Caritas-AffäreDr. Gérard Schockmel: Luxemburg hat eine „Kultur der Verantwortungslosigkeit“

Caritas-Affäre / Dr. Gérard Schockmel: Luxemburg hat eine „Kultur der Verantwortungslosigkeit“
Dr. Gérard Schockmel stand vor seiner Tätigkeit als DP-Abgeordneter vor allem wegen seiner Einschätzungen zur Entwicklung der Corona-Pandemie im Rampenlicht Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Der DP-Abgeordnete Gérard Schockmel äußerte in einem RTL-Interview Kritik an der Governance der Caritas. Seiner Ansicht nach liege das eigentliche Problem jedoch viel tiefer, und er bezweifelt, dass die Politik den Mut aufbringen werde, sich diesem Thema zu widmen.

„Es ist erstaunlich, dass es zwanzig Jahre gedauert hat, bis Missbräuche, die durch ein System ermöglicht werden, wenn man es nicht im Griff hat, ans Licht kommen“, meint Dr. Gérard Schockmel (DP) im RTL-Interview vom Dienstagmorgen. Dabei bezieht er sich nicht nur auf die aktuelle Caritas-Affäre, sondern im Allgemeinen auf die Handhabung von NGOs hierzulande.

Im Falle der Caritas-Affäre sind mittels mehr als 120 Überweisungen, die genehmigt und doppelt unterschrieben werden müssten, insgesamt 61 Millionen Euro verschwunden. „Wie ist das möglich?“, fragt Schockmel. Zumal der überwiesene Betrag deutlich höher als das Kapital der NGO gewesen sei. Es seien Kredite genehmigt worden, ohne wirklich zu wissen, wozu diese aufgenommen wurden und ob diese überhaupt notwendig waren.

Schockmel kritisiert zudem, dass es keine Kontrolle der finanziellen Ein- und Ausgänge bei der Caritas gegeben habe. So hätte gleich auffallen müssen, dass ein „großes Problem“ vorliegt. „Unseriöser und unverantwortlicher kann eine Organisation nicht aufgestellt sein, damit so etwas möglich ist“, bemängelt der Abgeordnete.

Ein Tabu-Thema?

Es sei offensichtlich, dass es bei der Caritas Missstände bei der Gouvernance gebe. Doch die Wurzel des Problems liege tiefer. In Luxemburg herrsche eine „Kultur der Verantwortungslosigkeit“: So läge die Verantwortung zwar in erster Linie bei den Verwaltungsräten, doch diese könnten per se nicht haftbar gemacht werden. Beispiele aus jüngster Vergangenheit gebe es hierfür genug: das LNS, die CMCM, Proactif und nun auch die Caritas.

Das werde sich künftig auch nicht ändern, glaubt Schockmel. Zum einen seien viele Nominierungen in einen Verwaltungsrat politisch bedingt. Zum anderen handele es sich um eine Art Netzwerk, in dem sich die Mitglieder untereinander unterstützen, um Zugang zu mehreren Verwaltungsräten zu erlangen. „Ich denke nicht, dass die Politik sich da heranwagen wird, trotz der Probleme, die sich immer mehr häufen“, meint der DP-Abgeordnete. Als ehemaliges Mitglied des Verwaltungsrats von „Ärzte ohne Grenzen“ und auch als ehemaliger Präsident dieser Organisation habe er eigene Erfahrungen in diesem Bereich sammeln können.

Schockmel empfiehlt der Regierung, eine Plattform für NGOs zu schaffen, die es dem Staat ermöglicht, Finanztransaktionen zu kontrollieren – zumal letztendlich auch große Summen aus der Staatskasse stammen. Zudem müsse ein Gesetz geschaffen werden, in dem Minimalanforderungen an die Gouvernance definiert werden. Darüber hinaus sollten die Konventionen mit den NGOs überarbeitet werden, um all dem Rechnung zu tragen.