US-WahlkampfFake News und Boykottaufrufe machen Netflix und Google zu schaffen

US-Wahlkampf / Fake News und Boykottaufrufe machen Netflix und Google zu schaffen
Der Netflix-Fall zeige auch, wie schnell sich Desinformationskampagnen verbreiten Foto: Tageblatt-Archiv

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Ein paar gut platzierte falsche Anschuldigungen – und schon folgt der Boykottaufruf: Die aufgeheizte Stimmung im US-Wahlkampf wird zum potenziell geschäftsschädigenden Umfeld für die dortigen Firmen. Getroffen hat es zuletzt die Schwergewichte Netflix und Google, denen vorgeworfen wurde, im großen Stil die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris zu bevorzugen oder zu unterstützen. Im Zentrum steht einmal mehr Elon Musks mittlerweile umstrittene Plattform X.

Dem Streamingdienst Netflix wurde kürzlich eine angebliche Spende des Unternehmens in Höhe von sieben Millionen Dollar an das Wahlkampfteam von Harris zum Verhängnis. „BYE BYE Netflix! Kündigt noch heute“ hieß es daraufhin in Aufrufen zum Boykott, die auf X und anderen Plattformen wie Facebook, Tiktok und Instagram geteilt wurden. Nutzerinnen und Nutzer zeigten Screenshots mit Kündigungen ihrer Abos.

Netflix selbst teilte mit, es habe gar keine Spende des Unternehmens gegeben. Vielmehr handle es sich um eine private Gabe von Mitgründer Reed Hastings, der als Unterstützer der Demokraten gilt, an eine Lobbygruppe, die wiederum Parteien, Politiker und Wahlkampagnen unterstützt. Es gebe „keine Verbindung zu Netflix“.

Doch diese Feinheiten interessieren im Zweifel nicht. Fast ein Viertel der auf X veröffentlichten Boykottaufrufe führten zu gefälschten Accounts, die im zurückliegenden Jahr mit ihrer Unterstützung für Donald Trump auffielen, wie die auf Falschinformationen spezialisierte Firma Cyabra herausfand. X-Eigentümer Musk ist erklärter Trump-Fan.

Der Netflix-Fall zeige nicht nur, wie schnell sich Desinformationskampagnen verbreiten und „hunderte Millionen Menschen erreichen“ könnten, sagte Cyabra-Chef Dan Brahmy AFP. Er demonstriere auch, wie sehr solche Anschuldigungen die öffentliche Meinung und das Verhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher manipulieren könnten. Marken und Firmen müssten „wachsam“ sein.

Chaos und Misstrauen durch Desinformation

Die aufgeheizte Wahlkampfstimmung bekam auch Google zu spüren. Der Vorwurf: Der Internetriese würde nicht nur Wahlkampfinhalte im Netz zensieren, sondern auch Suchmaschinenergebnisse manipulieren – jeweils zugunsten von Harris. Cyabra identifizierte erneut hunderte Fake-Accounts auf X, die den Boykottaufruf gegen Google mit der Empfehlung einer anderen Suchmaschine verbanden.

Musk, der Google schon öfter kritisierte, spielte dabei eine „entscheidende Rolle“, sagte Cyabra. So schrieb er im Juli ohne jeden Beweis: „Wow, Google hat ein Suchverbot für Donald Trump! Wahlbeeinflussung?“ Google reagierte nicht auf eine Anfrage zu den Vorwürfen und dem Schaden der Boykottaufrufe.

Dass politische Äußerungen von Firmen generell heikel sind, zeigt auch eine Anfang August veröffentlichte Umfrage des Portals „Sitejabber“. Dort gaben 30 Prozent der Befragten an, in den vergangenen zwölf Monaten eine Marke aus politischen Gründen boykottiert zu haben. 41 Prozent sind der Meinung, Firmen sollten ihre politischen Positionen für sich behalten.

Ein „heikler Balanceakt“ sei das in diesem Jahr für Firmen in den USA, sagte der Chef von „Sitejabber“, Michael Lai, zu AFP. Gänzlich unpolitisch zu bleiben, könne zwar als sicher gelten, aber Firmen müssten verstehen, „dass selbst Neutralität als Position interpretiert werden kann“.

Andere Umfragen wiederum ergaben, dass Verbraucherinnen und Verbraucher durchaus auch Schuld bei den Firmen selbst sehen, wenn diese ihre Werbung in der Nähe von polarisierendem oder gefälschtem Inhalt platzieren. Nicht wenige Werbetreibende zogen sich aus diesen Gründen von X zurück, nachdem Musk die Plattform 2022 übernommen hatte und in der Folge moderierte Inhalte zurückfuhr und gesperrte Accounts freigab, die dann wieder zweifelhaften Inhalt verbreiteten.

„Desinformation führt zu Chaos und Misstrauen“, sagt Claire Atkin von der Beobachtungsseite „Check My Ads“, Firmen profitierten aber vor allem von einer gut informierten Öffentlichkeit. Werbetreibende hätten zugelassen, dass Techfirmen ihre Werbung in die Hände „bösartiger Akteure“ geben, führte sie mit Blick auf Anzeigen etwa bei X aus. „Und nun sehen wir leider die Konsequenzen.“

porcedda daniel m
22. August 2024 - 12.38

Eine politische Meinung zu äußern ist von der Meinungsfreiheit in den USA ebenso gedeckt wie in anderen demokratischen Ländern, sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen. Jedoch offensichtlich und bewusst Lügen über Social Media zu verbreiten, entspricht einer Gratwanderung im rechtlichen Graubereich.

Wer den RNC (Republican national Convention, Parteitag) Mitte Juli dieses Jahres näher verfolgt hat, dazu die Berichterstattung des Propagandasenders Fox News, sowie einige Wortmeldungen von Elson Musk, muss ob der dreisten Lügengeschichten aus republikanischen Quellen schockiert sein.

Das hat sich nun während des aktuell stattfindenden DNC (Democratic National Convention) noch intensiviert. Die Kommentare seitens den Republikanern nahestehenden Medien und Personen überbieten sich in (leicht überprüfbaren) Lügen. Dazu reicht häufig das Herzuziehen offizieller Statistiken.

Der tägliche Hass und die Hetze, auch von Donald Trump himself, sind unerträglich. Dazu nutzt er vor allem Social Media, wo er Millionen Follower hat. Zusätzlich verschickt er täglich etliche E-Mails an alle Subscriber seiner Mailingliste. Wer wissen will, welch Lügen und oft haarsträubenden Schwachsinn Trump per E-Mail verbreitet, kann gelegentlich mal bei Meidastouch reinschauen, wo diese häufig thematisiert werden.

Die von den Social Media ausgehende Gefahr für die Demokratie wurde von den Demokraten erkannt, weshalb sie massiv in Werbemitteilungen (political advertising) eben gerade in Social Media investieren, um dem etwas entgegensetzen zu können. Vor allem auf Tik Tok, Instagram, Facebook, Youtube und sogar auf X, der Trumpisten-Plattform. Der politische „Kampf“ findet zu einem großen Teil online statt.

fraulein smilla
22. August 2024 - 9.48

Dass die vom Wokevirus geplagten Streamingdienste wie Netflix ein Herz fuer die woken Demokraten haben , ist doch keine Ueberraschung .