Mouvement écologiqueStudie deckt „EU-weite Wasserverschmutzung“ durch giftige Chemikalie auf – auch in Luxemburg

Mouvement écologique / Studie deckt „EU-weite Wasserverschmutzung“ durch giftige Chemikalie auf – auch in Luxemburg
Die Alzette in Ettelbrück Foto: Editpress-Archiv/Didier Sylvestre

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Luxemburg ist Teil einer erschreckenden Studie: Eine giftige Chemikalie ist in Gewässerproben im Großherzogtum und anderen EU-Ländern gefunden worden. Die Studie zeigt laut „Mouvement écologique“ in den Gewässern aller getesteten Länder „haushohe Werte“. Was es damit auf sich hat.

Flüsse, Seen und plätschernde Bäche – sie sind oft Symbol für die Reinheit der Natur, in der man sich erholen kann. Doch laut einer neuen Studie ist dieses Bild offenbar in vielen Gewässern in der EU getrübt. Die Untersuchung von „Pesticide Action Network Europe“ (PAN Europe) und der Umweltorganisation „Global 2000“ zeigt laut einer Pressemitteilung von „Mouvement écologique“ (kurz: Mouveco) eine „alarmierende EU-weite Wasserverschmutzung“. Die Umweltorganisation hatte Gewässerproben aus dem Großherzogtum zu der Untersuchung beigesteuert. Und laut dieser ist auch Luxemburg von der Kontamination betroffen. Ausgewertet wurden sowohl Oberflächenwasser- als auch Grundwasserproben.

Womit sind die Gewässer verschmutzt? Laut der Pressemitteilung handelt es sich dabei um Trifluoressigsäure (TFA), eine sogenannte „Ewigkeitschemikalie“. Mouveco erklärt in seiner Pressemitteilung: „TFA ist ein sehr langlebiges und sehr mobiles Abbauprodukt von PFAS-Pestiziden, F-Gasen (fluorierte, nicht natürlich vorkommende Gase; Anm. d. Red.) und anderen Ewigkeitschemikalien (PFAS).“ Diese besäßen in der Industrie sehr willkommene Eigenschaften: Sie seien wasser-, fett- und schmutzabweisend sowie chemisch und thermisch sehr stabil. „Dies macht sie allerdings auch zum Verhängnis für die Umwelt, da sie Jahrhunderte überdauern können und sie sich in Grundwasser, Böden und in unseren Körpern anreichern“, erklärt Mouveco.

Wie giftig ist TFA? Obwohl TFA das Endprodukt von geschätzten 2.000 PFAS-Verbindungen sei, habe man die Toxizität für die Umwelt und den Menschen bisher nur „recht begrenzt untersucht“, so die Umweltorganisation. Die wenigen PFAS, die intensiver erforscht wurden, hätten sich alle als „sehr giftig“ erwiesen. „Sie weisen reproduktionstoxische, krebserregende, immun- und endokrinschädigende Eigenschaften auf“, erläutert Mouveco. „Diese schädlichen Wirkungen können schon bei sehr geringen Konzentrationen auftreten. Tausende von Menschen sind bereits infolge des Kontakts mit diesen Stoffen erkrankt oder gestorben.“ Zudem müsse laut dem Verband nicht die Toxizität jeder einzelnen der mehr als 10.000 PFAS-Chemikalien nachgewiesen werden, da ihre „ultimative Langlebigkeit“ ausreiche, um ein generelles Verbot zu rechtfertigen.

Wie kommt die Chemikalie in die Gewässer? Die PFAS gelangen laut dem Umweltverband schon bei ihrer Herstellung, aber besonders während des Gebrauchs und der Entsorgung, in die Umwelt. „Die über 10.000 PFAS-Verbindungen, die auf dem Markt sind, werden unter anderem bei regenabweisender Kleidung, Kosmetika, Zahnseide oder antihaftbeschichteten Töpfen eingesetzt“, schreibt Mouveco. „Großes Einsatzgebiet stellen aber auch Pestizide dar.“ Die vom Luxemburger Landwirtschaftsministerium 2024 aktualisierten Zahlen belegen laut dem Umweltverband, dass fast die Hälfte der aktuell 38 in der EU zugelassenen PFAS-Pestizide auch in Luxemburg zur Anwendung kommen. Deutschlands Umweltbundesamt habe derweil vor kurzem PFAS-Pestizide als wahrscheinliche Hauptquelle der TFA-Wasserverschmutzung in ländlichen Gebieten identifiziert.

