VëlosummerHätte, hätte, Fahrradkette: Wenn man sich eine schöne Radtour unnötig erschwert

Vëlosummer / Hätte, hätte, Fahrradkette: Wenn man sich eine schöne Radtour unnötig erschwert
Auf der Vëlosummer-Route „Mam Jangeli bei d’Kätti“ begegnet man der lokalen Berühmtheit „Maus Kätti“ Fotos: Editpress/Cédric Feyereisen

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Der „Vëlosummer“ ist gleich vorbei. Das Tageblatt hat sich am zweitletzten Wochenende die Route „Mam Jangeli bei d’Kätti“ angeschaut und festgestellt, dass man sich für die Reparatur eines Fahrrads bestenfalls Zeit lassen sollte.

 
   

Mit 42 km/h brettere ich auf holprigem Asphalt den Hügel hinunter. Weinreben zischen an mir vorbei. Zeit, die schöne Aussicht zu genießen, bleibt nicht. Für erfahrene Rennradfahrer ist das nicht schnell – für mich als Fahrrad-Pendler eher die Ausnahme. Also betätige ich die Bremse, um mit einem weniger aufregenden Tempo die Moselgegend zu erkundschaften. Dabei geben die Bremsen ein ungewöhnliches Schleifgeräusch von sich. Sie funktionieren, aber nach meinem vorigen Reparaturversuch traue ich meinem Fahrrad dann doch nicht so ganz. Immerhin klappert meine Radkette gerade nicht mehr.

Rückblick: Ein paar Stunden vor meinem Bergab-Manöver stehe ich auf dem Parkplatz eines Baumarkts und versuche den Fahrradschlauch des Hinterrads zu ersetzen. Obwohl ich seit ein paar Jahren mehrmals in der Woche mit meinem Fahrrad zur Arbeit fahre und Heimhandwerker bin, ist es das erste Mal, dass ich mich als Radmechaniker versuche. Mein Reifen hat schon länger einen Platten, die Reparatur habe ich bisher hinausgeschoben. Also kaufe ich um 8.00 Uhr am Samstagmorgen den Schlauch, repariere das Rad und stehe anderthalb Stunden später vor dem Remicher Freibad. Dunkelgraue Wolken hängen am Himmel, Regen ist nicht zu sehen. Ich bin um 9.30 Uhr endlich bereit für die knapp 26 Kilometer lange „Vëlosummer“-Radtour „Mam Jangeli bei d’Kätti“.  

 
   

Sofortige Steigung

Der beschilderte Weg führt zuerst an einem Feld vorbei, bevor er auf eine befahrene Straße mit einer leichten Steigung stößt. Sie ist nicht besonders steil, doch während der nächsten drei Kilometer geht es dort, wo früher die Schmalspurbahn „Jangeli“ verlief, konstant bergauf. Wirklich steile Steigungen muss ich an dem Samstag nicht bewältigen – kleinere Hügel sind allerdings Teil der Tour. Meine Anfänger-Beine fangen gerade an zu schmerzen, als die Kette plötzlich – ohne mein Einwirken – auf einen anderen Gang springt. Ich muss kurz die Balance wiederfinden und radle weiter. Das Klappern der Radkette feuert mich für den Rest des Anstiegs an.

Oben angekommen, lege ich eine kurze Pause ein, um mir mein selbstverschuldetes Werk anzusehen. Ich werkele kurz an der Kette, ohne wirklich zu wissen, was ich tue. Also trete ich mit ölbeschmierten Fingern wieder in die Pedalen, doch das Rattern lässt nicht nach. „Dann ist es nun eben so“, denke ich mir und versuche die Tour zu genießen. Schwer fällt das – trotz Radkettengesang – nicht: Grüne Felder und Weinreben werden kurz nach dem Pit-Stop von einem dichtbewachsenen Wald abgelöst. Saftiger Waldduft hängt in der Luft, die Temperatur ist perfekt und es gelingt mir trotz grau verhangenem Himmel etwas zu entspannen. Die Kulisse während der ganzen Tour ist schön – nicht atemberaubend, aber doch abwechslungsreich genug, damit man sich gerne beim Fahren umschaut.

