AußenpolitikPetition fordert Anerkennung eines palästinensischen Staates

Außenpolitik / Petition fordert Anerkennung eines palästinensischen Staates
Auch in Luxemburg demonstrieren regelmäßig Menschen für einen Waffenstillstand in Gaza Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Nach nur einem Tag erreicht eine Petition, die die Anerkennung eines palästinensischen Staates durch Luxemburg fordert, die Hälfte aller nötigen Stimmen. Eine Chamber-Debatte ist wahrscheinlich – Außenminister Bettel hat seine Haltung in dieser Frage jedoch schon deutlich gemacht.

Eine Petition, die die luxemburgische Regierung dazu auffordert, Palästina als eigenständigen Staat anzuerkennen, hat binnen eines Tages die Hälfte des erforderlichen Quorums von 4.500 Unterzeichnern erreicht. Petition Nr. 3023 wurde am 13. Februar freigeschaltet und hat bis zum Mittwochnachmittag bereits mehr als 2.400 Unterstützer gefunden. Luxemburgs Anerkennung sei ein symbolischer und essentieller Schritt, um den Palästinensern Gerechtigkeit zu bringen, schreibt Petitionär Halid Karajbic. „Außerdem würde es zeigen, dass Luxemburg das palästinensische Volk nicht nur mit Spenden unterstützt.“ Auf die Anerkennung Palästinas durch Israel zu warten, so Karajbic weiter, sei „bestenfalls ein naiver Traum“. Der Petitionär kritisiert außerdem die nach internationalem Recht illegalen Siedlungen im besetzten Westjordanland. „Die Anerkennung eines palästinensischen Staates ist der erste Schritt, um die Besetzung zu beenden.“

Von den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union erkennen neun Palästina offiziell als Staat an. Dieser Schritt erfolgte jeweils, bevor die betreffenden Länder der EU beitraten. Mit Ausnahme von Malta und Zypern handelt es sich bei fast allen dieser Länder um Staaten, die bei der Ausrufung des palästinensischen Staates durch die PLO im Jahr 1988 der Sowjetunion angehörten. Dazu zählen Ungarn, Rumänien, Bulgarien, die Slowakei, Tschechien und Polen. Die einzige Ausnahme bildet Schweden, das erst viel später, im Jahr 2014, als erstes EU-Mitglied einen palästinensischen Staat anerkannte. Auf der Ebene der Vereinten Nationen haben 139 von 193 UN-Mitgliedstaaten die palästinensischen Gebiete als Staat anerkannt. Weil jedoch drei der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, Frankreich, das Vereinigte Königreich und die USA, das nicht tun (und ein Veto einlegen), ist Palästina kein Mitglied der Vereinten Nationen, sondern hat den Status eines beobachtenden Nichtmitgliedstaates.

Asselborn warb für die Anerkennung

In Luxemburg ist die Anerkennung eines palästinensischen Staates ein heikles Thema, bei dem sich nur  wenige Politiker eindeutig positionieren. Das hat in den vergangenen zehn Jahren zu einigem politischen Hin und Her geführt – mit wenigen echten Ergebnissen. Im Dezember 2014, zwei Monate nach der Entscheidung Schwedens, verabschiedete die Chamber gleich zwei Motionen, mit denen das Parlament die Regierung aufforderte, eine Anerkennung voranzutreiben. Den geeigneten Zeitpunkt sollte die Regierung selbst bestimmen. Der damalige Außenminister Jean Asselborn (LSAP) machte sich für eine Zwei-Staaten-Lösung stark. „Eine Welle der Anerkennungen Palästinas durch EU-Staaten wäre ein starkes Signal an Israel, die Verhandlungen wieder ernst zu nehmen, den Siedlungsbau zu stoppen und ehrlich auf eine Zwei-Staaten-Lösung hinzuarbeiten“, sagte Asselborn damals. 

Auf europäischer Ebene wirbt der Minister in den folgenden Jahren vor und hinter den Kulissen immer wieder vehement für die Anerkennung eines palästinensischen Staates. Doch Paris und Berlin ziehen nicht mit, eine gemeinsame Positionierung der EU bleibt unmöglich. „Wenn Frankreich mit der Anerkennung Palästinas vorangehen würde, würden weitere Staaten folgen, auch Luxemburg“, sagte der damalige Außenminister gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

Während Asselborn in Brüssel klar Stellung bezieht, ist die Situation zu Hause in Luxemburg komplexer. Hatte die Dreierkoalition aus DP, LSAP und „déi gréng“ 2013 in ihrem ersten Koalitionsvertrag den palästinensischen Gebieten noch einen Sonderstatus zugesprochen, „der es ermöglicht, sie den Partnerländern gleichzustellen und ein hohes Finanzierungsniveau aufrechtzuerhalten“, verschwand die Palästina-Frage bei der zweiten Auflage von Gambia im Jahr 2018 gänzlich aus dem Programm. Während sich der damalige Premier Xavier Bettel (DP) vor der UN für das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat starkmachte, antwortete er im Wahlkampf 2018 auf die Frage „Befürworten Sie die juristische Anerkennung des Staates Palästina durch Luxemburg?“ auf der Webseite smartwielen.lu mit: „eher nein“.

