Blockierte Gelder bei der ING„Die Menschen müssen sich wehren können“ – Ruf nach einer Reform der Finanzaufsicht

Blockierte Gelder bei der ING / „Die Menschen müssen sich wehren können“ – Ruf nach einer Reform der Finanzaufsicht
Rufe nach einer Reform der Finanzaufsicht werden lauter Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Die Art, wie bei den laufenden Kontenschließungen bei der ING mit den Kunden umgegangen wird, ruft weiter Erstaunen und Ärger hervor. Auch weitere Berichte über das Blockieren von Konten und das Einfrieren von Geldern werden häufiger. Während die Anzahl der Beschwerden wächst, tut dies auch die Kritik am System – und der Ruf nach einer Reform.

„Es ist alles schon ein bisschen verrückt“, meldete sich vor wenigen Tagen Ewald Schares beim Tageblatt. Einst hatte der Geschäftsführer und Mitgründer des kleinen Ingenieurbüros Werkbund in Echternach drei Konten bei der ING, zwei gewerbliche und ein privates. „Heute wollen wir nur noch weg.“

Doch zurück zum Anfang: Bereits seit etwa acht Jahren war Ewald Schares Kunde bei der Bank. Als er dann Mitte 2024 aus den Nachrichten über Kontenschließungen, von der Vorgehensweise und der Tatsache, dass möglicherweise auch kleine Unternehmen betroffen sein könnten, hörte, „schrillten die Alarmglocken“. Man wollte „proaktiv vorgreifen“, die Gelder auf eine andere Bank transferieren und die Konten schließen. Immerhin sei man „auf unsere Guthaben angewiesen, um Löhne, Sozialabgaben und Steuern zahlen zu können“.

Bei der Überweisung vom Geld des einen Geschäftskontos lief alles rund. Beim Privatkonto größtenteils auch – lediglich für den Transfer eines Aktiendepots auf eine andere Bank fielen schlussendlich noch Bearbeitungsgebühren von 100 Euro pro Position für die ING an. Beim dritten Konto funktionierte allerdings gar nichts: Die 26.000 Euro auf dem Konto sind seit Anfang Juni blockiert. Die ING verweigert das Tätigen der Überweisung.

Überweisung verweigert

Anfragen, warum die Überweisung nicht getätigt wurde, blieben unbeantwortet. Neue Aufforderungen zur Überweisung wurden erneut blockiert. „Am Telefon geht eh niemand ran“, sagt Schares. „Auch wenn man tausendmal anruft.“

In der Folge hat der Arbeitgeber von vier Mitarbeitern dann einen Anwalt eingeschaltet. Auf dessen Brief an die Rechtsabteilung der Bank habe man nach mehr als zwei Wochen die Antwort erhalten, dass die Bank sich das nun anschauen werde und sich dann gegebenenfalls zurückmelde. „Warum das Geld blockiert ist oder was wir machen müssen, um es freizuschalten, hat man uns nicht mitgeteilt“, bedauert Schares. Man habe lediglich auf eine E-Mail vom vergangenen Jahr verwiesen, auf die die Betroffenen nicht geantwortet hätten und von der sie letztendlich auch nichts wussten.

„Bis heute hat sich die ING Bank nicht dazu geäußert, warum das Guthaben auf dem Konto beschlagnahmt wurde“, so der verwunderte Geschäftsmann. „Leider lässt sie uns völlig im Dunkeln, wie es hier weitergehen soll. Wir haben wirklich kein Verständnis dafür, dass eine Bank willkürlich und ohne Erklärung Guthaben einzieht.“

30


Die Finanzaufsicht fordert Ewald Schares zufolge, dass sich Kunden mit Beschwerden an die Geschäftsleitung des betroffenen Unternehmens wenden und dann 30 Tage warten. Den Brief des Anwalts von Schares habe sie nicht angenommen.

Neben dem Anwalt hat sich Ewald Schares auch bereits an die Finanzaufsicht CSSF gewendet. Die habe den Brief des Anwalts jedoch nicht annehmen wollen. „Der hat ihnen nicht gereicht. Wir müssen erst einen Brief an die für Kundenbeschwerden verantwortliche Person bei der Geschäftsleitung des betroffenen Unternehmens machen, dann 30 Tage warten“, und erst dann würde die Aufsichtsbehörde mit dem Bearbeiten des Falls beginnen.

Eine Klage vor Gericht würde auch nichts bringen, sagt er. Das würde ewig dauern. „Die Banken wissen, dass man ihnen nichts anhaben kann, daher verhalten sie sich so. Das ist einfach nicht korrekt, was da läuft. Auch die Verfahren bei der CSSF, das ist einfach verrückt.“

Der Bankensektor in Luxemburg muss auf seinen Ruf aufpassen. Die ganze Branche verspielt ihr Vertrauen.

Ewald Schares, Kunde, dessen Bankkonto seit Wochen blockiert ist

In einer ihrer seltenen öffentlichen Mitteilungen hatte die CSSF Mitte Juni informiert, dass sowohl die Spuerkeess als auch die Banque Raiffeisen, die BGL BNP Paribas und Post Luxemburg den Verbrauchern auf Anfrage Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen anbieten müssen. Auch die Banque internationale à Luxembourg verpflichtet sich dazu.

