Frankreich-WahlEU- und migrantenfeindlich: das Wahlprogramm des Rassemblement national

Frankreich-Wahl / EU- und migrantenfeindlich: das Wahlprogramm des Rassemblement national
Zerrissenes Wahlplakat mit RN-Chef Jordan Bardella: Die Rechtspopulisten haben ihr Wahlprogramm mehrfach leicht umgeändert Foto: AFP/Philippe Lopez

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Die Rechtsaußen-Partei Rassemblement national hat während des Wahlkampfs ihr Programm leicht geschliffen. Grundsätzlich ist es weiterhin von europa- und migrantenfeindlichen Haltungen geprägt und enthält mehrere teure Wahlversprechen. Parteichef Jordan Bardella verbreitete am Dienstag eine zwölfseitige Broschüre mit dem Titel „Bardella Premierminister“. Darin ist ein Foto zu sehen, das den Linkshänder beim Verfassen seines Programms mit einem Vierfarbkugelschreiber zeigt. Ein Überblick.


Kaufkraft

Zum Thema, das die Franzosen bei der Parlamentswahl am meisten interessiert, schlägt der RN eine Senkung der Mehrwertsteuer von 20 auf 5,5 Prozent auf Energie und Treibstoff vor. Diese will er noch in diesem Sommer umsetzen – ungeachtet der Tatsache, dass dies gegen EU-Regeln verstößt. Das Wirtschaftsministerium schätzt die Kosten dafür auf 17 Milliarden Euro im Jahr. Finanzieren will der RN dies unter anderem durch verringerte Beiträge Frankreichs zum EU-Haushalt und die Abschaffung eines Steuervorteils für Reedereien.

Zudem sollen Arbeitgeber geringe Löhne abgabenfrei um bis zu zehn Prozent erhöhen können. Junge Menschen unter 30 sollen komplett von der Einkommenssteuer befreit werden. Der RN will außerdem die Erbschaftssteuer für Familien mit geringem und mittlerem Einkommen abschaffen. Bardella warf der Regierung im Wahlkampf vor, marode Staatsfinanzen zu hinterlassen und kündigte eine Überprüfung an. Diese könnte später als Vorwand dienen, manche der Versprechen zu verschieben oder zu kippen.


Rentenreform

Die von Präsident Emmanuel Macron durchgesetzte Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre will der RN rückgängig machen – allerdings nicht sofort. Von ihrer früheren Forderung nach einer Rente mit 60 hatte die damalige Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen sich 2022 verabschiedet.


International

Der RN hat im Wahlkampf versucht, seine frühere Nähe zu Russland vergessen zu machen: etwa Le Pens Handschlag mit Putin im Kreml 2017, nachdem die Rechtspopulistin die russische Annexion der Krim für legal erklärt hatte, oder den Millionenkredit einer russischen Bank, der inzwischen zurückgezahlt ist. Bardella will weiter Waffen in die Ukraine liefern, aber keine Langstreckenwaffen. Eine Entsendung französischer Militärberater schließt er im Unterschied zu Macron aus. Eine Mitgliedschaft der Ukraine in der EU oder der NATO lehnt er ab.

Im Wahlkampf machten Bardella und Le Pen deutlich, dass sie bei Außen- und Verteidigungspolitik mitreden wollen – etwa bei der Ernennung des französischen EU-Kommissars. Diese Bereiche hatte Macron bislang weitgehend für sich beansprucht. In der französischen Verfassung sind die Zuständigkeiten nicht klar abgegrenzt. Frühere Pläne der Partei für einen Ausstieg aus der EU, dem integrierten Kommando der NATO oder aus gemeinsamen Rüstungsprojekten sind geschreddert. Allerdings will der RN die EU zu einer lockeren Gemeinschaft der Nationen umbilden, weniger einzahlen und Freihandelsabkommen einfrieren.


Einwanderung

Beim klassischen Thema der Rechtspopulisten finden sich altbekannte Forderungen: eine Beschränkung der illegalen und legalen Einwanderung, höhere Hürden für den Familiennachzug, geringere Hürden für Abschiebungen, ein Ende der medizinischen Grundversorgung von Migranten, eingeschränkte Bewegungsfreiheit für Nicht-EU-Ausländer, ein Ende des Rechts auf die französische Staatsangehörigkeit für Kinder ausländischer Eltern, die in Frankreich geboren werden und dort aufwachsen. In vielen Fällen gilt deren Umsetzung als unrealistisch. Manche Sozialleistungen sollen gestrichen werden, auch für Migranten, die Steuern zahlen.

Der RN hatte außerdem Aufsehen erregt mit geplanten Berufsverboten für Franzosen mit doppelter Staatsangehörigkeit. Laut Le Pen soll dies zunächst wenige „sensible“ Posten betreffen – könnte aber je nach geopolitischer Lage angepasst werden. Grundsätzlich soll eine „nationale Priorität“ gelten, also die Bevorzugung von Franzosen, etwa bei der Vergabe von Sozialwohnungen, Jobs, Aufträgen.


Umwelt und Klima

Zu dem Thema hat der RN eher wenig zu sagen. Der Stopp des Ausbaus erneuerbarer Energien und der Rückbau von Windparks, der seit langem im Wahlprogramm steht, wird im „Regierungsprogramm“ nicht erwähnt. In jedem Fall soll Atomkraft gefördert werden. Der RN will das EU-weite Verbot von Verbrenner-Autos ab 2035 wieder aufheben. Der RN will eine „bestrafende Umweltpolitik“ verhindern.


Schulen

Bardella hat einen „Bigbang“ der Autorität angekündigt: Das bedeutet ein Handy-Verbot bis zum Abitur, Schuluniformen ab der Grundschule und die Abschaffung der einheitlichen Mittelschule zugunsten eines mehrgliedrigen Schulsystems nach deutschem Vorbild.


Verfassung

Bardella hat mehrfach betont, dass er der Verfassung treu bleiben will. Zugleich will er sie aber ändern, um etwa die Bevorzugung von Franzosen zu verankern. Über künftige Änderungen der Verfassung soll dann nicht mehr mit einer Dreifünftel-Mehrheit des Parlaments, sondern per Volksentscheid entschieden werden. (AFP)