 Grafik: Mouvement écologique

Wie viel TFA wurde wo gefunden? Für die Studie sind laut Mouveco jeweils Flüsse und Grundwasser aus zehn EU-Ländern separat untersucht worden, wobei pro Land jeweils eine Probe eingereicht werden sollte. Mouveco hat für Luxemburg eine Probe der Alzette sowie eine Probe einer als öffentlich zugänglichen Trinkwasser-Quelle bei Dommeldingen untersuchen lassen. „Die Proben aller Länder enthielten TFA, wobei die Konzentrationen zwischen 370 Nanogramm pro Liter (ng/l) und 3.300 ng/l lagen.“ Die Konzentration von TFA in der Alzette bei Mersch bewegte sich demnach um den europäischen Durchschnitt bei 1.220 ng/l. Der Wert der Trinkwasser-Quelle habe bei knapp 1000 ng/l gelegen.

 Grafik: Mouvement écologique

Der Durchschnitt aller Grundwasserproben liege bei 1.025 ng/l. „In 23 der 29 Wasserproben (79 Prozent) überschritten die TFA-Konzentrationen den vorgeschlagenen Grenzwert für ‚PFAS gesamt‘ der EU-Trinkwasserrichtlinie, der bei 500 ng/l liegt“, berichtet Mouveco. „Da PFAS-Chemikalien nicht komplett durch Kläranlagen gefiltert werden, sind diese Werte umso alarmierender.“ Die Resultate der Studie widerlegen laut der Organisation die jahrzehntelange Annahme, dass die Kontamination durch PFAS sich nur auf industrielle Hotspots beschränkt.

Die EU schreibt vor, dass Pestizide nur dann zugelassen werden dürfen, wenn ihre Wirkstoffe und Abbauprodukte im Grundwasser einen Schwellenwert von 100 ng/l nicht überschreiten. Seit 2003 werde TFA jedoch als „nicht relevanter Metabolit“ geführt, wodurch es von allen Überwachungsverpflichtungen und Grenzwerten ausgenommen wurde, erklärt Mouveco. „Soweit den Verfassern der Studie bekannt ist, überwachen die meisten der 27 EU-Länder keine TFA-Werte in Oberflächen-, Grund- oder Trinkwasser, noch sind solche Daten öffentlich zugänglich.“ Ausnahmen seien Deutschland, Belgien, Dänemark, die Niederlande, Norwegen und Schweden.

Das „Mouvement écologique“ fordert aufgrund der Problematik Folgendes:

  • „ein schnelles Verbot von PFAS-Pestiziden;
  • die Einführung der neuen Gefahrenklassen Persistent, Mobil und Toxisch (PMT) und sehr
    Persistent und sehr Mobil (vPvM) in die EU-Pestizidverordnung;
  • die Umsetzung des allgemeinen PFAS-Verbots gemäß der REACH-Chemikalienverordnung;
  • die Einstufung von TFA als ‚prioritäre Substanz‘ gemäß der Wasserrahmenrichtlinie und
  • Überwachungsverpflichtungen und Grenzwerte für TFA.“

                 

john schmit
29. Mai 2024 - 19.22

Etwas scheint mir kontradiktorisch: Ewigkeitschemikalien (PFAS) sind per Definition sehr stabil. Das bedeutet, daß sie nicht mit anderen Molekülen interagieren, sonst würden sie selbst verändert werden und es wären de facto keine "Ewigkeitschemikalien".
Wäre das Endprodukt einer Abbauserie (die es ja anscheinend nicht gibt) Trifluoressigsäure (oder beeindruckender tri-fluoro-ethansäure nach IUPAC), dann müsste man sich eingehender mit dieser Substanz befassen. Sie ist sicherlich ein Vielfaches stärker saurer (pKs-Wert) als Essigsäure , aber ansonsten werden keine toxischen Eingenschaften augenfällig (Salzsäure, welche in unserem Magen die Verdauung einleitet, ist ein paar tausendmal stärker sauer als TFE). Die Fluor-Atome, welche kovalent sehr stabil an das alpha-Kohlenstoffatom gebunden sind werden bei zellchemischen Prozessen kaum abgespalten. Anders zB. beim Natriumfluorid (in Zahnpasten), ein Salz, welches im Wasser dissoziert und Fluorid-Anionen freisetzt, welchen eine bestimmte Toxizität nachgesagt wird.
Kann man TFE also als toxisch einstufen?
Im besten Fall: Man weiß es halt nicht.....mit chemischem Sachverständnis eher nein.

Eine Langzeitstudie ist gefragt, und wenn das MECO diese verlangt, umso besser. Aber wiederum springt man vor den Wagen und löst eine Welle der Verunsicherung aus ohne nachhaltige Beweise. Wie meistens plappert mat nach, was man dankbar in der einschlägigen ausländischen grünen Presse aufgepickt hat um Verantwortliche unter Druck zu setzen und die Menschen zu verängstigen.
Dieser modus operandi ist so tief in der grünen Strategie verankert, daß ich diese politische Ausrichtung ablehnen muß.