Bettel zweifelt aktuell am Nutzen

Heute ist Bettel Außenminister, seine Position aber scheint die gleiche. Im Januar hatte er, nachdem er auf seiner ersten Auslandsreise Israel und die palästinensischen Autonomiegebiete im Westjordanland besucht hatte, in einer aktuellen Stunde im Parlament seine Haltung in dieser Frage deutlich gemacht. „Ein Zwei-Staaten-System ist die Lösung“, sagte Bettel vor den Abgeordneten der Chamber. Das Problem aber sei: „Wir sind noch nicht so weit.“ Das Vertrauen auf beiden Seiten sei zu sehr zerstört. In einem Interview mit dem L’Essentiel sagte Bettel im vergangenen Dezember, die Anerkennung Palästinas sei gerade „nicht das Wichtigste“. „Wenn es zwei Staaten gibt, würde das natürlich zu einer Anerkennung führen. Aber das ist noch nicht der Fall, was soll das also bringen?“

Vielleicht bringt Petition Nr. 3023 neuen Wind in die alte Debatte. Ihr verbleiben noch 41 Tage, um das nötige Quorum zu erreichen. Wenn der zuständige Parlamentsausschuss dann die abgegebenen Unterschriften validiert, kommt es zu einer öffentlichen Debatte in der Chamber, an der auch die Abgeordneten der Kommission für Außenpolitik und der zuständige Minister Bettel teilnehmen werden. Zwei andere erfolgreiche Petitionen haben die 4.500-Marke in den vergangenen Wochen schon geknackt: Petition Nr. 2991, die das Betteln zu allen Zeiten und an allen Orten erlauben will, und Petition Nr. 2967, die eine volle Erstattung von Brillen durch die CNS fordert.

Grober J-P.
19. Februar 2024 - 13.14

@ Mave/ hun emol déi éischt 50 Säiten vun der Petitioun duerchgekuckt. 33% vun den Petitionären kënnen dem Numm no Stacklëtzbuerger sin.
Dir kënnt dan elo weiderzielen.

Marc B.
15. Februar 2024 - 19.59

@Maverick Kéint der eis dann och erklären wourun dir bei den Ennerschreften vun der Petitioun erkennt ween Auslänner a wee Lëtzebuerger ass? Wat iwwregens och irrelevant ass vue dass Nationalitéit net d'Konditioun ass fir eng Pétition Public ze ënnerschreiwen.

CG
15. Februar 2024 - 18.42

@Maverick
90% Auslänner. Vum Numm hir vläicht, mee vill vun deenen hun och d'Lëtzebuerger Nationalitéit.

Maverick
15. Februar 2024 - 15.28

@Grober J-P - Vielleicht auch mal die Namen gelesen?

mp
15. Februar 2024 - 14.28

NOMI huet Recht.
d'Frënn bei der HAMAS vun dënnen déi Petitioun agereecht hunn, sollen direkt Geiselen frei loossen, an daat ouni Ufuerderungen. Dann richt, kann een eventuell doriver schwätzen.

luxmann
15. Februar 2024 - 12.45

Nomi
Seltsame logik.
Eine seite soll demilitarisiert werden.
Die andere aber nicht.
Was dabei rauskommt kann man sich leicht vorstellen.

max.l
15. Februar 2024 - 12.31

et ass méi einfach de Schwanz bäi zë séiën, wéi mol eng Kéier zë iwwerléën, dat
esou wéi d'Situatioun am Moment ass, ass eng Katastrophe, da gët ët nëmmen ENG Léisung..

esou séiër wéi méiglëch ee Palaestinensesche Staat grënne, sou dat déi Läit och a Fridde könne liewen..

