Protest in Sanem: Ein Park soll durch bezahlbaren Wohnraum ersetzt werden

Protest in Sanem: Ein Park soll durch bezahlbaren Wohnraum ersetzt werden

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Das Projekt „Am Rëtschgrëndchen“ erhitzt die Gemüter. Dort, wo sich aktuell ein Park befindet, sollen mehrere Gebäude mit bezahlbarem Wohnraum entstehen. Am Dienstagabend hatte der Sanemer Bürgermeister Georges Engel (LSAP) die wütenden Bürger zu einer Versammlung im Festsaal der „Schoul 2000“ in Zolver eingeladen.

Von Pit Beffort

Zu Beginn der Versammlung präsentierte Georges Engel das Projekt, wie es vom Gemeinderat angenommen wurde. Der LSAP-Bürgermeister erklärte den Einwohnern, dass ein Teil des Gebiets, um das es geht, bereits seit 1974 als bebaubare Fläche klassiert ist. „Es war von vornherein angedacht, hier ein Gebäude zu errichten, nur ist es nie dazu gekommen, sodass mittlerweile eine grüne Parkfläche entstanden ist“, erklärte Engel. 2004 habe es erneut ein Bauvorhaben gegeben, das nicht umgesetzt wurde. Die Gemeinde wolle nun mehrheitlich bezahlbare Einfamilienhäuser und einige Mehrfamilienhäuser entlang der Straßen errichten.

Der aktuelle Park werde deswegen zwar verschwinden, doch als Gegenmaßnahme werde eine neue, flächenmäßig doppelt so große Grünanlage gleich daneben angelegt. „Es ist nicht die Absicht der Gemeinde, den Bewohnern ihren Park wegzunehmen und sie auf die Palme zu bringen“, betonte Engel, aber es sei wichtig, neuen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, um auch den kommenden Generationen ein Dach über dem Kopf zu bieten.

Da die Baufläche im Besitz der Gemeinde ist, dazu recht zentral liegt und gut an den öffentlichen Verkehr angebunden sei, eigne sie sich sehr gut für neue Wohnungen. Eine Landschaftsarchitektin habe bereits einen ersten Plan für den neuen Park entworfen. Die Begeisterung der Bürger hielt sich jedoch in Grenzen. Die erste Frau, die sich bei der anschließenden Fragerunde ans Mikrofon traute, erklärte schlicht: „Wir wollen das einfach nicht!“ Sie erntete eine Menge Applaus für ihre Aussage. Ihrer Ansicht nach werde in Zolver schon zu viel gebaut und das belaste die Einwohner.

Eine Umweltprüfung habe ergeben, dass es nicht ratsam sei, an diesem Standort zu bauen, erwähnte ein weiterer Anwesender. Der Mann gab den Verlust der Artenvielfalt als Grund an. François Hengen vom „Mouvement écologique“ schloss sich dieser Überlegung an und begründete damit den Einwand seiner Organisation bei der Gemeinde. „Wir sind der Meinung, dass die verlorene Artenvielfalt nicht einfach durch den Bau eines neuen Parks aufgefangen werden kann. Unter anderem deswegen sind wir gegen dieses Projekt vorgegangen“, führte Hengen aus.

Bestmögliche Lösung

Viele Einwohner zeigten kein Verständnis dafür, dass der Park überhaupt weg muss. Für sie bildet er eine Oase der Ruhe und ist ihnen ans Herz gewachsen. Vielleicht auch deswegen wurde der eine oder andere emotional. Weitere Bürger warfen rechtliche Fragen auf oder äußerten Sorgen bezüglich zusätzlichem Abwasser, das die Kanäle belasten könnte. Eine Frau wies darauf hin, dass die Bauplätze für Gebäude „d’utilité publique“ ausgewiesen seien. Sie empfinde neue Wohneinheiten nicht als zusätzlichen Nutzen für die Einwohner und zweifele daran, dass dieses Projekt aus juristischer Sicht umsetzbar sei.

Geduldig antwortete Engel auf jede Frage und hoffte auf das Verständnis der Bürger. Der Bürgermeister wies ferner darauf hin, dass es noch eine Weile dauern werde, bis die Bagger rollen. „Wir können nicht zu viele Baustellen gleichzeitig eröffnen. Das endet im Chaos. Rechnen Sie nicht damit, dass das Projekt nächstes Jahr beginnt“, beschwichtigte Engel, der nur wenige Angaben zu den Kosten und zur Dauer des Bauvorhabens machen konnte. Da sich das Ganze noch in einem sehr frühen Stadium befinde, gebe es keine konkreten Pläne.

