Ukraine-KriegBisher keine Friedensansätze absehbar – Gebietsabtretung für Selenskyj „sehr, sehr schwierige Frage“

Ukraine-Krieg / Bisher keine Friedensansätze absehbar – Gebietsabtretung für Selenskyj „sehr, sehr schwierige Frage“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj während eines Besuchs bei ukrainischen Kriegsversehrten in einem Rehabilitationszentrum  Foto: AFP/Genya Savilov

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Nach fast zweieinhalb Jahren Krieg in der Ukraine wird zunehmend die Frage aufgeworfen, wie der Konflikt beendet werden kann. Eine Antwort darauf ist selbst in Ansätzen noch nicht absehbar. Gebietsverluste will die Ukraine keine hinnehmen.

Vor allem Rechtspopulisten und andere dieser Art drängen in europäischen Staaten immer wieder dazu, vor allem die militärische Unterstützung der Ukraine zurückzufahren, um das Land somit zu einer Friedensvereinbarung mit Russland zu bewegen. Dass sie damit das Spiel des russischen Machthabers Wladimir Putin unterstützen, liegt auf der Hand. Deshalb geht keine sich ernst nehmende Regierung unter den Verbündeten der Ukraine auf solche Vorschläge ein. Dennoch werden sich Gedanken darüber gemacht, wie der Krieg beigelegt werden kann, ohne dass der Ukraine dadurch Nachteile entstehen. Es ist ein schwieriges Unterfangen, für das sich derzeit noch keine Lösung abzeichnet. Zumal nicht, da Russland nach wie vor mit unablässiger Brutalität und ohne Rücksicht auch eigener Verluste nicht nur an der unmittelbaren Front, sondern auch weit abseits davon, seinen Krieg fortsetzt.

Derzeit stehen sich die beiden Kriegsparteien mit für die jeweils andere Seite unannehmbaren Forderungen für Friedensverhandlungen gegenüber. Moskau fordert, dass die Ukraine nicht nur die „aktuellen Realitäten“ anerkennt, sondern verlangt zudem, dass sich die Ukraine vollständig aus den vier ukrainischen Gebieten Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja zurückzieht. Die russische Führung hat diese vier Regionen als von Russland annektiert erklärt, hat aber keines der Gebiete bisher vollständig besetzt. Die russische Forderung kommt einer Kapitulation Kiews gleich, die so nicht erfüllt werden kann. Die Ukraine wiederum fordert, dass sich die russischen Truppen von ihrem gesamten Territorium, einschließlich der vor dem 24. Februar 2022 besetzten Gebieten – also auch der Krim – zurückzieht, bevor es zu Friedensverhandlungen kommen kann. Laut Angaben der Deutschen Presse Agentur (dpa) am 29. Juli, hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem Interview mit dem japanischen Fernsehsender NHK sogar betont, dass er selbst einer Forderung nach einem Waffenstillstand nicht nachkommen könne, solange russische Truppen ukrainisches Territorium besetzt halten würden.

In einem Interview mit der französischen Zeitung Le Monde vor einigen Tagen, meinte der neue finnische Präsident Alexander Stubb nun: „Sie können diesen Rückzug jedoch nicht als Vorbedingung betrachten.“ Auch wenn Russland zu einem gegebenen Zeitpunkt seine Truppen abziehen müsse, wie der Finne dennoch betonte.

Große Zweifel an Vermittlerrolle Chinas

Der ukrainische Präsident geht die Frage der Gebietsverluste zugunsten Russlands mit sehr großer Vorsicht an, wie aus einem ebenfalls in Le Monde am Mittwoch veröffentlichten Interview hervorgeht. „Ich sage Ihnen ganz offen, dass dies nicht die beste Option ist, denn wir haben es mit Putin zu tun, und für ihn wäre es natürlich ein Sieg, wenn er einen Teil unserer Gebiete erhält“, sagte Wolodymyr Selenskyj. Das ist auch die Haltung der zu den westlichen Verbündeten der Ukraine zählenden Staaten. Sie wollen nicht hinnehmen, dass es in Europa zu Grenzverschiebungen kommt, die durch einen Krieg herbeigeführt wurden. Das würde die bisherige Sicherheitsordnung in Europa grundlegend infrage stellen.

