Piraten-ChaosSven Clement bläst zum Gegenangriff: „Gebe die Piraten nicht so schnell auf“

Piraten-Chaos / Sven Clement bläst zum Gegenangriff: „Gebe die Piraten nicht so schnell auf“
Sven Clement wankte zwischen Reue und Unverständnis ob der erhobenen Vorwürfe und Vorkommnisse Foto: Editpress/Alain Rischard

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Sven Clement hat am Freitagnachmittag eine Pressekonferenz einberufen, um auf die von Marc Goergen vorgebrachten Anschuldigungen zu reagieren. Das, nachdem er der Parteileitung bereits am Freitagmorgen einen 26-seitigen Brief hat zukommen lassen, anhand dessen er die Vorwürfe gegen sich entkräften lassen will.

Ben Polidori hat die Piraten mit seinem Rücktritt in eine tiefe Krise gestürzt. Aus Angst, eine Schlammschlacht loszutreten, wollte er öffentlich keine Stellung beziehen. Es wurde trotzdem eine, denn: In der MALT-Affäre hat Marc Goergen schwere Vorwürfe gegen Sven Clement erhoben. Dieser hat am Freitag mit einer persönlichen Pressekonferenz reagiert, sich in einigen Punkten einsichtig gezeigt – und seinerseits Marc Goergen an den Pranger gestellt. Am Freitagmorgen hatte er bereits einen 26-seitigen Brief an die Parteileitung geschickt, in dem er die auf der Pressekonferenz erhobenen Vorwürfe auflistet. Das Dokument liegt dem Tageblatt vor.

Sven Clement hatte die Pressekonferenz außerhalb der Partei- und Fraktionsgebäulichkeiten organisiert, um nicht den Eindruck einer (weiteren) Vermischung zwischen Persönlichem, Partei und seinem Mandat als Abgeordneter aufkommen zu lassen, so das Argument. Was er sich von der PK erhoffe? „Dass Marc Goergen aufhört, Lügen zu verbreiten“, sagt Clement. „Er verrennt sich in etwas, das menschlich und auch politisch nicht gut ist.“ Inwiefern die beiden Abgeordneten im September in der Chamber zusammenarbeiten werden, ist indes noch nicht klar. „Das müssen wir den Sommer über klären.“ Er wolle auf jeden Fall „den Namen der Piraten nicht so schnell aufgeben.“

MALT-Affäre

„MALT – Mobile Assisted Language Tool“ heißt das Projekt, das die Piraten in ihre bislang größte Existenzkrise gestürzt hat. Dahinter verbirgt sich eine App, die es ermöglichen sollte, Arabisch auf Luxemburgisch zu übersetzen und somit den 2015 aus Syrien geflüchteten Ankömmlingen in Luxemburg die Integration zu erleichtern. Die Piratenpartei hatte sich 2016 dazu entschlossen, sich auf das ausgeschriebene Projekt zu melden, und wurde als Projektverantwortliche vom damaligen OLAI („Office luxembourgeois de l’accueil et de l’intégration“/heute ONA) zurückbehalten. Anschließend wurde das Projekt anhand einer öffentlichen Ausschreibung auf der Piraten-Webseite ausgeschrieben. Eine Ausschreibung, die nur wenig Resonanz erhielt, sodass das Projekt schließlich, „nach den Regeln einer solchen Prozedur“, an die Firma von Jerry Weyer und Sven Clement – beide damals Piraten-Mitglieder – vergeben wurde.

11


Friseurbesuche soll sich Marc Goergen unter anderem mit der Visa-Karte der Piraten-Fraktion in der Chamber geleistet haben

Das „Office national d’accueil“ fordert heute jedoch eine Zahlung von 92.316,14 Euro, weil einige Leistungen nicht wie verbucht erbracht worden sein sollen. Dem vorausgegangen ist ein Audit der KPMG, die der „Commission d’exécution budgétaire“ in der Chamber vorgelegt wurde. Sven Clement sitzt für die Piratenpartei in der zuständigen Kommission. Clement kritisiert, dass in dem Audit verschiedene Belege vom ONA nicht hätten vorgelegt werden können, die die Piratenpartei nachweislich jedoch dem ONA vorgelegt habe. Auch seien Verträge mit dem ONA zu spät unterschrieben worden. Wenn jedoch nach Klärung aller Feinheiten noch immer eine Summe zurückzuzahlen sei, sei die Partei entsprechend gut aufgestellt. Denn die zurückzuzahlende Summe steht noch immer nicht fest. Das Audit der KPMG hält eine deutlich geringere Rückzahlungssumme von 79.910,91 Euro fest, während die „Inspection générale des finances“ lediglich die Rückzahlung der nationalen Geldleistungen (39.955,46 Euro) des zu 50 Prozent mit europäischen Geldern subventionierten Projektes für nötig hält.