Viele der Anwesenden zeigten sich nicht zufrieden mit dem, was sie an dem Abend geboten bekamen. Einige vergriffen sich leicht im Ton, andere äußerten ihre Zweifel an der Kompetenz des Bürgermeisters und befanden, dass dieser „seine Arbeit nicht macht“. Diese Vorwürfe wies Georges Engel zurück und versicherte, die bestmögliche Lösung für beide Parteien zu suchen. Er selbst zeigte viel Verständnis für die Bedenken der Bürger, wies aber immer wieder darauf hin, wie wichtig es sei, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Schöffe Marco Goelhausen (LSAP) stand ihm dabei zur Seite. Auch er versuchte den wütenden Bürgern zu erklären, dass die Gemeinde Sanem immer weiter wächst und der Bau von neuen Wohneinheiten damit einhergeht.

luc jung
23. März 2019 - 21.25

Für junge Familieb brauchen wir Wohnungen die bezahlbar sind. Andernfalls werden junge Luxemburger zum "Frontalier" denn im nahen Ausland gibt es noch bezahlbaren Wohnraum. Viele Beispiele gibt es schon.
Grüne Ideen vermasseln hier Wohnungsbau. LIeber etwas weniger Lebensqualität als weniger bezahlbare Wohningen. Junge Familien leben nicht auf Parkbäumen.

Mamamia
21. März 2019 - 23.35

Dieser Park wie sie sagen hatte nie ein altes Schulgebäude. Dieser hier ist seit über 30 Jahren ein wie wir ihn immer Hundepark nannten da. Anfangs waren die Wege geteert und vor etlichen Jahren aus mir unbefinflichen Gründen aus Splitt/Steinen ersetzt.
Den Park wo sie meinen mit dem alten Schulgebäude hieß Pavillon und an dessen Platz steht jetzt die Schoul 2000.

GuyT
21. März 2019 - 16.23

Ein Park soll durch bezahlbaren Wohnraum ersetzt werden. Nun ja bezahlbar ist erstens relativ und auch wenn. Mit dem blöden Argument kann man dann jeden Park scheibchenweise verbauen. Und dann? Vieleicht kommen dann auch die Friedhöfe, fast immer in Toplagen, an die Reihe.

L.Marx
21. März 2019 - 14.40

@ minikeks/CESHA: Der grösste Teil dieses "Park" war vor einigen Jahren noch ein - abgrundhässlicher Schulbau aus den 1970er Jahren. Die ältesten Pflanzen waren die Bäume am nördlichen Rand des Areals, entlang des Bvd Charlotte, deren Abholzung in der Tat höchst diskutabel ist. Der überwiegende Teil war aber ein Stück, teilweise sogar belastetes Land, das sich die Natur in all den Jahren, in denen Politiker und Planer in einem endlosen "Denkprozess" entschlafen waren zurückerobert hatte.
Die "Verdichtung" von Ortskernen mag man nicht toll finden, sie ist aber sicherlich sinnvoller als die Ausweisung von immer weiteren Neubaugebieten an den Ortsrändern. Die Zersiedlung der Landschaft wurde schon viel zu lange betrieben. Sie ist politisch - natürlich - weniger brisant als die Verdichtung von Ortszentren. Dem Kommentar von "De Misch" ist zu dem Thema eigentlich nichts hinzuzufügen.

minikeks
21. März 2019 - 12.16

Ein Park ist ein Stück Natur und trägt zur Lebensqualität der Bewohner einer Ortschaft resp. einer Stadt bei. Es muss nicht unbedingt ein Park geopfert werden um bezahlbare Wohnungen zu schaffen.

CESHA
21. März 2019 - 11.56

Neue Grünflächen mit mickrigen Jungpflanzen sind kein Ersatz für einen bestehenden Park mit alten Bäumen.
Die "Verdichtung" von Ortskernen ist keine gute Lösung, denn das Mikroklima der Ortschaften leidet darunter.
Wenn ich sehe, wie jetzt (teuer) kanalisierte Wasserläufe wieder (ebenso teuer) "renaturiert" werden, dann frage ich mich, wann man kapieren wird, dass innerörtliche Grünflächen keine Vergeudung von Bauland sind. Aber wenn erst mal überall Häuser stehen, kann man diese ja nicht so einfach wieder abreissen.

De Misch
21. März 2019 - 11.25

Ich finde keine bezahlbare Unterkunft! Schafft bezahlbare Wohnungen! Aber bitte nicht vor meiner Tür!
Das Mimimi der Luxemburger kann einen schon mächtig auf den Keks gehen.