EuropawahlDie EU ist kein „Verwaltungsmonster“: Wie viel Geld die Union kostet – und wie viel sie einbringt

Europawahl / Die EU ist kein „Verwaltungsmonster“: Wie viel Geld die Union kostet – und wie viel sie einbringt
Dunkle Wolken über dem EU-Parlament in Straßburg: Vorurteile gegenüber der Union und ihren Kosten gibt es viele Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die EU, ein Monster aus Bürokratie und Verwaltungsapparat, das die Steuergelder der braven Bürger Europas verschlingt. Diesem Vorurteil begegnet man auch im aktuellen Wahlkampf immer wieder. Dabei sind die Union und ihr Budget kleiner, als man denkt.

Ohne mit den Augen zum nächsten Absatz zu springen: Schätzen Sie mal, wie viele Mitarbeiter die Europäische Union hat. Alle Institutionen zusammengenommen: das Europäische Parlament, der Europäische Rat, der Rat der Europäischen Union, die Europäische Kommission, der Gerichtshof der Europäischen Union, die Europäische Zentralbank und der Europäische Rechnungshof. An allen Standorten: Brüssel, Straßburg, Luxemburg, Frankfurt und alle Vertretungen in den Mitgliedstaaten. Haben Sie einen Tipp? Gut. Wetten, dass sie weit über der Realität liegen?

Die Antwort ist: rund 60.000. Richtig gelesen. Sechzigtausend. Etwas mehr als 32.000 davon arbeiten für die Europäische Kommission. Das entspricht anderthalbmal dem Verwaltungsapparat der Stadt München, der größten Stadtverwaltung Deutschlands. Nur ist das EU-Personal für 450 Millionen Menschen zuständig. Das heißt, auf einen Beamten oder sonstigen Bediensteten der Union kommen insgesamt 7.500 Bürger aus 27 Mitgliedstaaten. In München liegt die Quote bei 36 Bürgern pro Verwaltungskopf. Überbürokratisierung sieht wohl anders aus. Allein das französische Finanzministerium beschäftigt 140.000 Mitarbeiter, das ist mehr als das Doppelte – für die Bevölkerung eines einzigen Mitgliedstaates. Das Personal der Stadt Luxemburg beläuft sich auf insgesamt 4.452 Personen. Bei 134.714 Einwohnern macht das 30 Bürger pro Verwaltungsmitarbeiter. Klar, die Vergleiche mit Stadtverwaltungen hinken ein wenig. Die EU muss sich nicht um die Müllabfuhr kümmern, aber dennoch, der Größenrahmen ist eindeutig. 

Der EU-Haushalt und die Verwaltungskosten

Im gesamten EU-Haushalt machen die Kosten für Gebäude, Gehälter, Pensionen und die sonstigen laufenden Posten aller Organe, Agenturen und Einrichtungen der Union nur einen geringen Prozentsatz aus. Im Jahr 2022 beliefen sich die Gesamtausgaben der EU auf 243,3 Milliarden Euro. Die öffentliche Verwaltung nahm davon 11,6 Milliarden in Anspruch (für Landwirtschaft und Umwelt gab die EU mehr als fünf Mal so viel aus), das ergibt einen Anteil von 4,8 Prozent am Gesamtbudget. Steigende Löhne gehen auch am Arbeitgeber EU nicht spurlos vorbei. Obwohl die Anzahl der Mitarbeiter in den vergangenen 20 Jahren nicht im gleichen Maße angestiegen ist, haben sich die Ausgaben für Gehälter und Pensionen mehr als verdoppelt: Im Jahr 2002 lagen die administrativen Ausgaben der Union noch bei 5,2 Milliarden Euro. Aktuell zahlt jeder EU-Bürger im Jahr knapp 26 Euro für eine funktionierende Verwaltung der Union.

Insgesamt plant die EU im aktuellen Budget-Zeitraum bis 2027 jährlich mit einem Haushalt von rund 160 bis 180 Milliarden Euro. Ein Budget, in etwa so groß wie der Staatshaushalt Dänemarks, ein Land mit knapp sechs Millionen Einwohnern. Im Jahr 2022 verteilte sich der EU-Haushalt auf mehrere Blöcke. Den größten bildet „Zusammenhalt, Widerstandsfähigkeit und Werte“ mit 126,6 Milliarden (52 Prozent des Gesamtbudgets), darunter der Europäische Fonds für regionale Entwicklung mit 42,5 Milliarden. Eine der teuersten Stellen im Budget findet sich im Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft, dem Förderprogramm für Agrarpolitik. Mit 41,2 Milliarden Euro machte er 2022 17 Prozent der Gesamtausgaben aus. „Migration und Grenzmanagement“ kosteten die EU 3,4 Milliarden Euro, „Sicherheit und Verteidigung“ 1,1 Milliarden.

