KlimawochenKlimaopfer Baum: Wie es um den Escher Wald bestellt ist

Klimawochen / Klimaopfer Baum: Wie es um den Escher Wald bestellt ist
Grüne Lunge der Stadt: der Escher Wald auf dem Galgenberg Foto: Editpress-Archiv/Didier Sylvestre

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In Zeiten des Klimawandels leidet auch der Escher Wald. Wie es um ihn und die innerstädtischen Bäume der Stadt bestellt ist, darauf gab Förster Pol Zimmermann beim Bürgerforum im Rahmen der Klimawochen in Esch eine Antwort. Fazit: Der Patient ist in einem ernsten, aber nicht hoffnungslosen Zustand.  

Was sind die Folgen des Klimawandels auf die Wälder und die innerstädtische Bepflanzung? U.a. um dieses Thema ging es vor einer Woche beim Bürgerforum im Rahmen der Escher Klimawochen. „Der Luxemburger Wald ist in keinem guten Zustand, er leidet schrecklich unter dem Fehlen von Jahreszeiten“, sagt Förster Pol Zimmermann, der acht interessierte Bürger in seinem Workshop sitzen hat. Sie werden die nächsten 90 Minuten mitdiskutieren und die ein oder andere Idee hervorbringen. 

Zunächst aber gewährt Zimmermann den Anwesenden einen Überblick vom Escher Wald. 180 Hektar sind im Besitz der Gemeinde und 180 im Besitz des Luxemburger Staates, die anderen rund 100 Hektar gehören ArcelorMittal. Landesweit liegt das Verhältnis zwischen öffentlichem und privatem Wald bei 45 zu 55 Prozent. Zimmermann berichtet von den großen Fällarbeiten der letzten Jahre. 2020 waren im Ellergronn rund sechs Hektar Bäume gerodet worden, vor allem Fichten. Das entspricht einer Fläche von etwa neun Fußballfeldern. Ende 2022 wurden rund 700 Fichten auf dem Galgenberg gefällt. Sie waren krank, die meisten vom Borkenkäfer zerfressen und demnach zur Gefahr für Waldbesucher geworden.

Rund 20 Prozent des Escher Walds besteht aus Nadelholz. Im Minett wurden die Fichten zu Zeiten der Industrialisierung verstärkt angepflanzt, da sie im Vergleich zu anderen Bäumen schneller wachsen, das Holz also früher genutzt werden kann. Kam zu Beginn des Bergbaus in erster Linie Eichenholz für die Sicherung der Schächte zum Einsatz, wurde ab Ende des 19. Jahrhunderts aufgrund des enormen Bedarfs an Grubenholz verstärkt auf Nadelbäume zurückgegriffen.

Das wird nun zum Problem, denn die Fichten leiden genau wie die meisten anderen Baumarten in Luxemburg unter den Folgen des Klimawandels, wie Zimmermann auf einer Grafik zeigt. Hier sieht man, dass die Anzahl der kranken beziehungsweise toten Bäume in den Wäldern seit Mitte der 2010er-Jahre sprunghaft angestiegen ist und noch weiter ansteigt. Der Anteil der absolut gesunden Bäume lag 2023 landesweit nur noch bei 14,5 Prozent. 1984 waren es noch 79,1 Prozent, 1996 nur noch 30 Prozent, um nach einer kurzen Erholung seit 2019 auf historisch niedrigem Wert zu verharren. War also das Verhältnis zwischen gesunden und kranken Bäumen im Wald Mitte der 1980er-Jahre noch 80 zu 20 Prozent, so ist es 40 Jahre später umgekehrt. 

Nur noch Trocken- und Regenphasen

„Die Entwicklung ist natürlich dem Klimawandel zuzuschreiben“, sagt Pol Zimmermann, „wir haben im Grunde genommen keine Jahreszeiten mehr, sondern nur noch Trocken- und Regenphasen. Und auch keinen richtigen Frost mehr.“ Dass Borkenkäfer, Eichenprozessionsspinner, Buchsbaumzünsler und Co. inzwischen ein Thema bei den Menschen sind, hat demnach auch mit den im Vergleich zu früher milden Temperaturen zu tun. Denn die „Schädlinge“ sterben im Winter nicht mehr ab. Außerdem sind die Bäume durch die Trockenheit und das Absinken des Grundwasserspiegels geschwächt und somit leichte Beute für Parasiten.   

Man habe den „Krieg“ gegen den Klimawandel bereits verloren, meint Zimmermann, man sei in der Phase der Schäden. Auf der anderen Seite war der Wald aber schon in der Vergangenheit krank. „Wir werden auch diesmal eine Antwort finden“, so der Förster. Die Zukunft gehört nicht unbedingt der in unseren Breitengraden meistverbreiteten Rotbuche, sondern Bäumen, die mit den neuen klimatischen Bedingungen besser zurechtkommen. Zum Beispiel Linden. Der Impuls muss allerdings von der Politik ausgehen. Denn sie muss letztendlich entscheiden, welche gebietsfremden Baumarten in Zukunft in Luxemburg angepflanzt werden dürfen. 

