ALAD„Es besteht Nachholbedarf“: Direktor Loïc Hoscheit über die Zukunft der Anti-Doping-Arbeit

ALAD / „Es besteht Nachholbedarf“: Direktor Loïc Hoscheit über die Zukunft der Anti-Doping-Arbeit
Loïc Hoscheit ist seit vergangenem Oktober Direktor der ALAD Foto: Editpress/Julien Garroy

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Loïc Hoscheit ist seit zehn Monaten Direktor der nationalen Antidopingagentur und betreut einen Umbruch. Künftig wird die ALAD nicht mehr nur für Dopingkontrollen zuständig sein, sondern sich auch dem Thema Integrität im Sport widmen. Im Interview mit dem Tageblatt spricht Hoscheit nicht nur über die Zukunft, sondern auch über aktuelle Dossiers.

Tageblatt: Loïc Hoscheit, Sie sind mittlerweile seit zehn Monaten Direktor der ALAD. Was sind Ihre ersten Erkenntnisse?

Loïc Hoscheit: Ich habe die Zeit genutzt, um mich einzuarbeiten. Es ist eine sehr spannende Arbeit. Wir behandeln hier ein Thema, das etwas mehr im Hintergrund stattfindet. Das heißt aber nicht, dass diese Arbeit unwichtig ist. Wir setzen uns für den Sport und seine Werte ein. Unser Anliegen ist es, die Sportler, die auf unehrliche Methoden zurückgreifen, aus dem System zu nehmen. Wir sind aber vor allem da, um eine Hand auszustrecken und zu helfen, damit die Sportler, die sauber und ehrlich sind, das auch bleiben können und nicht unbewusst und ungewollt einen Fauxpas begehen.

Als Sie Ihre Arbeit bei der ALAD aufnahmen, kam gleichzeitig auch die neue Regierung ins Amt. In dem Koalitionsvertrag stand eine Reform der Antidopingagentur. Inwiefern ist diese mittlerweile vorangeschritten?

Es gab einige Gespräche mit Sportminister Georges Mischo, der mit der Reform eine Idee der vorigen Regierung weiterführt. Mit der Reform soll die ALAD, die heute, wie der Name es sagt, eine reine Antidopingagentur ist, eine Agentur für Integrität im Sport werden. Die letzten Monate dienten dazu, sich ein Bild zu machen, um die Situation in Luxemburg zu analysieren und herauszufinden, inwiefern wir schon Akteure in diesem Bereich haben. Ich spreche von Vereinen, Verbänden, oder gemeinnützigen Organisationen, die bereits präventiv an solchen Projekten arbeiten. Es ging darum herauszufinden, wie sich die ALAD sinnvoll einbringen kann, um das Ganze zu strukturieren und vor allem auch nach außen zu kommunizieren, um den Menschen zu vermitteln, dass es eine Anlaufstelle für solche Themen gibt, wo man Hilfe bekommt.

Wie lautet das Ergebnis dieser Analyse?

Das Fazit, zu dem wir zusammen mit dem Sportministerium, dem COSL und einer Reihe an Verbänden, gekommen sind, ist, dass bis jetzt in Luxemburg in dieser Hinsicht sehr wenig gemacht wird. Es besteht Nachholbedarf.

Was genau fällt im Sport eigentlich unter den Begriff Integrität?

Der Begriff, der in diesem Kontext immer wieder aufkommt, ist das Safeguarding. Das ist der Schutz vor allen Arten der Gewalt im Sport – sei es körperlich, psychisch, sexuell, psychologisch, Mobbing, Rassismus. Die Integrität ist ein sehr breites Themenfeld. Auch Manipulation und Korruption gehören dazu. 

Safeguarding: Alle Sportler, von jung bis alt, sollen in einer sicheren Umgebung Sport treiben können
Safeguarding: Alle Sportler, von jung bis alt, sollen in einer sicheren Umgebung Sport treiben können Foto: Editpress

Warum ist die ALAD die richtige Organisation, um sich dieses Themas anzunehmen?