Von Nettozahlern und Nettoempfängern

Etwa zwei Drittel der Einnahmen für den EU-Haushalt stammen aus den nationalen Haushalten der EU-Mitgliedstaaten. Den Rest erzielt die Union durch Zölle, die Drittstaaten beim Import ihrer Waren in das Wirtschaftsgebiet der EU entrichten, und durch einen festgelegten Anteil an der Mehrwertsteuer der Mitgliedstaaten. Seit 2021 gibt es außerdem eine weitere Einnahmequelle: ein Beitrag, der sich nach der Menge der nicht recycelten Kunststoffverpackungsabfälle richtet, die jedes Land produziert.

Nun gibt es Mitgliedstaaten, die mehr Geld aus dem EU-Haushalt empfangen, als sie einzahlen. Diese werden als Nettoempfänger bezeichnet. Länder, die mehr einzahlen, als sie empfangen, sind hingegen Nettozahler. Der entscheidende Faktor sind dabei nicht die Einzahlungen, sie erfolgen bei allen Mitgliedern nach den gleichen Kriterien, reichere Länder mit höheren Bruttonationaleinkommen zahlen zwar absolut mehr, relativ gesehen jedoch im gleichen Anteil. Die Belastung ist also fair verteilt. Bei den Ausgaben der EU sieht es anders aus. Zu den größten Posten der EU zählen wie bereits erwähnt die Fonds für Landwirtschaft und für regionale Entwicklung. Hier fließt Geld auf sehr unterschiedliche Weise in die Mitgliedstaaten. 2022 war Deutschland in absoluten Zahlen der größte Nettozahler. Die Deutschen steuerten 35,7 Milliarden zum Haushalt bei, erhielten von der EU aber nur 14,2 Milliarden. Luxemburg zählt in absoluten Zahlen zu den Nettoempfängern: Im Jahr 2022 gingen aus dem Großherzogtum 536 Millionen Euro in den EU-Haushalt, zurück flossen 2,84 Milliarden, davon 1,84 Milliarden Euro für die EU-Verwaltung in Luxemburg.

Luxemburg profitiert also von der EU-Mitgliedschaft und Deutschland nicht? So einfach lassen sich diese Zahlen am Ende nicht gegenüberstellen. Wie die Vertretung der Europäischen Kommission in Luxemburg auf Tageblatt-Anfrage schreibt: „Beim EU-Haushalt geht es nicht darum, zu geben und zu nehmen. Es geht darum, Ressourcen zu bündeln, gemeinsame Herausforderungen zusammen zu bewältigen und einen Mehrwert für die EU zu schaffen.“ Das Narrativ, wer wie viel einzahle und rausbekomme, berücksichtige nicht die Vorteile des Binnenmarkts für die Mitgliedstaaten und die Geschäftsmöglichkeiten, die sich für Unternehmen bieten.

goelff jean-pierre
4. Juni 2024 - 11.07

.......zu 100% mit ihnen einverstanden,aber es gibt viel zu tun,wer packt's an?It's a long way!

Jo
4. Juni 2024 - 10.50

Ihre Zahlen sind interessant aber zeigen nur die Spitze des Eisbergs.
Interessant wäre die Information zu den Kosten für den durch EU Auflagen entstandenen administrativen Mehraufwand (personal) bei Bürgern, Unternehmen und öffentlicher Verwaltung.

JJ
4. Juni 2024 - 9.21

Der Mist der über die "intelligenten" Medien unter das gemeine Volk gebracht wird ist immer an erster Stelle in den Köpfen der Menschen. Vergessen die langwierigen Kontrollen an den Grenzen,Zölle,Umtausch von Devisen,usw. Wenn dann noch Korruption von hohen(gewählten) Beamten ins Spiel kommt ist das Vertrauen schnell dahin. Diplomatische Immunität ,hinter der sich kriminelle Geister verstecken können, verschlimmert die Ressentiments dann noch. Aber wäre es ohne die EU besser? Man sieht,man braucht nur Schöffe in einer kleinen Gemeinde zu sein,das reicht schon. Die EU wie sie Macron vorschwebt wäre der richtige Weg. Autark und eine wirtschaftliche Festung.Solange es Schurken auf der Welt gibt.