Das Forstgesetz von 1954 war bereits strikt, 2023 trat das neue Gesetz in Kraft, das die Latte noch einmal höher legte. Immerhin darf ein Privatwaldbesitzer nun nur noch 30 Ar (100 Ar = 1 Hektar = 10.000 Quadratmeter) ohne Genehmigung abholzen anstelle 50 wie zuvor. Zudem gelten strenge Aufforstungsgesetze. 

Von 15.500 städtischen Bäumen sterben jährlich bis zu 200

Auch was die Bäume im innerstädtischen Bereich angeht, gibt es Regeln. „In Esch nehmen wir zum Beispiel nie einen Baum weg, ohne ihn nicht durch mindestens einen neuen zu ersetzen“, erklärt Zimmermann. Vor sich hat er rund 150 Fotos von kranken und toten Bäumen auf dem Escher Stadtgebiet ausgebreitet. Sie wecken großes Interesse bei den Anwesenden. Man schaut, ob die eigene Wohnstraße betroffen ist. Meistens ist sie das, denn von den 15.500 städtischen Bäumen in Esch sterben zwischen 150 und 200 pro Jahr. Sie werden durch jüngere Bäume ersetzt, die allerdings Zeit brauchen, zu wachsen, also weniger Schatten spenden und CO2 umwandeln. Sie sind gut an ihrem weißen „Anstrich“ zu erkennen. Den haben sie, um sich vor zu viel Sonne zu schützen. Bei der Farbe handelt es sich also um eine Art Sonnencreme für die Bäume.

Neben Schädlingen fürchten die Bäume v.a. Autos und die Luftverschmutzung. „Bäume wachsen zwischen Mitte April und Mitte Juni besonders schnell. Die letzten fünf Jahre war es in diesen Monaten allerdings viel zu trocken“, erklärt Zimmermann. Im innerstädtischen Raum müsse man genau aufpassen, was man pflanze. Linden zum Beispiel tropfen, was Lackschäden an den darunter parkenden Autos verursachen kann. Andere Anwohner beschweren sich über das viele Laub, das sie durch die Platanen vor der Haustür zusammenkehren müssen. 

Die Anwesenden nicken, sie haben in eineinhalb Stunden einen Überblick über Wald und Bäume in Esch bekommen. Und sollen nun ihre Nachbarn für das Thema sensibilisieren. Es geht darum, auf lokaler Ebene Lösungen für ein globales Problem zu finden. In Zwischenzeit macht die Gemeinde weiter ihre Hausaufgaben. Es soll ein Baum-Kataster erstellt werden, angefangen mit dem Galgenberg.    

Einer der Workshops im Rahmen des Bürgerforums der Klimawochen der Stadt Esch wurde von Förster Pol Zimmermann (r.) animiert  
Einer der Workshops im Rahmen des Bürgerforums der Klimawochen der Stadt Esch wurde von Förster Pol Zimmermann (r.) animiert   Foto: Editpress/Alain Rischard

3 Fragen an Jeannot Behm (Chef service écologique Esch)

Jeannot Behm, „Chef service écologique Esch“
Jeannot Behm, „Chef service écologique Esch“ Foto: Editpress/Alain Rischard

Die ersten Escher Klimawochen sind mit dem Bürgerforum zu Ende gegangen. Wie lautet Ihre Bilanz?

Jeannot Behm: Ich denke, die Veranstaltungen sind gut angekommen. An der „Journée professionnelle“ nahmen 70 Menschen teil, der Vortrag von Ranga Yogeshwar war mit 120 Zuhörern ausgebucht und das Bürgerforum besuchten trotz schönem Wetter 60 Leute. Momentan ziehen wir bei Letzterem noch die Bilanz. 

Auffallend war allerdings, dass dort vor allem Bürger kamen, die sich eh für den Umweltschutz einsetzen und bei fast jeder Veranstaltung dieser Art anzutreffen sind. Die braucht man in Sachen Klimawandel eigentlich nicht aufzuklären, andere dagegen schon …

Ja, aber das ist meistens so. Wenn etwas Kulturelles organisiert wird, dann findet man die Kulturinteressierten im Publikum. Wir werden aus den Erfahrungen von diesmal unsere Schlüsse ziehen und die Akzente im kommenden Jahr vielleicht anders setzen. Beim Bürgerforum zum Beispiel war kaum Interesse am Workshop über die Rolle der Ernährung im Klimawandel. Vielleicht muss man dann gezielt darüber kommunizieren.   

Kommunizieren, also reden, ist das eine. Wie werden nun aus den vielen Worten der vergangenen zwei Monate Taten?

Zunächst einmal wird der temporäre Garten auf dem Stadthausplatz noch bis mindestens September bleiben. Die Menschen haben nicht nur den Raum für sich eingenommen, sondern interessieren sich auch stark für die Informationen über den Klimawandel, die dort hängen. Ich kann mir in Anbetracht des Interesses über den Wald-Workshop auch einen Aktionstag gegen das Waldsterben vorstellen. Wie gesagt, wir müssen die Bilanz erst fertigstellen. Im Bericht werden dann auch zukünftige Aktionen vorschlagen. Der Schöffenrat muss die Vorschläge dann priorisieren. Eine ganze Reihe von Erkenntnissen werden zudem in das Klimawandel-Anpassungskonzept einfließen, das parallel zum Klimaresilienzplan läuft. (P.M.)