Wolodymyr Selenskyj betont weiter: „Sie müssen verstehen, dass jede Frage, die die territoriale Integrität der Ukraine betrifft, nicht von einem Präsidenten, einer einzigen Person oder von allen Präsidenten der Welt ohne das ukrainische Volk gelöst werden kann.“ Die Staatsmacht habe kein Recht, auf Territorium zu verzichten. „Dazu muss das ukrainische Volk dies wollen“, so der ukrainische Präsident weiter. Gebiete aufzugeben sei „eine sehr, sehr schwierige Frage“.

Mitte Juni wurde im Schweizerischen Bürgenstock ein erster Friedensgipfel für die Ukraine abgehalten, bei dem Wege für ein Ende des Krieges sowie das Maß an internationaler Unterstützung dafür ausgelotet wurden. Viele setzen dabei auf China, das den Erwartungen bis heute jedoch nicht nachkommen konnte. Peking stellt sich zwar als neutrale Partei dar, hat allerdings seit der umfassenden russischen Invasion in die Ukraine seine Beziehungen zu Moskau auf allen Ebenen ausgebaut. Zudem wird China international vorgeworfen, den russischen Angriffskrieg gegen das Nachbarland nicht verurteilt zu haben. Dabei pocht China in seinen außenpolitischen Beziehungen stets auf die Einhaltung der territorialen Unversehrtheit sowie den Respekt der Souveränität. Doch der Zugang zu billigeren Energieimporten aus Russland sowie der durch die westlichen Sanktionen gegen Moskau ermöglichte Ausbau der Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Moskau sind nur einige Faktoren, die die national-kommunistische Führung in Peking von effizienten und schnellen Vermittlungsbemühungen abhalten. Die Zweifel an China als ehrlichem Makler sind daher groß.

Zweiter Friedensgipfel mit russischer Beteiligung

Im Herbst hingegen dürften sich die Blicke zunehmend auf einen vorgesehenen zweiten Friedensgipfel richten, der voraussichtlich im November und mutmaßlich im saudi-arabischen Riad stattfinden könnte. Mitte Juli hatte der ukrainische Präsident aufhorchen lassen, als er vorschlug, dass zu diesem Treffen auch russische Vertreter anwesend sein sollen. „Ich bin – wie die meisten Länder – der Meinung, dass beim zweiten Friedensgipfel im November Vertreter Russlands anwesend sein müssen, da wir sonst keine tragfähigen Ergebnisse erzielen werden“, sagte Wolodymyr Selenskyj weiter im Le Monde-Interview und fügte hinzu: „Ich möchte nicht, dass sie uns bei der Ausarbeitung eines gemeinsamen Plans blockieren.“

Derzeit ist Russland jedoch noch nicht bereit, an Gesprächen zur Beilegung des Konflikts teilzunehmen, wie der Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag laut dpa in einem Radiointerview erklärte. Und auch das Vorgehen der russischen Invasionstruppen auf den Schlachtfeldern im Osten der Ukraine zeigt, dass der russischen Führung keineswegs der Sinn nach Frieden steht.

Grober J-P.
3. August 2024 - 20.38

@ Luxmann / Und für Putin gehen alle freiwillig in den Tod?

Luxmann
3. August 2024 - 19.33

Zelenski braucht ein referendum um gebiete abzugeben.
Um die jugend seines landes zu verheizen braucht er anscheinend keines.

Heini
3. August 2024 - 11.22

Kéng vun deenen zwou Parteien wëllen wirklech Fridden. Zwee Deckkäpp oder wéi ëmmer gesôt, Zwee harder Sténg muelen seele réng.