Gesundheit„Die Situation ist ernster als 2022“: Wie die EU mit Mpox umgeht

Gesundheit / „Die Situation ist ernster als 2022“: Wie die EU mit Mpox umgeht
Eine mit Mpox infizierte Frau zeigt ihre Arme im Mpox-Behandlungszentrum des Universitätskrankenhauses Kamenge in Bujumbura  Foto: AFP

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Die Mpox-Welle hat sich nicht auf Afrika beschränkt. Auch zwei Europäer wurden bereits mit dem Virus infiziert, dem Hunderte zum Opfer gefallen sind. Experten rechnen damit, dass alle EU-Länder mindestens mit Einzelfällen davon betroffen sein werden. Die EU hat mit der Koordinierung von Impfstoffspenden begonnen.

Noch sind die meisten Akteure des Brüsseler EU-Betriebs in der Sommerpause. Doch Stella Kyriakides, die EU-Gesundheitskommissarin, hat nun beim Umgang mit dem sich ausbreitenden Mpox-Virus ein mahnendes Schreiben an die EU-Gesundheitsminister auf den Weg gebracht. Auf Antrag der EVP soll sich auch der Gesundheitsausschuss des Parlamentes so bald wie möglich mit der jüngsten Seuche befassen. Der CDU-Gesundheitsexperte und Arzt Peter Liese sieht Europa zwar „meilenweit entfernt von einem Corona-Szenario“, doch ein Vergleich der bisherigen mit der aktuellen Mpox-Variante führe zu einer klaren Einschätzung: „Die Situation ist ernster als bei dem Ausbruch 2022.“

Die Infektionswelle habe vor zwei Jahren noch mit weniger Risikogruppen zu tun gehabt. Vor allem Männer, die mit Männern Geschlechtsverkehr hatten, seien damals betroffen gewesen. Die neue Variante betreffe darüber hinaus auch heterosexuellen Geschlechtsverkehr und viele weitere enge körperliche Kontakte. So macht die Tatsache Liese Sorgen, dass in Afrika viele Kinder betroffen seien und das Virus „deutlich tödlicher“ sei.

Mit Schwerpunkt in der Demokratischen Republik Kongo wurden nach Angaben verschiedener Gesundheitsbehörden in diesem Jahr bereits rund 20.000 Infektionen und mehrere hundert Todesfälle verzeichnet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief die Mpox-Verbreitung zur „Notlage mit internationaler Tragweite“ aus. Nach einem positiven Test in Schweden wurde nun ein weiterer Europäer in Thailand als Infizierter in Quarantäne gesetzt. Der 66-Jährige war aus Afrika nach Asien gereist und hatte sich wegen einschlägiger Symptome untersuchen lassen. Dazu zählen Gliederschmerzen und Fieber sowie schließlich Pusteln auf der Haut, weswegen die Krankheit früher als Affenpocken bezeichnet wurde. Zunächst waren nur Menschen davon betroffen worden, die Fleisch von verseuchten Tieren gegessen hatten, dann kam gleichgeschlechtlicher Sex als Übertragungsweg hinzu, nun auch der enge körperliche Kontakt.

Unterschiedliche Reaktionen in der EU

Die thailändischen Behörden untersuchen derzeit weitere 43 Menschen, die von dem einen Europäer infiziert geworden sein könnten. Die Beobachtungszeit müsse sich über drei Wochen hinziehen. Zudem hat Bangkok eine Registrierungspflicht für Reisende aus 42 Risikoländern erlassen. Außer der Demokratischen Republik Kongo sind Infektionen unter anderem auch in Burundi, Kenia, Ruanda und Uganda bekannt geworden. Liese geht davon aus, dass es „mindestens Einzelfälle in allen europäischen Staaten geben wird“ – also auch in Deutschland. „Trotzdem sollten wir aber alle ruhig bleiben“, betont Liese.

Bei Corona hat es viele Menschen sehr verunsichert, dass es unterschiedliche Reiseempfehlungen und unterschiedliche Impfempfehlungen je nach Mitgliedstaat gab. Dies sollten wir nicht wiederholen.

Peter Liese, Arzt

Die Reaktionen in der EU sind höchst unterschiedlich. Frankreich hat bereits mehrere Hundert Impfstellen vorbereitet. Schweden experimentiert mit Injektionsmethoden, mit denen sich große Teile des Impfstoffes einsparen lassen, ohne die Wirkung zu gefährden. Weithin begrüßt wird die Initiative der Gesundheitskommissarin, die Impfstoffspenden für Afrika zu koordinieren. „Angesichts des Mpox-Ausbruches in mehreren Ländern Afrikas müssen wir im Geiste globaler Solidarität und Zusammenarbeit koordiniert und nachhaltig mit den afrikanischen Zentren für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten und den betroffenen Ländern zusammenarbeiten“, schrieb Kommissarin Kyriakides an die Gesundheitsminister der Mitgliedsländer. Sie warb dabei für den „Team-Europa-Ansatz“, mit dem bereits die Verteilung von Corona-Impfstoffspenden verfolgt worden war. Dieser sei erfolgreich gewesen und solle sich nun auch wieder bewähren. „Ich zähle auf Ihre großzügige Unterstützung“, hieß es in Kyriakides‘ Brief. Denn die 215.000 Impfdosen, die die EU mithilfe ihrer Gesundheitsbereitschaftsbehörde Hera auf den Weg bringe, reichten bei weitem nicht aus, um den Ausbruch erfolgreich bekämpfen zu können.

Nicht nur die Spenden von Impfstoffen sollten nach Meinung von Liese europäisch koordiniert werden. „Bei Corona hat es viele Menschen sehr verunsichert, dass es unterschiedliche Reiseempfehlungen und unterschiedliche Impfempfehlungen je nach Mitgliedstaat gab. Dies sollten wir nicht wiederholen“, unterstrich der EVP-Politiker. Europadirektor Hans Kluge befürchtet, dass es bereits auf der Ebene der Spenden Probleme gibt. „Werden wir uns dafür entscheiden, die Systeme zur weltweiten Kontrolle und Ausrottung von Mpox einzurichten? Oder werden wir in einen weiteren Kreislauf von Panik und Vernachlässigung eintreten?“, lauten für ihn die dringendsten Fragen an die EU.