Luxemburg„Keine einfache Übung“: Christophe Hansen über seine Nominierung als nächster EU-Kommissar

Luxemburg / „Keine einfache Übung“: Christophe Hansen über seine Nominierung als nächster EU-Kommissar
„Auch für mich kurzfristig“: Christophe Hansen zeigte sich am Donnerstag vom Zeitpunkt seiner Nominierung überrascht  Foto: Editpress/Christophe Hansen

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CSV-Politiker Christophe Hansen soll nach Wunsch der Regierung Luc Friedens nächster EU-Kommissar Luxemburgs in Brüssel werden. Das gab der Premierminister am Donnerstag bekannt. In einer ersten Reaktion zeigt sich Hansen gegenüber dem Tageblatt aufgrund des Zeitpunkts der Bekanntgabe überrascht – aber mindestens ebenso erfreut über die Nominierung.

Luxemburg hat Christophe Hansen (CSV) als kommenden EU-Kommissar vorgeschlagen. Premierminister Luc Frieden (CSV) machte die Entscheidung der Regierung am Donnerstagnachmittag auf der Onlineplattform X bekannt. Nach Gesprächen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe er Hansen vorgeschlagen, so Frieden auf X. Für Hansen kam diese Mitteilung „auch für mich kurzfristig“, sagte der langjährige Europaabgeordnete dem Tageblatt am Donnerstag: „Eigentlich habe ich damit gerechnet, dass die Entscheidung kommende Woche fällt.“

In der Tat hatte von der Leyen den 27 EU-Mitgliedstaaten eine Frist bis zum 30. August gesetzt, um ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten für die nächste EU-Kommission vorzuschlagen. „Es wäre also noch Zeit gewesen“, so Hansen, „es ist heute alles sehr schnell gegangen nach dem Gespräch zwischen Ursula von der Leyen und Luc Frieden.“

Die Geschlechterfrage

Welches Ressort er übernehmen soll, wisse er noch nicht, sagte Hansen. Weil noch nicht alle EU-Staaten ihre Kandidatur bekannt gegeben haben, lasse sich das noch nicht sagen. „Da wird es noch Diskussionen geben“, ist Hansen überzeugt. Ursula von der Leyen hatte im Vorfeld zudem ihre Absicht unterstrichen, eine zwischen männlichen und weiblichen Kandidaten weitestgehend ausgeglichene Kommission aufzustellen. Auch daher ist Hansen überzeugt, dass es noch Gespräche geben wird. Bislang haben, Luxemburg inbegriffen, 21 EU-Staaten Namen für die kommende Kommission genannt, sechs fehlen also noch.

Von der Leyen hatte vor Wochen den Wunsch an die einzelnen EU-Regierungen herangetragen, doch bitte jeweils einen Mann und eine Frau vorzuschlagen. Luxemburg aber nennt nur einen Mann als Wunschkandidat für die Kommission – bildet damit aber keine Ausnahme: Alle Länder, die bislang ihren Kandidaten beziehungsweise ihre Kandidatin vorgeschlagen haben, taten dasselbe.

Hansen erklärt, dass von der Leyen diesen Vorschlag zwar gemacht habe, es jedoch Sache der jeweiligen Regierung ist, wen sie nach Brüssel in die Kommission entsenden will. Das sei auch so im EU-Vertrag festgehalten. Dazu hätten sich die Regierungen verschiedener Länder, darunter Luxemburg, in Koalitionsverträgen auf Kandidaturen festgelegt. „Das ist eine Entscheidung des Mitgliedstaats und der jeweiligen Regierung und nicht der Kommission“, sagt Hansen. Allerdings müssten es Kandidaten sein, die auf ein gewisses Portfolio passen. Zudem hätten beispielsweise Schweden, Estland und Finnland „auch nur eine Frau vorgeschlagen und das sei ja dann theoretisch auch nicht richtig“, findet Hansen.

Ressort noch nicht bekannt

Zu seinem möglichen kommenden Aufgabengebiet sagt Hansen, dass er noch nichts über das Ressort weiß. Besonderes Interesse habe er an den Portfolios, „auf denen ich schon viel gearbeitet habe“. Im Europaparlament war der CSV-Politiker für die Europäische Volkspartei (EVP), die größte Fraktion war und auch bleibt, Sprecher für Handelsfragen. „Das würde mich sehr stark interessieren“, sagt Hansen, auch wenn dieses Dossier „gerade sehr kompliziert“ sei. „Wir haben Handelsschwierigkeiten mit Ländern wie China oder den USA, und zudem werden höchstwahrscheinlich auch größere Länder an diesem Ressort interessiert sein.“ Umweltpolitik und Agrarpolitik würden den 1982 in Wiltz geborenen Politiker, der bereits von 2018 bis 2023 Europaabgeordneter war, ebenfalls interessieren. „Da muss man schauen, was machbar ist“, sagt Hansen, „aber als EP-Abgeordneter hat man in mehreren Kommissionen gearbeitet und Erfahrungen gesammelt, was natürlich ein Pluspunkt ist, da man vielleicht etwas flexibler ist als andere.“

Anfang September, wahrscheinlich in der zweiten Woche, wird von der Leyen ihre Kommission vorstellen, mit Köpfen und Portfolios. „Dann weiß man mehr“, sagt Hansen. So oder so stehen Christophe Hansen jetzt stressige Wochen bevor. Im September wird er sich in dem Ausschuss, der seinem dann zugeordneten Ressort entspricht, vorstellen und verteidigen müssen. „Ich kenne das noch aus der anderen Perspektive, der des Europaabgeordneten, da wird man mit schwierigen, kniffligen Fragen bombardiert“, blickt Hansen voraus. Das werde „keine einfache Übung, da muss man sich sehr gut vorbereiten, um dort zu bestehen“. 2019, bei der Zusammenstellung der ersten Kommission unter Ursula von der Leyen als Präsidentin, haben in der Tat nicht alle Kandidaten diesen Test bestanden.

Hansen, der nach den Europawahlen vom vergangenen Juni als Abgeordneter nach Brüssel gewählt wurde, hatte dann die Chamber verlassen, in die er erst im Herbst zuvor nach den Nationalwahlen eingezogen war. In der Chamber wurde er bereits von Jean-Paul Schaaf (CSV) ersetzt. Im Europaparlament wird nun CSV-Politikerin Martine Kemp für Hansen nachrücken – wie sie es bereits im vergangenen Herbst getan hatte. Hansen stehen indes anstrengende, aber spannende Tage bevor. In wenigen Wochen wird man wissen, wie er die Feuerprobe im Europaparlament gemeistert hat – und welches Ressort Luxemburg zugeteilt wurde.