VëlosummerDie „Sir-Uelzechtdall-Tour“ bietet Abwechslung pur – für Augen und Beine

Vëlosummer / Die „Sir-Uelzechtdall-Tour“ bietet Abwechslung pur – für Augen und Beine
Eines der zahlreichen Highlights auf der Tour: ein Zwischenstopp an der „Gantebeensmillen“  im Alzette-Tal Foto: Editpress/David Rock

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Das war’s: Der „Vëlosummer 2024“ ist zu Ende. Das Tageblatt hat zum Abschluss die „Sir-Uelzechtdall-Tour“ erkundet – und dabei eine abwechslungsreiche wie fordernde Strecke erlebt.

Der Anstieg von Schrassig nach Sandweiler hat es in sich: Chris muss kapitulieren – und schiebt sein Rad den Berg hoch
Der Anstieg von Schrassig nach Sandweiler hat es in sich: Chris muss kapitulieren – und schiebt sein Rad den Berg hoch Foto: Editpress/David Rock

Der Puls steigt, das Atmen wird schwerer. Vor mir ziehen Dan und Nic davon – hinter mir höre ich Chris vom Rad absteigen. Bereits wenige Kilometer nach dem Start verlangt mir der Anstieg von Schrassig nach Sandweiler alles ab. Es dauert einige Minuten, bis der Nachzügler zu unserer Gruppe aufschließen kann. Nach einer kurzen Verschnaufpause führen wir dann die „Sir-Uelzechtdall-Tour“ fort. 

Die Strecke ist eine von insgesamt 13 Touren der fünften Auflage des „Vëlosummer“. Mit einer Länge von rund 60 Kilometern und einer dafür vorgesehenen Zeit von vier Stunden und 55 Minuten wird sie als „mittelschwer“ eingestuft und führt durch das Syr- sowie das Alzettetal. Laut offizieller Streckenbeschreibung können die Fahrradfahrer so die Gegend rund um die Hauptstadt erkunden. An zwei Wochenenden im August wurden fünf Straßen für den Verkehr abgesperrt – eine willkommene Abwechslung für alle Radfahrer. Der vorgeschlagene Startpunkt, bei einer Anreise mit dem Zug, ist die Standseilbahn in Luxemburg-Stadt. Zumindest die Anreise entfällt jedoch für mich: Ich wohne nur wenige Meter vom Verlauf der Strecke entfernt.

Die Testgruppe für die „Sir-Uelzechtdall-Tour“
Die Testgruppe für die „Sir-Uelzechtdall-Tour“ Foto: Editpress/David Rock

Mit genügend Reifendruck, aufgefüllten Wasserflaschen und der Route auf dem Fahrradcomputer mache ich mich zusammen mit drei Freunden an einem perfekten Sommertag in die vorgeschlagene Richtung auf den Weg von Schüttringen gen Süden. Die Gruppe könnte unterschiedlicher nicht sein: Dan und Nic sind zwei fitte Vereinsfahrer, von deren Leistungen ich nur träumen kann. Chris besitzt zwar ein Rennrad – das hat jedoch die vergangenen zwei Jahre in seiner Garage Staub angesammelt. Ich befinde mich irgendwo dazwischen. In unserer Runde sind also die idealen Voraussetzungen für einen gründlichen Test dieser Strecke des „Vëlosummer“ gegeben. 

Nach sechs Kilometern ist es dann so weit: Der Anstieg nach Sandweiler erwartet uns. Glücklicherweise handelt es sich hierbei um die erste abgesperrte Straße – um Autofahrer muss man sich bei diesem Kraftakt zumindest keine Sorgen machen. Trotzdem kommt mir der Gedanke, dass hier wohl mehr als ein Gelegenheitsfahrer sein Rad schieben musste. Der Fahrradcomputer zeigt mir zwischenzeitlich eine Steigung von fast 20 Prozent an – eine anfängerfreundliche Streckenführung sieht anders aus.

Ein Hindernis der anderen Art fordert im Dorfkern von Sandweiler Problemlösungskompetenzen – Nic ist begeistert
Ein Hindernis der anderen Art fordert im Dorfkern von Sandweiler Problemlösungskompetenzen – Nic ist begeistert Foto: Editpress/David Rock

Nach einer fast leeren Landstraße – ein Autofahrer hat wohl die Absperrung übersehen – begegnet uns in Sandweiler das nächste Hindernis. Eine Baustelle versperrt den Weg. Dank eines kleinen, blauen Wegzeichens finden wir dann auch die Lösung: Der Weg führt über den Bürgersteig an der Baustelle vorbei. Die Beschilderung ist im Großen und Ganzen sehr gut gelungen. An jeder Weggabelung leiten die „Vëlosummer“-Pfeile die Fahrradfahrer zuverlässig in die richtige Richtung. Lediglich einmal machen sich Fragezeichen auf unseren Gesichtern breit, weil das Zeichen nur aus der entgegensetzten Richtung sichtbar ist.

Eine Erholung für die Beine gibt es während der ersten Abfahrt von Sandweiler nach Moutfort. Die Tour führt uns anschließend von einem Radweg auf eine abgesperrte Straße und wir fahren auf aalglattem Asphalt in Richtung Syren. Ein kleiner Anstieg und eine kurze Abfahrt später – die Straße ist erneut abgesperrt – landen wir im Alzettetal. Die kommenden Kilometer sind ein echtes Highlight: Wir folgen dem Verlauf des Radwegs „PC1“. Durch einen grünen Laubtunnel schlängelt sich der Weg entlang des Flusses bis nach Luxemburg-Stadt. Auf der Strecke befindet sich auch die Ruine der „Gantebeensmillen“: Im 18. und 19. Jahrhundert stand hier eine Mühle, ehe das Areal Anfang der 1930er Jahre zu einem Freibad mit Café umgewandelt wurde, das in den 60ern wieder seine Türen schloss. In den 70ern erwarb ein neuer Besitzer das Gelände und wagte sich an einen Neustart – vergebens. In den Jahrzehnten danach gab es mehrere Besitzerwechsel und viele Versuche, das Anwesen neu zu beleben, doch die meisten Ansätze waren zum Scheitern verurteilt und seitdem rottet das Gelände vor sich hin.

