Radikal kinderorientiertORIBeHo: Die Beratung von zerstrittenen Eltern beim Roten Kreuz

Radikal kinderorientiert / ORIBeHo: Die Beratung von zerstrittenen Eltern beim Roten Kreuz
Spielmaterial und Bücher stehen für die Kinder bereit Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Trennungen können glimpflich verlaufen – oder auch nicht. Manchmal will der Streit zwischen Ex-Partnern einfach nicht enden. Oft sind Kinder die Leidtragenden. Damit sich ihre Situation verbessert, müssen sich die Einstellungen der Eltern ändern. Hier kommt ORIBeHo ins Spiel, eine Einrichtung des Roten Kreuzes.

Die Spiele und Kinderbücher im Regal von ORIBeHo* in Bartringen weisen darauf hin, wer dort im Mittelpunkt steht. Die Kinder von hochstrittigen Eltern werden hier nicht ausgefragt. Es wird ihnen ein Umfeld geboten, in dem sie sich nicht zur Situation ihrer Eltern äußern müssen und in dem sie nicht mit Fragen wie „Wo fühlst du dich am wohlsten?“ unter Druck gesetzt werden. Wenn sie es möchten, können sie dort auch einfach nur spielen. Falls sie sich aber äußern wollen, wird dies von den Familienberatern in Betracht gezogen.

Was bedeutet hochstrittig?

Um das Kriterium zu erfüllen, müssen einige Bedingungen erfüllt sein:
– Das/Die Kind(er) stehen bei mindestens einem Elternteil nicht mehr im Fokus;
– langanhaltende, auch gerichtliche Auseinandersetzungen;
– Streitniveau nimmt auch nach längerer Zeit nicht ab;
– immer wieder aufflammende Konflikte;
– häufig irrationale, für Dritte nicht mehr nachvollziehbare Begründungen;
– Mediations-, Beratungs- und Unterstützungsangebote sind bisher erfolglos;
– das Risiko einer Entfremdung des Kindes von einem Elternteil besteht.
(Quelle: Croix-Rouge, ORIBeHo)

Bei hochstrittigen Eltern ist Streit oft die Regel, Schuldzuweisungen gehören zur Tagesordnung. Zwischen den beiden Fronten befindet sich das Kind, um dessen Wohl es eigentlich gehen sollte, das jedoch aufgrund des dauernden Konfliktes leidet. Kinder werden oft als Mittel benutzt, um den anderen zu verletzen, ihre Bedürfnisse stehen dabei nicht mehr im Mittelpunkt.

Am Ursprung von ORIBeHo stand der Fall eines Vaters, der in einem Gespräch mit Mitarbeitern des Roten Kreuzes die erzieherischen Kompetenzen der Mutter anzweifelte. Das war im November 2021. Man habe erkannt, dass mit hochstrittigen Eltern eine neue Herangehensweise benötigt werde. Daraufhin wurde im Rahmen der Einrichtung „Families First“ die „mesure BeHo“ (Beratung und Begleitung von Hochstrittigkeit) ins Leben gerufen. Seit dem 1. April funktioniert ORIBeHo als eigenständiger Dienst des Roten Kreuzes mit zwei Sozialpädagogen als Familienberater.

Keine Schlichtung

Bei ORIBeHo geht es nicht um Schlichtung von Streitereien oder um Versöhnung, stattdessen werden die Eltern beraten, wie sie gemeinsam ihr Verhältnis zum Wohle des Kindes ändern können. Sie sollen lernen, wie trotz des Konflikts der Umgang des Kindes mit beiden Elternteilen ermöglicht werden kann, denn „beide Elternteile sind wichtig für das Kind“, sagt ORIBeHO-Leiterin Nancy Georg.

Nachdem ein konfliktreiches Elternpaar, das getrennt ist, an ORIBeHo verwiesen wurde (in der Regel vom „Office national de l’enfance“, das auch den Abschlussbericht erhält), treffen sich die Familienberater mit den beiden Elternteilen einzeln, aber in Gegenwart des Kindes. So kann sich ein klareres Bild von der Situation gemacht werden – einerseits das Kind beim Vater und andererseits bei der Mutter. In einer nächsten Etappe finden gemeinsame Diskussionen mit den Eltern in Bartringen statt, danach folgen Gespräche mit dem Kind. Die Eltern sind in dem ganzen Prozess gleichberechtigt, allerdings ist der Rückzug eines Elternteils kein Grund für ORIBeHo, den Prozess abzubrechen. Dieser dauert in der Regel drei bis vier Monate und kann bei Bedarf verlängert werden.

* ORIBeHo steht für „radikal Kind orientierte Begleitung und Beratung Hochstrittiger Eltern