GipfeltreffenEU-Chefs werden Brüsseler Topjobs vergeben

Gipfeltreffen / EU-Chefs werden Brüsseler Topjobs vergeben
Beim letzten Gipfeltreffen kam EU-Ratspräsident Charles Michel noch mit leeren Händen aus der Sitzung, in diesen Tagen nun wollen sich die 27 auf die Topjobs in Brüssel einigen Foto: Nick Gammon/AFP

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Die EU will bei einem Gipfeltreffen drei Brüsseler Topjobs vergeben. Doch das Personalpaket, das sechs EU-Chefs geschnürt haben, ist umstritten. Vor allem Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen muss sich Sorgen machen.

Auf Ursula von der Leyen folgt – Ursula von der Leyen. Die EVP-Politikerin soll auch in den kommenden fünf Jahren die EU-Kommission führen und damit die mächtigste Frau in Europa bleiben. Darauf haben sich, rund zwei Wochen nach der Europawahl, sechs Staats- und Regierungschefs der EU geeinigt. Sie wollen ihr Personalpaket beim Gipfeltreffen am Donnerstag in Brüssel präsentieren.

Zu dem Deal, den der deutsche Kanzler Olaf Scholz, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und vier weitere EU-Politiker im Namen der drei großen Parteienfamilien (Konservative, Sozialdemokraten und Liberale) ausgehandelt haben, zählen noch zwei weitere Topjobs: Der Portugiese Antonio Costa soll ständiger Ratspräsident werden, die Estin Kaja Kallas bekommt den Job der EU-Außenbeauftragten.

Costa gilt als jovialer und ausgleichender Politiker; der frühere portugiesische Regierungschef soll künftig die EU-Gipfel vorbereiten und Kompromisse suchen. Kallas eilt hingegen der Ruf voraus, kompromisslos zu sein – vor allem, wenn es um Russland und den Krieg in der Ukraine geht. Sie soll die Interessen der Balten und der Osteuropäer vertreten, Costa dürfte mehr für Südeuropa sprechen.

Mit dem Ergebnis der Europawahl hat dieses Paket wenig zu tun, die Posten wurden nach parteipolitischem Proporz vergeben. Von der Leyen steht für die konservative Europäische Volkspartei EVP, Costa für die Sozialdemokraten, Kallas für die Liberalen. Die Rechtspopulisten von den „Europäischen Konservativen und Reformern“ (EKR) wurden nicht berücksichtigt, obwohl sie stärker geworden sind.

Ist das demokratisch? Und kann das gut gehen? Das ist die Frage, die den bereits zweiten EU-Gipfel nach der Europawahl beherrschen dürfte. Beim ersten Spitzentreffen vor zehn Tagen waren sich die EU-Chefs noch nicht einig geworden. Beim zweiten Anlauf stehen die Chancen besser.

Denn die sechs Länder, die das Personalpaket geschnürt haben, verfügen unter den 27 Mitgliedsstaaten über die nötige qualifizierte Mehrheit. Sie sehen sich nicht nur als Cheerleader für von der Leyen, sondern auch als Speerspitze der „Pro-Europäer“, die Populisten und Nationalisten widerstehen und die EU auf Kurs halten.

Es könnte eng werden

Doch zumindest zwei Verhandlungsführer – Macron und der niederländische Premier Mark Rutte – sind angeschlagen. Macron hat die Europawahl in Frankreich gegen die Nationalisten krachend verloren und hat deshalb Neuwahlen ausgerufen, die der EU große Sorgen bereiten. Und Rutte wurde am Mittwoch zum neuen NATO-Generalsekretär ernannt. Er kann schwerlich noch für die Niederlande sprechen.

Außerdem wäre da noch die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni. Ihre „Fratelli d’Italia“ haben bei der Europawahl hinzugewonnen, auch ihre Parteienfamilie – die EKR – wurde gestärkt. Meloni könnte den Deal infrage stellen und den Gipfel stören. Sie werde die „Oligarchie“ in der EU genauso bekämpfen wie daheim in Italien, drohte Meloni am Mittwoch im italienischen Parlament.

Probleme dürften auch Ungarn und die Slowakei bereiten, die ebenfalls nicht eingebunden wurden. Scholz warnte denn auch. „Wir dürfen uns keine Hängepartie in diesen schwierigen Zeiten leisten“, sagte der Kanzler am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Bundestag.

Doch selbst wenn alles gut geht, gibt es noch ein weiteres Problem: Das Europaparlament muss von der Leyens zweiter Amtszeit als Kommissionschefin zustimmen. Konservative, Sozialdemokraten und Liberale verfügen zwar rechnerisch über eine knappe Mehrheit. Doch da es in der Straßburger Kammer keine Fraktionsdisziplin gibt und von der Leyen viele Gegner hat, könnte es eng werden.