Umwelt„Risiko, dass sie alles wegfressen“: Ausgesetzte Schildkröten gefährden die Luxemburger Tierwelt

Umwelt / „Risiko, dass sie alles wegfressen“: Ausgesetzte Schildkröten gefährden die Luxemburger Tierwelt
Gelbbauch-Schmuckschildkröten wie dieses Exemplar auf unserem Symbolfoto schwimmen auch im Lallinger Teich herum. Foto: Patrick Feller/Flickr/(CC BY 2.0)

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Luxemburg hat eigentlich keine einheimische Schildkrötenart. Trotzdem findet man die gepanzerten Reptilien in vielen Gewässern. Der Grund: Die exotischen „Deckelsmouken“ wurden hier ausgesetzt. Das führt allerdings zu etlichen Problemen für Natur und Mensch, wie eine Biologin dem Tageblatt erklärt.

Es ist ein grauer Montagmorgen – an der Oberfläche des Tümpels bei der Lallinger Sporthalle tauchen etwa ein Dutzend tellergroße Schatten auf. Reptilienköpfe lugen aus dem Wasser. Die Tiere schwimmen langsam näher, um einen Blick auf die Menschen am Rande des Gewässers zu werfen: Die Schildkröten scheinen auf Futter zu warten. „Auf keinen Fall füttern“, sagt Lieke Mevis gegenüber dem Tageblatt. Die Biologin arbeitet bei der Umweltschutzorganisation „Natur&Ëmwelt“ und betont, dass man wilden Tieren nichts zu essen geben soll.

 Lieke Mevis, Biologin bei der Umweltschutzorganisation „Natur&Ëmwelt“
Lieke Mevis, Biologin bei der Umweltschutzorganisation „Natur&Ëmwelt“ Foto: Editpress/Julien Garroy

Bei den Wasserbewohnern handelt es sich um Rotwangen- und Gelbbauch-Schmuckschildkröten. Die beiden Arten sind nicht einheimisch in Luxemburg. Heißt: Die Schildkröten, die im Lallinger Weiher schwimmen, wurden irgendwann dort ausgesetzt. Es ist eine invasive Schildkrötenart, deren Verkauf in der EU verboten ist. Trotzdem sind sie laut Mevis zum Teil noch in Geschäften zu finden. Und im Internet könne man sie sowieso bestellen. „Das sind die Schildkröten, die man früher auf der Kirmes bekommen hat – dann sind sie etwa drei bis vier Zentimeter im Durchmesser. Aber sie werden bis zu 30 Zentimeter groß“, sagt die 42-Jährige. Die Menschen würden sich die Tiere kaufen, doch „dann wird es unbequem und sie werden ausgesetzt“.

Das Problem dabei: Sie sind Allesfresser, haben in Luxemburg keinen natürlichen Fressfeind und sind mittlerweile sehr zahlreich. „Dadurch besteht das Risiko, dass sie alles wegfressen und damit anderen Tieren ihre Grundlage zum Überleben wegnehmen“, sagt Mevis. Die Jungtiere essen eine proteinreiche Nahrung, die beispielsweise auch Weichtiere wie Schnecken beinhaltet. Die erwachsenen Tiere ernähren sich vor allem von Pflanzen – „aber in großen Quantitäten“. Auch wenn die beiden Schildkrötenarten keine richtigen Raubtiere sind, die Fische verspeisen, essen sie deren Lebensgrundlage weg. „Wenn sie am Rande der Gewässer die Vegetation wegfressen, dann finden die Fische und viele Amphibien keinen Platz mehr, wo sie ihre Eier legen können“, sagt die Biologin.

Die Tiere seien auch für Menschen problematisch. Die Schildkröten hätten nämlich eine hohe Belastung an Salmonellen. „Wenn Kinder im Wasser spielen, könnten sie krank werden. Man soll sich immer die Hände waschen, wenn man in Kontakt mit Schildkröten kommt“, erklärt Mevis. Auch für die Auffangstationen würden die Schildkröten ein großes Problem darstellen. „Die Tiere werden 30 Jahre alt – sie so lange durchzufüttern, wenn man jedes Jahr zehn oder mehr Schildkröten bekommt, ist nicht einfach.“ Die Auffangstationen würden deswegen versuchen, die Tiere an Menschen weiterzuvermitteln, die sie dann auch behalten.