In anderen Ländern aus Europa, aber auch in Kanada und Australien haben nationale Antidopingagenturen bereits die Transition zu einer Integritäts-Agentur gemacht. Daran inspirieren wir uns. Der Gedanke, den wir heute haben, ist, dass wir ab nächstem Jahr unsere Statuten anpassen und einen genauen Plan haben, auch finanziell, wie wir uns dafür aufstellen müssen. Das Ministerium hat dazu schon einen Budgetvorschlag von mir vorliegen, inklusive eines Entwicklungsplans über die nächsten drei Jahre. Darin ist vorgesehen, neue Leute einzustellen, die zusammen mit den Vereinen, Verbänden und dem COSL einen Rahmen ausarbeiten, der der Realität der verschiedenen Sportarten entspricht. Jede Sportart ist unterschiedlich. Und die Herangehensweisen müssen dem gerecht werden. Jeder Akteur im Sport soll einen angenehmen Rahmen haben, um sich zu engagieren. Seien das Kinder, Eltern, Trainer, Schiedsrichter, Amateursportler oder Elitesportler. 

Bedeutet das, dass sich die ALAD komplett neu aufstellen muss?

Die größte Herausforderung wird sein, nachher aufs Terrain zu gehen. Für unsere Antidoping-Arbeit haben wir aktuell 70 Athleten in unserer „groupe cible“. Dazu kommen 400 bis 500 Schüler im Sportlycée, mit denen wir regelmäßig Workshops machen, und etwa 1.000 Sportler in Luxemburg, die eventuell in eine Dopingkontrolle geraten könnten. Das ist relativ übersichtlich. Dafür reicht es, wenn wir intern zwei Leute haben. Unter das Integritätsprojekt fallen dagegen 150.000 Leute, die in Luxemburg eine Lizenz bei einem Verein haben. Hinzu kommen auch Personen, die beispielsweise ohne Lizenz einfach nur ins Fitnessstudio gehen, in einem Runningklub sind oder zusammen Radfahren. Da sprechen wir von insgesamt 200.000 Menschen. Wenn wir sie alle auf das Thema aufmerksam machen wollen, dann brauchen wir eine viel größere interne Mannschaft.

Ob es ein großes Integritätsproblem im luxemburgischen Sport gibt, wissen wir faktisch nicht. Es gibt keine Statistiken. Man darf aber nicht denken, dass es in Luxemburg fundamental anders ist als im Ausland, wo immer wieder Fälle ans Tageslicht kommen.

Loïc Hoscheit, über die Transition zur Integritätsagentur

Wie wird das Verfahren konkret aussehen, wenn ein Verstoß gemeldet wird?

Wie wir einem potenziellen Opfer helfen können, haben wir schon definiert. Wir sind in Kontakt mit Ärzten und gemeinnützigen Organisationen, die Erfahrung in dieser Hinsicht haben und sind dabei ein Netzwerk aufzubauen. Der professionelle psychologische Support soll nämlich nachher von anderen Akteuren übernommen werden. Dafür ist die ALAD nicht da. Wir sind aber da, um das zu organisieren und zu verhindern, dass es überhaupt zu Verstößen kommt. Eine Frage, die noch offen ist, ist, wie wir mit den Leuten umgehen, denen etwas vorgeworfen wird. Man muss sagen, dass zunächst immer die Unschuldsvermutung gilt. Die Aufgabe der ALAD wird es sein, sich fachlich und sachlich mit dem Fall auseinanderzusetzen und zu prüfen, was genau passiert ist. Danach kommt der Punkt, bei dem wir noch unentschieden sind. Für den weiteren Verlauf gibt es zwei Wege. Unsere Kollegen aus Kanada nehmen beispielsweise die ganze Verantwortung auf sich. Sie machen eine Untersuchung und sprechen anschließend eine Strafe aus. In Australien gibt es eine andere Herangehensweise. Die Agentur macht ihre Untersuchung und gibt danach die Verantwortung an die Sportverbände weiter, die dann über eine Strafe entscheiden. Wir brauchen da noch Zeit, um zu entscheiden, was für uns das richtige Modell ist. 

Wie groß ist Ihrer Meinung nach das Integritätsproblem im luxemburgischen Sport?