Wer zahlt?

Die entscheidende Frage aber lautet: Wer soll das zahlen? Die Partei – oder etwa doch sein Unternehmen? „Die Leistungen wurden nachweislich erbracht“, meint Sven Clement. In seinem Brief an die Parteileitung legt der Piraten-Abgeordnete Dokumente vor, die belegen, dass die App tatsächlich 19.100-mal aufgerufen wurde. Auf Basis der Nutzerzahlen habe er errechnet, dass die App insgesamt rund 165 Euro pro Nutzer gekostet habe – „ein Kurs am INL kostet 280“, vergleicht Clement. Die App sei dann 2021 von Apple aus dem App-Store gelöscht worden, weil die System-Updates eine komplette Überarbeitung erfordert hätten und der Zeitrahmen des Projektes aber bereits länger überschritten war. Der entsprechende Hinweis zur Entfernung der App seitens des App-Stores hängt dem Brief an die Parteileitung an.

Dass Marc Goergen nichts von dem Projekt gewusst haben soll, bestreitet Clement. Goergen sei zu dem Zeitpunkt nicht nur in Parteigremien präsent gewesen, die das Projekt unterstützt haben. Auch habe Goergen zwischen zwei Firmenpleiten als sein Angestellter bei Weyer&Clement gearbeitet, als das Projekt MALT in Angriff genommen wurde. „Wenn er fordert, dass mein Unternehmen alles zurückzahlt, müsste ich dann auch sein damaliges Gehalt zurückverlangen“, sagt Clement. Dass das Unternehmen alleine dafür geradesteht, könne er in der Logik eben nicht nachvollziehen, weil es nachweislich eine gegen Bezahlung geleistete Arbeit gegeben hat. Er sei jedoch auch bereit, als persönlicher Garant eines Kredits Verantwortung zu übernehmen oder die anhand seiner „Jetons“ erwirtschafteten Gelder, die über dem statuarisch festgelegten Minimum von zehn Prozent liegen würden, dafür zu nutzen.

„Heute würde ich sagen, dass wir das Projekt nicht hätten annehmen sollen, wenn unser Unternehmen das einzige ist, das sich auf die Ausschreibung meldet“, sagt Clement. Dass die Ausschreibung nicht korrekt verlaufen wäre, wie im Audit aufgeführt, könne er anhand von archivierten Internetseiten aber belegen, die das Projekt mit dem „Cahier des charges“ auflisten.

Profiteur der Partei

Dass Sven Clement von Goergen nun als Profiteur der Parteistrukturen dargestellt wird, sei eine Lüge, sagt Clement. Er habe in all den Jahren nachweislich über 14.000 Euro an die Partei gespendet. Marc Goergen seinerseits habe lediglich eine Überweisung in der Höhe von 20 Euro mit dem Vermerk „Don“ oder „Spend“ an die Partei getätigt.

Anders soll es hingegen in der Fraktion zugehen. Für die vergangenen 19 Monate hat Sven Clement Ausgaben in Höhe von 16.873,56 Euro mit der Visakarte der Fraktion getätigt. 3.436 davon habe er als nicht genau zuschreibbar, und somit eher privater Natur, aufgelistet. Marc Goergen würde hingegen auf Ausgaben von insgesamt 51.440,15 Euro kommen, davon 29.997,19 Euro, die nicht im Sinne der Fraktion getätigt worden sollen sein. 88 Restaurantbesuche, elf Friseurbesuche, Kosten für Autoreparaturen, obwohl die Fraktion kein Auto hat, sowie Kosten für Modeartikel und 28 McDonald’s-Besuche sollen darunter fallen. Bei Ben Polidori sollen in den vergangenen neun Monaten 5.164,92 Euro zusammengekommen sein.

Rechne man aber Erträge für die Partei und von der Partei oder Fraktion genutzte Gelder für private Zwecke zusammen, soll Sven Clement fast 19.000 Euro der Partei zugewendet haben – während Goergen in seiner Zeit als Mitglied seinerseits 3.500 Euro netto aus der Partei herausgezogen haben soll.

Plop Poulpy
21. Juli 2024 - 9.00

Lachhaft. Et geht Iech jo nemmen em de fric.

Nomi
20. Juli 2024 - 15.35

Wer ehrlich ist kommt weiter !

Een entlarwten Profiteur muss fort !

Luxmann
20. Juli 2024 - 11.51

Solche parteiinternen fehden sind immer interessant.
Jetzt wissen wir dank RTL dass Sven keine parteigelder benutzt um zu den "meedercher" zu gehen..und dass Marc anscheinend seine coiffeur besuche mit der visa der piraten bezahlt hat.
In die geschichtsbuecher wird dieser streit nicht eingehen...anders wie diejenigen zwischen den parteigenossen stalin und trotski oder mao und lin piao.