EschAffäre „frEsch“: Kulturorganisation unterstellt der Presse Fehlinformationen

Esch / Affäre „frEsch“: Kulturorganisation unterstellt der Presse Fehlinformationen
Wie es im Dossier „frEsch“ weitergeht, ist derzeit ungewiss Foto: Editpress/Julien Garroy

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Die Kulturorganisation „frEsch“ sorgt weiter für Schlagzeilen: Nach einem Artikel von „Reporter“ äußerte sich der Escher Bürgermeister Christian Weis (CSV) zum Dossier, die Oppositionsparteien zogen nach. Jetzt meldet sich „frEsch“ selbst zu Wort – und greift die Presse an.

Der Escher Kulturkrimi geht in die nächste Runde: Am Mittwochnachmittag stritt „frEsch“ in einer Pressemitteilung die Vorwürfe finanzieller Intransparenz und fragwürdiger Ausgaben von Reporter ab. Die Online-Zeitung berichtete am Montag darüber. Neu sind die Enthüllungen von Reporter nicht: „frEsch“ wehrt sich seit 2022 gegen entsprechende Anschuldigungen des Kunstkollektivs Richtung22 und der Escher Oppositionsparteien. In der Stellungnahme zum Reporter-Artikel unterstellen die Verantwortlichen dem zuständigen Journalisten nun, Fehlinformationen zu verbreiten und Daten zu missinterpretieren.

So stimme es zwar, dass sich die Personalkosten letztes Jahr auf 1,4 Millionen belaufen hätten, doch seien diese – entgegen den Rechnungen von Reporter – nicht durch Zuschüsse für Sonntagsarbeit und Prämien auf 3,3 Millionen gestiegen. Der Journalist habe zu Unrecht verschiedene Summen miteinander verrechnet. Um welche Beträge es sich genau handelt, geht nicht aus dem Schreiben hervor.

Stattdessen bemängeln die Verantwortlichen von „frEsch“ den Sprachgebrauch des Journalisten: „Concernant les accusations de ‚bizarreries’ ou d’‚éléments vagues’ dans les dépenses: ces termes volontairement péjoratifs ne reflètent pas la réalité des dépenses et encore moins leur légitimité.“ Sie beziehen sich auf die Anmerkungen zu einer Pizzarechnung in Höhe von knapp 1.500 Euro. Führte der Journalist diese Kuriosität als Beispiel für die schwer nachvollziehbaren Ausgaben der Organisation ins Feld, verwendet „frEsch“ dies gegen ihn und zählt nach: „Les pizzas en question étaient destinées à deux vernissages à la Konschthal (…). Les vernissages ont accueilli 293 visiteurs, et si on additionne les membres de l’équipe présents, on arrive à un total de 310 personnes qui ont pu profiter des pizzas. 80 pizzas ont été préparées. La facture s’élevant à 1.460 euro, on arrive à un coût de 4,7 euros/personne présente.“ Das seien Details, die der Journalist bei „frEsch“ hätte erfragen müssen.

Alles nur ein Missverständnis?

Die Behauptung, die Organisation habe vergangenes Jahr 5,7 Millionen eingenommen, sei hingegen „simplement faux“ und auf keinem offiziellen Dokument einzusehen. „La totalité des fonds utilisés par frEsch (…) sont obligatoirement réinjectés dans les missions sociales de l’association“, steht in der Pressemitteilung. „À ce titre, tout excédent budgétaire d’un exercice est reporté sur l’année suivante pour la mise en œuvre des projets.“ Auch die Angaben zu den Eigenmitteln der ASBL sollen fehlerhaft sein. Schreibt der Journalist, die Herkunft der Gelder sei ungewiss, verweist „frEsch“ unter anderem auf einen Reservefonds. Diese Information sei im Jahresabschluss 2023, im „Registre de commerce et des sociétés“ hinterlegt, nachzulesen. Aus dem besagten Dokument geht allerdings nach einer Recherche des Tageblatt nicht hervor, wie die Ersparnisse oder der Fonds zustande kamen.

Eine Budgeterhöhung habe „frEsch“ dieses Jahr – anders, als Reporter vermeldet – auch nicht erhalten. Die 8,2 Millionen, die der Organisation zur Verfügung stünden, sollen auf die Zusammenlegung der Budgets für die „Nuit de la culture“ und die „Francofolies“ zurückgehen. Und „frEsch“ holt weiter aus: „Concernant ‚la planification financière aventureuse’: le journaliste juge que l’estimation des recettes de billetterie des Francofolies ‚n’est pas réaliste au vu des derniers chiffres de 2022’. En effet, en 2022, ceux-ci s’élevaient à 560.000 euros. FrEsch a provisionné pour 2024 2,4 millions d’euros.“ Die Weiterentwicklung des Festivals sei für alle offensichtlich. „Si le festival a accueilli 15.000 festivaliers en 2022, il a rassemblé 25.000 personnes en 2023 et 40 000 en 2024“, so „frEsch“. „Avec l’augmentation du nombre de festivaliers, les recettes de billetterie augmentent.“

Einen letzten Schlagabtausch gibt es bezüglich der von Reporter angeführten „ambiguïtés du côté des dépenses“: „Le reportage fait écho de 360.000 euros répertoriés sous ‚autres dépenses’. En effet, cela inclut des dépenses liées aux droits d’auteurs artistiques (environ 95K euro pour les Francofolies Esch/Alzette de cette année), des coûts de TVA (que légalement l’association est obligée de payer) et des charges d’impôts artistiques dues à l’Etat luxembourgeois.“

Hoffnung auf Aufarbeitung des Dossiers

Zeigen sich die Verantwortlichen von „frEsch“ am Ende der Pressemitteilung bereit zum Dialog, stellt die Pressemitteilung nicht zuletzt einen Angriff gegen die Presse dar. Auch gehen den Erklärungsversuchen Erläuterungen voraus, nach denen unter anderem der Gemeinderat jederzeit über die Finanzen der ASBL Bescheid gewusst haben soll. Dem widersprechen Stimmen der Oppositionsparteien jedoch vehement.

Seit Mittwochnachmittag besteht immerhin Hoffnung auf die Aufarbeitung des Dossiers: Zu dem Zeitpunkt erhielt der Gemeinderat den „bilan publié“, das „grand livre“ und das „journal d’achat“ der „frEsch ASBL“ aus den Jahren 2021, 2022 und 2023 sowie für die „Escher Kulturnuecht ASBL“ und die „Francofolies d’Esch/Alzette ASBL“ für die Jahre 2021 und 2022. Die Dokumente vom vergangenen Jahr werden nach der Fertigstellung nachgereicht. Die entsprechenden Dossiers gingen nach einer Mail von der LSAP und Marc Baum („déi Lénk“) an Bürgermeister Christian Weis (CSV) bei den Gemeinderatsmitgliedern ein.

Noch am Dienstag hatte Weis im RTL-Interview behauptet, der Gemeinderat habe bereits Einsicht in die Hauptbücher (2021/2022) der Kulturorganisation „frEsch“ erhalten. Die Opposition bestritt dies in einer Mail an das Stadtoberhaupt und bat um Aufklärung. Weis bestätigte dem Tageblatt gegenüber später, es habe sich hierbei um ein Missverständnis gehandelt.

CG
1. August 2024 - 9.55

Un de Präisdent vun der Kulturorganisation „frEsch“: "Wer einmal lügt dem glaubt man nicht und wenn er auch die Wahrheit spricht."