber wichtige, teils nachdenklich stimmende Trends.

Die Resultate stammen aus verschiedenen Umfragen im Schuljahr 2022/2023, unter anderem eine des SNJ unter 286 Kindern und Jugendlichen im Alter von zwölf bis 30 Jahren sowie eine des Meinungsforschungsinstituts Ilres unter 500 Eltern mit Kindern im Alter von drei bis 16 Jahren und eine unter 123 Personen aus dem Bildungsbereich zu verschiedenen Fragen im Zusammenhang mit der sicheren und verantwortungsvollen Nutzung von digitalen Medien. Neben den Eltern und dem Bildungs- und Erziehungspersonal wurden auch Kinder und Jugendliche, die an einer Sensibilisierungskampagne von Bee Secure teilnahmen, anonym befragt, ebenso Kinder, die bei einer sogenannten DigiRallye mitmachten. Komplettiert werden die Daten von einer Analyse des „Zenter fir exzessiivt Verhalen a Verhalenssucht“ (ZEV).

Zweijährige mit Smartphone

Der erste Kontakt überhaupt mit der digitalen Welt beginnt für 35 Prozent der Kinder bereits vor dem Alter von vier Jahren. Nach Auskunft der Eltern beschränken sich die ersten Aktivitäten ihres Nachwuchses auf das Betrachten von Fotos (38 Prozent) sowie von Videos und Filmen (27 Prozent). Die Ergebnisse unterstrichen die Bedeutung einer „sensibilisation précoce“, so die Experten von Bee Secure. Nach der sogenannten miniKIM-Studie in Deutschland – die vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest in Kooperation mit dem Südwestrundfunk durchgeführt wird – aus dem Jahr 2021 hatten vier Prozent der Kinder zwischen zwei und fünf Jahren bereits ihr eigenes Smartphone und hatte fast jedes zehnte Kind bereits mit einem Jahr die erste Erfahrung mit einem Smartphone, 37 Prozent mit zwei Jahren, 26 Prozent mit drei, 14 Prozent mit vier, acht Prozent mit fünf Jahren. Das heißt nichts anderes, als dass 70 Prozent der Kinder ihren ersten Kontakt mit einem Smartphone mit spätestens drei Jahren hatten. 86 Prozent der Kinder erhalten ihr erstes Smartphone mit spätestens zwölf Jahren – und so gut wie jedes Kind von zwölf bis 16 Jahren besitzt eines. Fast ein Viertel der Kinder von drei bis elf Jahren hat bereits eine eigene Mailadresse (Durchschnitt: zehneinhalb Jahre).

Keine große Neuigkeit, aber zumindest interessant, was die Reihenfolge angeht, sind einige Trends, über die der „Bee Secure Radar“ Aufschluss gab: Laut einer anonym gehaltenen Umfrage unter insgesamt 13.325 Schülern im Alter von acht bis 18 Jahren sind Snapchat, WhatsApp und Instagram die beliebtesten Apps zum Teilen von Fotos und Videos in der genannten Altersgruppe. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich das Ranking kaum verändert. Es ist in zwei Bereiche eingeteilt. In der Grundschule führt WhatsApp mit 52 Prozent vor Snapchat mit 45 und TikTok mit 28 Prozent. In der Sekundarschule liegt Snapchat mit 77 Prozent vorn, gefolgt von WhatsApp (65 Prozent) und Instagram (55 Prozent).

Wer geglaubt hat, dass Kinder und Jugendliche nur noch am Bildschirm hängen, saß einem Irrtum auf: Nach ihren bevorzugten Freizeitaktivitäten befragt, gaben 46 Prozent der Zwölf- bis 16-Jährigen Sport an, mit großem Abstand vor Treffen mit Freunden und Familie (elf Prozent). Video- und Computerspiele folgten mit neun Prozent. Nach der Studie „JIM 2023“ aus Deutschland, deren Resultate laut Bee Secure auf Luxemburg übertragen werden können, betrug die durchschnittlich verbrachte Zeit online von Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren pro Tag 224 Minuten, 20 Minuten mehr als in der Vorjahresstudie. Experten warnen, dass dabei der Bezug zu Realität verloren gehen könnte. Wie die Studie bestätigte, sind vor allem Netflix und YouTube bei Jugendlichen besonders beliebt: 63 Prozent nutzen regelmäßig YouTube, 50 Prozent Netflix. Interessant ist, dass die Eltern die Kinder oft sogar falsch einschätzen respektive unterschätzen.