Ob es ein großes Integritätsproblem im luxemburgischen Sport gibt, wissen wir faktisch nicht. Es gibt keine Statistiken. Man darf aber nicht denken, dass es in Luxemburg fundamental anders ist als im Ausland, wo immer wieder Fälle durch die Presse ans Tageslicht kommen. Wir haben die gleichen Strukturen. Wir haben Vereine, Verbände und Sportler. Die Elemente, die es im Ausland gibt, gibt es auch bei uns. Deswegen gehe ich nicht davon aus, dass es diese Problematik in Luxemburg gar nicht gibt. Wir sind dabei, eine Studie zu organisieren, um eine Basis zu haben.

Wird die ALAD dann auch namentlich zur Integritätsagentur?

Ja, die ALAD wird einen neuen Namen bekommen. Wie genau dieser lauten wird, ist aber noch nicht festgelegt.

Loïc Hoscheit betreut als Direktor der ALAD die Transition zur Integritätsagentur
Loïc Hoscheit betreut als Direktor der ALAD die Transition zur Integritätsagentur Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Der Fokus wird daneben weiter auf der Dopingbekämpfung liegen. Aus der Bilanz 2023 der ALAD geht hervor, dass im vergangenen Jahr insgesamt 232 Tests durchgeführt wurden, die alle negativ ausfielen. Heißt das im Umkehrschluss, dass es in Luxemburg kein Doping-Problem gibt?

Unsere Kontrollen waren alle negativ, das stimmt. Ich will auch unseren Sportlern einen Dank aussprechen, weil sie sehr kooperativ sind, wenn es darum geht, Kontrollen zu machen. Es ist aber auch Realität – und das will ich nicht verneinen –, dass Kontrollen dazu dienen abzuschrecken und natürlich auch ein paar Leute, die unehrlich sind, zu überführen. Aber höchstwahrscheinlich nicht alle. Ich will auf gar keinen Fall jemandem in Luxemburg etwas unterstellen, das ist aber international eine Feststellung. Von den weltweiten Kontrollen sind jedes Jahr 1 bis 1,5 Prozent positiv. Informelle Studien ergeben aber viel höhere Zahlen. Da gibt es ein Delta. Das ist die Realität. Um dieses zu minimieren, haben wir die Möglichkeit, Blut- und Urinproben während zehn Jahren einzufrieren. Es gibt Substanzen, die schon verboten sind, aber aktuell nur schwer nachweisbar sind. Wir haben deshalb die Möglichkeit, Proben nachtesten zu lassen, wenn es in den Labos neue Verfahren gibt, um sie nachzuweisen.

232 Tests in einem Jahr. Reicht das eigentlich aus?

Rund die Hälfte der Kontrollen sind sogenannte „contrôles inopinés“ bei Elitesportlern, wo morgens jemand bei ihnen an der Tür klingelt. Die WADA (Weltantidopingagentur) empfiehlt, dass wir sie dreimal im Jahr so unangemeldet testen. Dazu kommen aber noch Kontrollen bei ihren Wettkämpfen im Ausland oder auch noch welche von ihrem internationalen Verband. Es gibt in Luxemburg Topsportler, die in einem Jahr zehn bis 20 Mal kontrolliert werden. Der Elitesport ist damit gut abgedeckt. Wo ich persönlich in Zukunft aber genauer hinschauen will, ist der ambitionierte Amateursport in Luxemburg, wie Fußball, Basketball und Handball. Es gibt hier Sportler, die das professionell oder semiprofessionell machen. Da fließt Geld in den Sport – und sobald man diesen finanziellen Aspekt hat, hat man leider manchmal auch den Drang dazu, die Leistung vielleicht über unehrliche Art und Weise zu steigern. Dann gibt es auch noch die Nationalmannschaften, die ins Ausland reisen. Die Sportler sind hier nicht immer gut über die ganze Prozedur einer Dopingkontrolle aufgeklärt, weil sie vielleicht auch in Luxemburg noch nie eine mitgemacht haben. Wir möchten deswegen noch mehr mit den Verbänden und ihren Sportlern zusammenarbeiten, um ihnen zu erklären, wie genau das System funktioniert, damit Kontrollen zur Normalität werden. Eine Dopingkontrolle soll keine schlechte Erfahrung sein.