Überall in Luxemburg verbreitet

Die Schildkröten sind mittlerweile überall in Luxemburg zu finden: im Echternacher See, Stausee oder auch bei den Weihern in Kockelscheuer. Trotzdem gibt es bis jetzt noch keinen offiziellen Nachweis dafür, dass sich die Tiere in den Gewässern Luxemburgs fortpflanzen. Inoffiziell besteht allerdings der Verdacht, dass sie sich bereits fortgepflanzt haben. Es seien beispielsweise schon Eier gefunden worden, aber „ob die wirklich lebensfähig waren, ist eine andere Sache“, sagt Mevis. Eine Bekannte von ihr habe beim Echternacher See einmal so viele kleinere Schildkröten beieinander gesehen, dass es eher unwahrscheinlich sei, dass sie ausgesetzt wurden.

Ein Grund, warum die Reptilien immer öfter zu sehen sind, ist das Klima. Denn: Die Schildkröten können bei eisiger Kälte nicht überleben. Deswegen sind die Tiere früher nicht immer durch die Luxemburger Winter gekommen. „Mittlerweile überleben sie über Jahre hinweg – ich habe diesen Sommer ein ausgewachsenes Tier im Stausee gesehen“, sagt Mevis. In tieferen Gewässern – wie dem Echternacher See und dem Stausee – können sich die Schildkröten auch im Winter vor der Kälte geschützt aufhalten. „Wir hatten in den vergangenen Jahren keinen richtig kalten Winter. Und wann werden wir den nächsten harten Winter haben? Weil tendenziell werden sie immer sanfter“, sagt die Biologin.

Da die beiden Schildkrötenarten auf EU-Ebene als invasive Art klassiert sind, ist Luxemburg verpflichtet, einen Management-Plan anzulegen und zu schauen, „sie so weit wie möglich unter Kontrolle zu halten“, sagt Mevis. Die „Administration de la nature et des forêts“ hat den Plan ausgearbeitet. „Die Forstverwaltung hat die Auflage, sie human zu töten. Wenn man verhindern will, dass so ein Ökosystem kippt, muss man leider eingreifen“, erklärt die Biologin.

Exotische Reptilien sind keine Haustiere

Doch nicht nur Schildkröten werden in Luxemburg ausgesetzt. „Die Menschen kaufen sich Exoten, die älter und größer werden, als sie dachten, und setzen sie schließlich aus“, sagt Mevis. Oder sie landen in der Auffangstation, für die die Haltung dieser Tiere ebenfalls problematisch sei. Viele Menschen seien sich nicht bewusst, was beim Halten eines exotischen Tieres alles an Arbeitsaufwand und Geld nötig sei. Zum einen seien das wilde Tiere, die überhaupt nicht in Käfigen gehalten werden dürften. Zum anderen sei es auch ein ökologisches Problem für den Herkunftsort der Tiere, weil die Population der Tierart dadurch reduziert werde.

Einige Menschen würden die Tiere sogar die Toilette runterspülen, was ebenfalls zu Problemen führe. „Sie tragen oft Parasiten in sich, die dann Populationen bei uns krank machen können“, sagt Mevis. Aktuell würden zum Beispiel ein paar exotische bakterielle und virale Infektionen die Luxemburger Molche und Frösche krank machen. „Die wurden von exotischen Arten eingeschleppt und unsere Tiere hier sind nicht daran angepasst. Da werden komplette Populationen ausgelöscht. Und das kommt vom Handel mit den exotischen Arten“, erklärt die Biologin.

Waldi
31. Juli 2023 - 15.25

@ Bella / Diesmal liegen sie richtig. Ich bin nicht mehr der Jüngste und habe solche Suppe/Fleisch an Ort und Stelle gegessen. :-)

Bella
31. Juli 2023 - 11.12

@Waldi

"@ Bella haben Sie je in ihrem Leben richtige Schildkrötensuppe oder Fleisch gegessen dort wo diese Tiere beheimatet sind? Nicht die billige importierte Büchsenware. Ich bezweifle bereits jetzt ihre Antwort."

Natürlich nicht, ich bin ja nicht so uralt wie Sie. ?

Waldi
29. Juli 2023 - 16.15

@ Bella haben Sie je in ihrem Leben richtige Schildkrötensuppe oder Fleisch gegessen dort wo diese Tiere beheimatet sind? Nicht die billige importierte Büchsenware. Ich bezweifle bereits jetzt ihre Antwort.

Bella
28. Juli 2023 - 21.20

@Waldi

"@ Bella Sie sind ja noch schlimmer als die die Tiere aussetzen. Pfui."

Sie können ja versuchen die Schildkröten mit gutgemeinten Ratschlägen zum Auswandern zu bewegen aber diese Schädlinge müssen radikal ausgerottet werden.

Wenn sie dazu auch noch lecker sind, Win-Win.??

Waldi
28. Juli 2023 - 16.12

@ Bella Sie sind ja noch schlimmer als die die Tiere aussetzen. Pfui.

Bella
26. Juli 2023 - 21.30

Schildkrötensuppenfest organisieren mit Live-Schildkrötenbrillenschnitzen.