Rechte mit vielen Ausnahmen

Da gibt es aber zu viele Ausnahmen, beklagen sich Edgar Bisenius und Carlo Thewes von der Vereinigung „Droits de l’humanité, éthique Asbl“ gegenüber dem Tageblatt. Sie sehen „die im Regen stehen gelassenen Verbraucher“ als strukturelles „Armutszeugnis“ vonseiten der Finanzaufsicht. „Die Banken machen sich ihre eigenen Regeln“, sagt Bisenius. Es sei einfach unverantwortlich, 30.000 Menschen die Konten einfach so zu kündigen. „Kein Konto zu haben, treibt Menschen in die Armut. Eine Firma kann so kaputtgemacht werden.“ Man wünsche sich eine grundlegende Reform des Systems, ein Einbeziehen von Verbraucherschützern. Auch müsste man den Menschen die Möglichkeit geben, sich zu wehren.

„Scheinbar wissen sie, dass man nichts gegen sie ausrichten kann“, sagt auch Schares. „So etwas habe ich noch nicht erlebt. Eine Situation, in der eine Bank einfach die Kommunikation einstellt, Gelder blockiert und einen Monat lang nicht erklärt, wieso. Der Bankensektor in Luxemburg muss auf seinen Ruf aufpassen. Die ganze Branche verspielt ihr Vertrauen.“

Die CSSF hat versagt. Die Interessen der Konsumenten sind in ihren Reihen nicht angemessen vertreten.

Edgar Bisenius und Carlo Thewes, von der Vereinigung „Droits de l’humanité, éthique Asbl“

Beim geringsten Verdacht auf eine Ungereimtheit könne die Bank dann ein Konto verweigern oder eben blockieren, so Bisenius und Thewes weiter. „Manchmal geht es bis ins Lächerliche und man ist mit ein paar 100 Euro schon verdächtig.“ Theoretisch dürfe beispielsweise auch ein Drogensüchtiger kein Konto bekommen. Mal reiche es, in Moskau geboren zu sein oder Ahmed zu heißen.

Sie vermuten, dass die Zahl der Ablehnungen oder der Blockierungen von Konten insgesamt sehr groß sei. Vor allem je automatisierter das „Profiling“ durchgeführt werden wird, fügt Thewes hinzu. „Ein Punktesystem. Wie in China.“ Pro Tag würden die Banken derzeit rund 200 Verdachtsmomente an die Behörden weitergeben, doch in kaum einem Fall geschehe nachher etwas, so Bisenius. Für die Kunden könnte dabei Schaden entstehen und sie wüssten nicht einmal, was passiert.

Zu wenig Verbraucherschutz im Finanzwesen

„Für die Menschen ist es wichtig, ein Konto zu haben“, betont Bisenius. Hierzulande sei es notwendig zum normalen Leben. Dass das Ganze auch eine Sache der Rentabilität ist, verstehe man, so Thewes. „Die vielen Regeln, die in den vergangenen Jahren hinzugekommen sind, sind teuer“, gibt der ehemalige Banker zu bedenken. „Wenn eine Bank keine Kunden mehr will, dann sind die Regeln vielleicht übers Ziel hinausgeschossen? Vielleicht soll der Staat die Kosten übernehmen, wenn die Kontoführung für kleine Konten den Banken zu teuer wird?“

Schares würde sich einen schnelleren und effizienteren Weg wünschen, um zu klagen und um sich bei der Aufsichtsbehörde zu beschweren. Dass es so einfach ist, Geld ohne Erklärung zu blockieren, hätte er sich jedenfalls nie vorstellen können.

„Die CSSF hat versagt“, unterstreichen Bisenius und Thewes. „Die Interessen der Konsumenten sind in ihren Reihen nicht angemessen vertreten.“ Sie plädieren für eine grundlegende Reform im Bankenwesen.

Für seinen Fall, nach so vielen Wochen ohne klare Antworten, rechnet Schares nun nicht mehr mit einer konstruktiven Wende. Man wisse ja, wie es kommen wird, sagt er. Irgendwann werde er sein Geld – wohl gegen hohe Bearbeitungsgebühren – zurückerhalten. In der Zwischenzeit habe die ING dann wohl mit dem Geld vom Girokonto Zinsen verdient. „Aber egal“, sagt er. „Ich bin auch bereit, zu zahlen. Ich will nur noch weg von der ING.“

CG
7. Juli 2024 - 11.26

War auch mal Kunde bei der ING. Habe allerdings mein Konto aufgelöst als zweimal in Folge Geld von meinem Sparkonto abgehoben wurden, dies ohne mein Wissen bei derselben Agentur die ich nicht mal kannte.

JUNG LUC
5. Juli 2024 - 20.10

ING raus aus Luxemburg.

DanV
5. Juli 2024 - 12.48

Die CSSF, die gewöhnlich mit Bankern zu tun hat, hat weder die menschliche Kompetenz noch die nötigen Prozeduren, um Menschen zu helfen, die ihr Geld fürs tägliche Leben brauchen. Bei KMUs scheitert sie genauso. Man kommt sich vor wie auf einem andern Stern, wenn man dort anruft.

Das ist eigentlich verständlich, denn ein Kontrollorgan, das Banken zu Fall bringen kann, sollte nichts mit einzelnen Kundenbeschwerden zu tun haben.

Die Frage: "Wollen Sie ein offizielles Dossier öffnen?" werden Privatkunden mit Nein beantworten, denn das könnte Probleme für die jeweilige Bank bedeuten, die ausufern und bedeuten könnten, dass Kunden wochen- oder monatelang nicht an ihr Geld kommen. Und die wenigsten haben Papiergeld zuhause, um eine solche Zeit zu überbrücken.

Deshalb sollten Privatkunden sich bei der ULC beschweren können. Die ULC sollte die Dossiers prüfen, selbst eingreifen oder sie gegebenenfalls an die CSSF weiterreichen.

Da es keine ULC für KMUs gibt, sollte es eine Anlaufstelle bei der Chambre de commerce oder Chambre des métiers geben.