Wie sieht es mit Kontrollen im Breitensport aus?

Der Missbrauch von Medikamenten im Breitensport ist in meinen Augen ein reales Problem für die öffentliche Gesundheit. Die Leute machen Sport, weil es gut für ihre Gesundheit ist. Ganz oft sagt man ihnen aber nicht, wie sie Sport machen sollen. Die Folgen sind Verletzungen. Sie gehen dann vielleicht zum Arzt oder Physiotherapeuten – wollen aber unbedingt weitermachen und greifen deswegen zu Medikamenten. Andere steigern sich in eine Logik hinein, in der sie immer mehr wollen. Nehmen wir das Beispiel von einem Hobbyläufer. Er läuft zehn Kilometer. Irgendwann reicht ihm das nicht mehr aus, dann kommt der Semi und irgendwann der Marathon. Natürlich ist es super, wenn man sich selbst so pusht. Leider wird aber hier international festgestellt, dass im Amateursport oft leistungssteigernde Mittel genommen werden, obwohl nichts daran hängt: keine finanzielle Belohnung und auch keine größere Anerkennung. Es ist der persönliche Erfolg – aber auf welche Kosten? Ein gesunder Mensch nimmt Mittel, die eigentlich für einen kranken Menschen gedacht sind, um seine Leistung zu steigern. Das kann nur negative Konsequenzen haben. Das ist ein Bereich, den wir bisher gar nicht abdecken, wo ich aber das Gefühl habe, dass das Sport- und Gesundheitsministerium auch noch viel enger zusammenarbeiten können, um nationale Kampagnen auf die Beine zu stellen. Wir sagen den Leuten, sie sollen nicht trinken und fahren, wir sagen ihnen, dass es ungesund ist zu rauchen – in meinen Augen müssen wir den Leuten auch sagen: Greift nicht auf Medikamente zurück, um im Sport die Leistung zu steigern oder überhaupt auf dem Platz zu stehen. Das ist auch für die Gesellschaft nicht gut. In ein paar Jahren haben dadurch immer mehr Menschen Herz- oder Niederprobleme oder andere gesundheitliche Probleme. Dann liegt eine riesige Last auf der „Sécurité sociale“. Das ist ein Thema, das ich gerne aufarbeiten möchte.

 Die ALAD hat im vergangenen Jahr 232 Dopingtests durchgeführt, die alle negativ ausfielen
Die ALAD hat im vergangenen Jahr 232 Dopingtests durchgeführt, die alle negativ ausfielen Foto: AFP/Michele Limina

Am Sonntag gingen die Olympischen Spiele 2024 in Paris zu Ende. Mit dabei waren 13 luxemburgische Athleten. Was bedeutet dieses größte Sportevent der Welt eigentlich für die ALAD?

Wir haben Anfang des Jahres eine Gruppe von Sportlern identifiziert, die sich eventuell für die Olympischen Spiele qualifizieren wird. Das waren ungefähr 25. Wir haben dann in den Monaten vor den Spielen etwas näher auf sie geschaut und sie auch ein bisschen öfter kontrolliert, als üblich. Bei den Spielen in Paris waren wir als ALAD dann nicht mehr verantwortlich. Vor Ort sind die Kontrollen in der Verantwortung der ITA (International Testing Agency). Sie koordinieren das Kontrollprogramm und führen es durch. Das ist eine unabhängige Instanz.

Der Code der ALAD, der auf dem „Code mondial antidopage“ basiert, gibt zwei Jahre Sperre vor

Loïc Hoscheit, über die Untersuchung gegen einen luxemburgischen Sportler, der gegen Artikel 2.4 des Antidopingcodes verstoßen hat

In der vergangenen Woche bestätigten Sie, dass gegen einen luxemburgischen Sportler, der nicht in Paris dabei war, ein Verfahren wegen des Verstoßes gegen Artikel 2.4 des Antidopingcodes eröffnet wurde. Können Sie erklären, worum es sich bei diesem Vergehen handelt?