Der Autobahn A13 begegnet man mehrmals während der Tour
Der Autobahn A13 begegnet man mehrmals während der Tour  

Zu der Abwechslung gehört leider auch die Autobahn A13. Die viel befahrene Straße verläuft neben einem Teil der Fahrradstrecke und begleitet mich – mitsamt Geräuschkulisse – bis nach Bürmeringen, wo die Maus Kätti auf mich wartet. Ich nehme ein kurzes Selfie mit der lokalen Berühmtheit und fahre weiter. Die Radkette gibt sich noch immer aufmüpfig, hindert mich allerdings nicht daran, die Fahrt zu genießen. Nach einer weiteren Autobahnbrücke führt die Tour über Feldwege in Richtung Remerschen. Ich erhasche einen Blick auf die Vorbereitungsarbeiten des „Crowfield Festival“, bevor ich an einer scheinbar unbeschilderten Gabelung nach links fahre. Obwohl das wie der natürliche Verlauf der Straße wirkt, dauert es nicht lange, bis ich meine Entscheidung hinterfrage. Der Weg war bisher immer gut beschildert. Also nehme ich das Mobiltelefon heraus und überprüfe kurz mithilfe der heruntergeladenen gpx-Datei, ob ich mich noch auf dem richtigen Pfad befinde. Die Antwort: nein. 

Zurück an der Gabelung entdecke ich die verblasste „Vëlosummer“-Markierung auf dem Asphalt. Sie ist kaum zu erkennen. Und ein paar Meter entfernt liegt das hellblaue Schild mitsamt Holzpfahl in der Wiese. Es ist das vierte Wochenende des „Vëlosummer“. Dass die Beschilderung nach einer Weile in Mitleidenschaft gerät, ist nicht ungewöhnlich. Bestenfalls sollten diese allerdings regelmäßig instand gesetzt werden.

Bergab nach bergauf

Also biege ich nach rechts ab. Und endlich, nach knapp anderthalb Stunden Radfahren, geht es erstmals richtig bergab. Weinreben erstrecken sich bis ins Tal, wo die Seen von Remerschen den grauen Himmel spiegeln. Zeit zum Bewundern der Aussicht bleibt nicht. Wie bereits erwähnt, brettere ich den Hügel hinunter. Die Bremsen geben trotz Gejammer nicht nach. Als ich unten ankomme, stoße ich einen Seufzer der Erleichterung aus. So schlecht waren meine Reparaturarbeiten anscheinend doch nicht.

Die gezeichnete Route führt wieder ohne Radweg über eine Straße. Insgesamt fährt man zwar meistens über Feldwege, trotzdem muss ich mir die Straße mehrmals mit Autos teilen. Die Beschilderung führt mich schlussendlich neben der Route du Vin zurück nach Remich, wo ich mir eine kurze Pause an der Esplanade an der Mosel gönne. Nach einem kleinen Snack fahre ich noch die letzten paar hundert Meter und komme schließlich gegen 12.00 Uhr am Parkplatz vor dem Remicher Freibad an. Zweieinhalb Stunden war ich mit Foto-, Snack- und Reparaturpausen unterwegs.

Kurze Pause kurz vor der Ziellinie: In Remich fährt man an der Esplanade vorbei
Kurze Pause kurz vor der Ziellinie: In Remich fährt man an der Esplanade vorbei  

Meine Beine sind schwer, doch wirklich ausgelaugt fühle ich mich nicht. Für Gelegenheitsfahrer ist die Strecke „Mam Jangeli bei d’Kätti“ ideal. Die Anstrengungen werden regelmäßig mit schönen Aussichten belohnt. Der Weg wird allerdings zu oft von Straßen unterbrochen, um wirklich zu beeindrucken. Die Beschilderung müsste vor dem kommenden – und letzten Wochenende – des „Vëlosummer“ noch einmal ausgebessert werden. Insgesamt war es trotzdem ein gelungener Morgen – und das trotz Probleme mit der Fahrradkette.

              
                

Unsere Serie zum „Vëlosummer“

Das Tageblatt fährt in insgesamt fünf wöchentlichen Serienteilen je eine „Vëlosummer“-Fahrradstrecke – und probiert sich dabei durch die fünf verschiedenen Schwierigkeitsgrade der Touren. Der Autor oder die Autorin schildert nach der Fahrt seine/ihre Eindrücke von der Strecke, damit unsere Leser sich ein Bild von den Schwierigkeitsstufen und der Art der jeweiligen Routen machen können. Nach Teil eins („Family Tour am Süden“), zwei („Wëlle Westen meets Beachdref“) und drei („VëloViaNorden“) folgt der vierte Teil „Mam Jangeli bei d’Kätti“. Alle Routen des „Vëlosummer 2024“ sind unter www.visitluxembourg.com/de/velosummer abrufbar.