„Bedrohliche Ausmaße“ erreicht

Eltern, Lehrer und junge Erwachsene zwischen 17 und 30 Jahren haben hingegen Bedenken vor allem in Bezug auf die Bildschirmzeit, Desinformation, Datenschutz, Influencer sowie Cybermobbing, Cyberkriminalität und altersunangemessene Inhalte geäußert. Den Zwölf- bis 16-Jährigen bereiten derweil Cybermobbing und sexuelle Inhalte die größten Sorgen. Dieses Jahr gehört zum ersten Mal die Bildschirmzeit zu den Top five der Risikothemen in dieser Altersgruppe.

Auf die Frage, wie sie ihre eigene Smartphone-Nutzung einschätzen, geben etwa die Hälfte der Eltern an, dass sie das Smartphone zu oft benutzen. Bei den Jugendlichen von zwölf bis 16 Jahren sind immerhin fast genauso viele der Meinung, sie übertrieben mit der Nutzung ihres Smartphones. Etwa ein Fünftel derselben Alterskategorie geben an, bereits Opfer von Cybermobbing geworden zu sein: 30 Prozent der betroffenen Zwölf- bis 16-Jährigen waren zwischen Juni 2022 und Juni 2023 Opfer von Cybermobbing, sechs Prozent aller Befragten. Auch glauben sie, dass fast ein Drittel (31 Prozent) ihrer Altersgenossen zumindest „manchmal“ unfreiwillig mit pornografischen Inhalten in Berührung kommen. Fast ein Drittel (32 Prozent) der Zwölf- bis 16-Jährigen berichten, dass Gleichaltrige zumindest „manchmal“ intime Fotos oder Videos von sich an andere Personen schicken. Jedes dritte Mädchen und jeder vierte Junge wurde 2023 im Netz schon sexuell belästigt.

Von den Anrufen im Bereich Kinder und Jugendliche war die sogenannte Sextortion (sexuelle Erpressung, eine Betrugsmasche im Internet, bei welcher der/die Nutzer*in aufgefordert wird, nackt zu posieren oder sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen) das am häufigsten angesprochene Thema auf der Bee-Secure-Helpline, sowohl von den Jugendlichen selbst (41 Prozent) als auch von den Erwachsenen (22 Prozent). Das Phänomen nehme weltweit zu und erreiche bedrohliche Ausmaße. Unter den Anrufen, die die Bee-Secure-Helpline erhielt, war Cyberkriminalität das zweithäufigste Thema, das von den Jugendlichen genannt wurde. Dazu gehören auch Betrug, Hacking und Phishing. Und die „Bee Secure Stopline“ ermöglicht es Bürgern, illegal verbreitete Internetinhalte zu melden, etwa Material, das auf den sexuellen Missbrauch von Kindern sowie auf Rassismus und Terrorismus hinweist.

„Gemeinsam ein besseres Internet“

Die Ergebnisse zeigten, so die Experten von Bee Secure, dass es Verbesserungspotenzial bei der Durchsetzung von Maßnahmen zum Schutz von Geräten und persönlichen Daten vor diesen Arten von Bedrohungen gibt. Im Rahmen der Kampagne „Keep your space safe“ bietet die Plattform allen Interessierten praktische Tipps an (bee-secure.lu/kyss). Die Erhebungen und Analysen sollen in Zukunft weiter ausgebaut und verfeinert werden, hieß es. Nach dem Motto des Safer Internet Day, „Gemeinsam für ein besseres Internet“, soll der Bericht alle Akteure informieren, die sich für eine sichere Internetnutzung durch Kinder und Jugendliche einsetzen.