Wir haben eine „groupe cible de côntrole“ von etwa 70 luxemburgischen Athleten, die Sport auf höchstem Niveau machen. Der Artikel 2.4 besagt, dass diese Sportler uns gegenüber eine Verpflichtung haben, ihre Standortdaten mitzuteilen, aus dem Grund, dass wir sie antreffen müssen, wenn wir sie kontrollieren wollen. Ein Sportler aus dieser Gruppe muss deswegen am letzten Tag jedes Trimesters seine Informationen für die kommenden drei Monate über eine App bei uns einreichen. Die Athleten können diese natürlich im Laufe des Trimesters noch anpassen, falls sich ihre Pläne kurzfristig ändern. Dies können sie quasi bis zur letzten Sekunde machen. Wir brauchen aber konkret pro Tag eine Adresse, wo der Athlet während mindestens einer Stunde anzutreffen ist, falls wir eine Kontrolle durchführen wollen. Im Rahmen dieses Artikels kann man einem Sportler zwei Dinge vorwerfen: Das erste ist eine „filing failure“. In diesem Fall liegen uns die Informationen gar nicht vor oder nicht komplett. Das zweite ist ein „no show“. Das heißt, es ist alles korrekt eingetragen, aber wenn wir kontrollieren, ist der Athlet nicht an der vorgegebenen Adresse anzutreffen. Bei dem jetzigen Fall handelt es sich um einen Sportler, der über die letzten zwölf Monate drei solcher Verfehlungen gesammelt hat. Eine Verfehlung ist ok, das kann vorkommen. Deswegen hat man zwei Joker. Beim Dritten müssen wir dann aber durchgreifen.

Aus dem letzten Jahresbericht der ALAD geht hervor, dass es 2023 insgesamt zehn „no shows“ und zwölf „filing failures“ gab. Als wie groß betrachten Sie dieses Problem?

Ich finde persönlich, dass das sehr viele sind. Wir sprechen hier von ambitionierten Athleten, die Sport auf höchstem Niveau machen. Sie organisieren ihr Leben um den Sport, arbeiten mit professionellen Trainern und werden von ihren Verbänden und dem COSL unterstützt. Da finde ich es als Direktor der Antidopingagentur gefährlich und schade für die Sportler, wenn sie einen solchen Fehler machen. Man wirft ihnen im Endeffekt nicht vor, gedopt oder eine illegale Methode benutzt zu haben. Es geht nur darum, dass sie vielleicht aus Leichtfertigkeit diese Informationen nicht richtig eingetragen haben, eine Sperre riskieren und so einen Teil ihrer Karriere aufs Spiel setzen. 

Mit welcher Strafe muss der Sportler, der dreimal gegen den Artikel 2.4 verstoßen hat, rechnen?

Der Code der ALAD, der auf dem „Code mondial antidopage“ basiert, gibt zwei Jahre Sperre vor. 

Loïc Hoscheit sieht beim Thema Integrität im luxemburgischen Sport Nachholbedarf
Loïc Hoscheit sieht beim Thema Integrität im luxemburgischen Sport Nachholbedarf Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Derzeit befasst sich der „Conseil de discipline du dopage“ (CDD) mit dem Fall. Wie genau sieht der Ablauf der Untersuchung aus, bis es zu einer Entscheidung kommt?

Die ALAD macht eine erste unangemeldete Kontrolle. Wenn ein Verstoß festgestellt wird, leiten wir eine Prozedur ein. Wir informieren den Sportler und sagen ihm genau, was ihm vorgeworfen wird. Er hat das Recht, sich zu erklären. Ein möglicher Schritt der ALAD ist es dann zu sagen: Ok, diese Erklärung können wir nachvollziehen. Der Sportler war aus gutem Grund nicht anzutreffen und er kann es auch beweisen. Wenn er uns aber keinen guten Grund, beispielsweise einen Notfall, beweisen kann, bleibt uns nichts anderes übrig als eine Verfehlung aufzuschreiben. Nach der dritten Verfehlung hat die ALAD dann die Möglichkeit, zu prüfen, ob der Sportler seine Fehler ungewollt gemacht hat und keine offensichtliche Täuschung vorliegt. Ist das der Fall und der Sportler ist einsichtig, kann die ALAD über Artikel 10.8.2 einen „accord de règlement“ vorschlagen und die potenzielle Strafe um die Hälfte reduzieren. Wenn der Sportler nicht kooperiert, respektive die Antidopingagentur das nicht vorschlagen will, dann wird eine unabhängige Instanz einberufen, die CDD. Diese hört sich dann alle Seiten an und trifft danach eine Entscheidung. 