ëch mengen, ouni elo politësch zë sën, ët war jo och mol, eng Kéier néidëg den Israelesche Staat zë grënnen, fiir dat déi Läit konnten a Fridde liëwen..

awer grad dat gëlt nët fiir déi Aaner
an DAT ass ee grousse Paradox

Nomi
15. Februar 2024 - 12.07

1. UN Hellefen stoppen.
2. Freiloossen vun allen Geiselen.
3.Hamas oblei'sen an verbidden.
3bis. Geigenseitzegen Friddensaccord an der jeweileger Verfassung.
3ter. Demillitarisei'eren vun Gaza.
4. UN Hellefen rem unlaafen loossen.

Grober J-P.
15. Februar 2024 - 11.51

@Maverick / Bitte dann mal richtig nachzählen. Wie können Sie wissen, dass 90% der Petitionäre Ausländer sind. Ist Wemperhardt für Sie schon Ausland oder Merholtz?
Wahrscheinlich haben Sie einen besonderen Draht zur SREL?
Noch Fragen?

Grober J-P.
15. Februar 2024 - 11.32

1. Definition des Staatsgebietes, sehr wichtig! Wird schwierig, wenn die Ultraorthodoxen wieder dagegen sind.
2. Hamas als Terrorgruppe abstempeln, oder sollten die Verhandlungen führen? Müsste in der Petition zu lesen sein. Hamas hat die Lage noch verschlimmert.
3. Netanjahu in den Ruhestand schicken.
4. Religionen verderben das Ganze, mit Gotteskriegern auf beiden Seite keine Chance auf Frieden.
5. Hat Abbas Interesse oder fürchtet er sich vor der Hamas? Gegenseitige Anerkennung, Arafat und Rabin hatten ja schon den Anfang gemacht, leider hatte wieder so ein Ultra was dagegen gehabt.
Dann mal zuhören, wenn eine israelische Familie über den Verlust der beiden Töchter beim Massaker vom 7. Oktober redet. Viel Sympathie für Palästina, naja!

Maverick
15. Februar 2024 - 11.16

Luxemburgs Anerkennung ... wenn man sich die Namen auf der Petitionsliste anschaut, sind es 90% Ausländer ... noch Fragen?

dmp
15. Februar 2024 - 8.58

Bettels Position ist – vorsichtig formuliert – intellektuell schwer nachvollziehbar.

„Ein Zwei-Staaten-System ist die Lösung“, sagt er zwar. Jedoch sieht er ein Problem, nämlich: „Wir sind noch nicht so weit.“ Und warum? “Das Vertrauen auf beiden Seiten sei zu sehr zerstört.“ Das ist ein durchaus erstaunlicher Rückschluss des jetzigen Außenministers.

Eine mögliche Problemlösung wird also nicht angegangen, weil das Problem besteht? Eine akrobatische Logikleistung, fürwahr. Ich schlafe nicht, weil ich müde bin. Oder für den motorisierten Verkehrsteilnehmer: Ich tanke nicht, weil der Tank leer ist.

Ohne zu tief in die Historie einsteigen zu wollen: Erste maßgebliche Palästinenser haben seit Mitte der 1970er Jahre Interesse an einer Zweistaatenlösung gezeigt. Ergo vor einem halben Jahrhundert bereits. Und am 9. September 1993 schrieb Arafat als PLO-Vorsitzender an den damaligen israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin in einem historischen Brief: „Die PLO erkennt das Recht des Staates Israel auf Existenz in Frieden und Sicherheit an. [Die PLO verzichtet] auf Terror und jede andere Art von Gewalt.“ Im Gegenzug erkannte Rabin „die PLO als die Vertretung des palästinensischen Volkes“ an. Es gab also Zeiten, in denen „das Vertrauen auf beiden Seiten“ etwas weniger belastet war als heute. Mehrere Anläufe zu einer Zweistaatenlösung gab es, die bislang letzte waren die israelisch-palästinensischen Friedensgespräche 2013–2014. Die Zweistaatenlösung gibt es dennoch immer noch nicht.

Wenn nun also Bettel zur Zweistaatenlösung meint, „Wir sind noch nicht so weit“, müsste er nachvollziehbare Gründe angeben, wann denn seiner Meinung nach es „so weit sein könnte“, resp. welche Voraussetzungen er denkt, die vorher von beiden Seiten erfüllt werden müssten.

Dieser Erklärungsversuch dürfte spannend sein … und wird wohl nicht ohne einige absurde Argumente daherkommen können.

luxmann
15. Februar 2024 - 8.29

Sehr seltsame und entaeuschende position von Bettel, der sich mit fadenscheinigen argumenten drueckt klar stellung zu beziehen.
Auf jeden fall ist meine unterschrift dabei.

jung.luc.lux
15. Februar 2024 - 7.43

Ech hoffen dat den Haer Bettel bei deser Menung bleift.