Die Tour führt entlang der Alzette durch Luxemburg-Stadt – eine traumhafte Kulisse. Dan kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Die Tour führt entlang der Alzette durch Luxemburg-Stadt – eine traumhafte Kulisse. Dan kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Foto: Editpress/David Rock

Der Charme des Unesco-Weltkulturerbes

Je näher wir der Pulvermühle kommen, umso urbaner wird auch die Gegend. Von dort aus geht es weiter in den Grund, wo sich uns ein besonders schöner Blick über die Altstadt von Luxemburg bietet. Der Charme des Unesco-Weltkulturerbes ist selbst auf dem Rennrad zu spüren. Trotz des hektischen Stadtlebens fühlt man sich auf dem Fahrrad sehr sicher. Das trifft nicht nur für den Teil durch Luxemburg-Stadt zu: Auch sonst vermag es die Streckenführung – vor allem dank strategischer Straßenabsperrungen – die Radfahrer weitgehend abgesondert vom Autoverkehr durch die Landschaft zu lotsen. Das gute Radwegnetz und die vielen Feldwege tun ihr Übriges. Nur einmal wird es brenzlig: Ein nicht angeleinter Hund wäre uns fast vor die Räder gelaufen.

Absteigen heißt es auch im Pfaffenthal: Mit der Standseilbahn geht es hoch auf den Kirchberg
Absteigen heißt es auch im Pfaffenthal: Mit der Standseilbahn geht es hoch auf den Kirchberg Foto: Editpress/David Rock

Am nächsten Highlight scheiden sich dann die Geister in unserer Gruppe: Die Standseilbahn im Pfaffenthal sorgt kurzzeitig dafür, dass wir uns aufteilen. Seit Dezember 2017 bringt sie in nur 63 Sekunden bis zu 168 Passagiere zum Kirchberg. Während Chris und ich die willkommene Abwechslung für eine Verschnaufpause nutzen, bleiben Dan und Nic lieber auf dem Rad sitzen und fahren einen Umweg. Einen Vorteil hat die Bahn auf jeden Fall: Wir sparen uns die Höhenmeter. Etwas mehr als die Hälfte der Strecke ist zu diesem Zeitpunkt geschafft. Am oberen Bahnhof der Standseilbahn erblicken wir zudem eine angenehme Überraschung: einen Trinkwasserspender. Es wird jedoch der einzige auf der Tour sein. Es stellt sich unweigerlich die Frage, warum dieser dann ausgerechnet am vorgeschlagenen Startpunkt steht.

 
  Grafik:Tageblatt

Mit vollen Trinkflaschen erwartet uns auf Kirchberg dann der langweiligste Teil der gesamten Route. Die grauen Hochhäuser des Bankenviertels haben es aber auch schwer, wenn man vorher durch die pittoreske Luxemburger Altstadt geradelt ist. Zum Glück dauert es nicht lange, bis wir wieder auf einem Fahrradweg im Wald landen. Von Senningerberg fahren wir auf dem „PC2“ nach Ernzer, bis es über Niederanven und Mensdorf wieder zurück zu unserem Startpunkt geht. Hier zeigt sich die „Sir-Uelzechtdall-Tour“ noch mal von ihrer besten Seite: Die Rad- und Feldwege führen über viele Hügel durch Wald und Flur.

Nach drei Stunden und 20 Minuten inklusive mehrerer Verschnaufpausen ist es dann geschafft. Mein Fazit fällt positiv aus: Es ist eine schöne Strecke, die Spaß macht und Abwechslung bietet, sowohl für die Augen als für die Beine. Sie führt auf sehr schönen Wegen durch und um die Hauptstadt. Jedoch hat das Profil es auch in sich: 653 Höhenmeter stecken am Ende in den Beinen, obwohl ein Teil der Strecke flach ist. Für Profis vielleicht kein Problem, für Gelegenheitsfahrer ist das jedoch viel. Die Länge der Tour sorgt zusammen mit den Höhenmetern auf jeden Fall für eine Herausforderung. Für Chris wäre weniger sicherlich mehr gewesen. Ich hoffe, dass er trotzdem im nächsten „Vëlosummer“ wieder mit mir eine Tour fährt.

Unsere Serie zum „Vëlosummer“

Das Tageblatt fährt in insgesamt fünf wöchentlichen Serienteilen je eine „Vëlosummer“-Fahrradstrecke – und probiert sich dabei durch die fünf verschiedenen Schwierigkeitsgrade der Touren. Der Autor oder die Autorin schildert nach der Fahrt seine/ihre Eindrücke von der Strecke, damit unsere Leser sich ein Bild von den Schwierigkeitsstufen und der Art der jeweiligen Routen machen können. Nach Teil eins („Family Tour am Süden“), zwei („Wëlle Westen meets Beachdref“), drei („VëloViaNorden“) und vier („Mam Jangeli bei d’Kätti“) folgt der fünfte Teil „Sir-Uelzechtdall-Tour“. Alle Routen des „Vëlosummer 2024“ sind unter www.visitluxembourg.com/de/velosummer abrufbar.