Wenn man schweigt, besteht sofort der Verdacht, dass man etwas vertuschen will

Loïc Hoscheit, über die WADA

Kommen wir noch einmal auf die Olympischen Spiele zurück. In Paris hat ein Massendoping-Verdacht aus China für viel Diskussionsstoff gesorgt. Laut Recherchen der ARD und der New York Times wurden 2021 23 chinesische Schwimmer positiv auf das Herzmittel Trimetazidin getestet. Eine Reihe von ihnen hat 2021 in Tokio und jetzt auch in Paris Medaillen gewonnen. Die WADA verzichtet auf eine eigene Untersuchung und vertraut dem Bericht der chinesischen Antidopingagentur, der ergab, dass die 23 Schwimmer beim Essen in einem Hotel mit dem Mittel in Kontakt kamen. Es gab daraufhin aus vielen Ländern Kritik. Wie steht die ALAD dazu?

Die ALAD kann sich nur den Stimmen aller anderen nationalen Antidopingagenturen anschließen, die fordern, dass eine unabhängige Untersuchung durchgeführt wird. Im Interesse von allen würden auch wir die WADA dazu aufrufen, die Fakten auf den Tisch zu legen, sodass jeder sehen kann, was genau passiert ist. Denn es ist genau das, was man ihnen vorwirft: Dass sie den Fall nicht öffentlich gemacht haben und dass sie nicht transparent waren. Das ist eigentlich der Aspekt der ganzen Antidopingarbeit: Wenn man schweigt, besteht sofort der Verdacht, dass man etwas vertuschen will.

China hat danach zurückgeschlagen und die USA des „systematischen Dopings“ beschuldigt. Die ARD spricht von einer „Glaubwürdigkeitskrise“ des Kampfes gegen Doping. Würden Sie auch so weit gehen?

Ich kann nur für die ALAD sprechen und dem Luxemburger Publikum garantieren, dass wir hier mit dem höchsten Niveau an Integrität und Transparenz arbeiten, das man sich vorstellen kann. Wir verfahren strikt nach den Regeln und vertuschen nichts. Was das Internationale betrifft, ist das, denke ich, ein breiteres Thema als nur der Fall der chinesischen Schwimmer. Wenn man historisch zurückblickt, kommen immer wieder neue Dopingskandale ans Tageslicht. Rezent ist noch der Staatsdopingskandal in Russland, der aufgearbeitet wurde und uns im Nachhinein auch vorangebracht hat. Prozeduren wurden angepasst, Netzwerke aufgebrochen und Leute, die unehrlich sind, aus dem System genommen. In dem Kontext kann man nicht bestreiten, dass es eine schwere Arbeit ist und dass es auch schwer für das Publikum ist, blindes Vertrauen in die Sportler zu haben. Ich will aber unterstreichen, dass sich sehr viele Menschen in der internationalen Sportwelt für sauberen und fairen Sport einsetzen. 

Zur Person

Loïc Hoscheit ist seit Oktober 2023 Direktor der luxemburgischen Antidopingagentur (ALAD). Der heute 34-Jährige spielte in seiner Jugend Handball und war Schüler der Sportklasse des Lycée Aline Mayrisch, ehe er in Paris Sportmarketing und Management studierte. In seiner beruflichen Laufbahn sammelte er anschließend über fast zehn Jahre Erfahrung im Sport, unter anderem bei „Amaury Sport Organisation“, dem Veranstalter von Großevents wie der Tour de France, und zuletzt bei dem französischen Unternehmen Winamax.

JJ
14. August 2024 - 11.05

"Nachholbedarf" Aber hallo. Seit Ewigkeiten hinken die Kontrolleure hinterher. Armstrong als Paradebeispiel? Heute wird Kohlenmonoxyd inhaliert.Unter ärztlicher Aufsicht!! Zeugenaussagen der Tour bestätigen ,unter den 10 Ersten ist keiner clean sonst bist du nicht dabei.