Europäische Arbeitslosen-Kasse bringt Juncker in Verlegenheit

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Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel blockiert eine europapolitische Initiative von Finanzminister Olaf Scholz. Das bringt nun auch Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Verlegenheit.

Von unserem Korrespondenten Eric Bonse

Die EU will sich besser gegen Wirtschaftskrisen wappnen. Das hat der EU-Gipfel im Dezember beschlossen – im Prinzip. Doch sobald es konkret wird, gibt es Streit, wie sich am Beispiel einer europäischen Arbeitslosenkasse zeigt. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sah sich sogar zu einem peinlichen Dementi genötigt.

Es sei nicht richtig, dass Juncker eine europäische Arbeitslosenversicherung „wolle“ oder „fordere“, teilte die EU-Kommission am Wochenende in einer ungewöhnlichen „Klarstellung“ mit. Der Luxemburger erhebe keineswegs die „Forderung nach einem neuen Kriseninstrument“, betonte eine Sprecherin. Entsprechende Berichte seien falsch.
Juncker habe vielmehr „einen Mechanismus für die Abfederung von asymmetrischen, externen Schocks vorgeschlagen, der auch Rückversicherungen für nationale Arbeitslosenversicherungen beinhalten kann“.

Verwirrung

Das klingt nicht nur verwirrend – es ist es auch. Denn im Kern geht es sehr wohl um eine europäische Arbeitslosen-Kasse, wie sie seit Jahren in Brüssel diskutiert wird. Länder, die unverschuldet in eine Krise rutschen, sollen – so die Idee – weiter Arbeitslosengeld zahlen können und nicht gezwungen werden, die Hilfen aus Geldmangel zu kürzen.

Als Vorbild gilt Deutschland. Anders als andere EU-Länder strich die Bundesregierung in der Finanzkrise vor zehn Jahren nicht die Hilfen für Arbeitslose zusammen. Es gab auch keine Massenentlassungen – die Arbeitnehmer wurden mit Kurzarbeitergeld über Wasser gehalten. Dies half Deutschland dabei, besser durch die Krise zu kommen als die meisten anderen Länder.

Die EU will dieses Modell nun nutzen, um sich auf künftige Schocks vorzubereiten. Deutschlands Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat sogar bereits einen Vorschlag vorgelegt. Er plant eine europäische Arbeitslosen-Rückversicherung. Dabei würden die EU-Länder nicht direkt für die Arbeitslosen in anderen Staaten aufkommen, sondern ihre nationalen Arbeitslosen-Kassen wechselseitig absichern.

Scholz will damit dem Einwand vorbeugen, er plane eine „Transferunion“ auf Kosten der deutschen Steuerzahler. Kurz vor dem EU-Gipfel im Dezember bekräftigte er seine Idee. Er werde dafür auf EU-Ebene werben, sagte der SPD-Politiker, einige Unterstützer habe er schon gefunden. Doch ausgerechnet Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trat auf die Bremse. Sie verhinderte, dass Scholz’ Vorschlag auf die offizielle EU-Reformagenda kam.

Hat Merkel nun auch Juncker in die Schranken gewiesen? Der Verdacht liegt nahe, doch beweisen lässt es sich nicht. Klar ist nur, dass der Streit weitergeht. Scholz hat gerade erst den ehemaligen Europaabgeordneten Jakob von Weizsäcker zum neuen Chef der Grundsatzabteilung im Bundesfinanzministerium ernannt – er ist einer der Vordenker der europäischen Arbeitslosen-Versicherung.

Auch in Brüssel wird weiter gestritten. „Wir setzen uns für eine europäische Arbeitslosenrückversicherung ein, um Europas Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch in schweren Krisen abzusichern“, erklärt Jens Geier, Chef der SPD-Gruppe im Europaparlament. Auch Deutschland werde es besser gehen, „wenn sich die Menschen in anderen EU-Staaten unsere Waren leisten können, weil sie aus einem Tief schneller wieder auf die Beine kommen.“ Der Europawahlkampf ist eröffnet – und die Arbeitslosen-Kasse dürfte dabei einen prominenten Platz einnehmen.