Verbot gekipptTausende Häuser betroffen: Escher Politiker reagieren auf Urteil des Verwaltungsgerichts

Verbot gekippt / Tausende Häuser betroffen: Escher Politiker reagieren auf Urteil des Verwaltungsgerichts
Auch für die Häuser in der rue Aloyse Kayser im Escher Viertel Uecht galt das Verbot für Einliegerwohnungen, das vom Verwaltungsgericht gekippt wurde Foto: Editpress/Fabrizio Pizzola

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Das Verwaltungsgericht hat eine Entscheidung der Stadt Esch aus dem Jahr 2021 gekippt. Damals waren 4.000 Einfamilienhäuser mit dem Verbot belegt worden, Einliegerwohnungen darin einzurichten. CSV-Bürgermeister Christian Weis kann noch nicht sagen, ob die Stadt in Berufung geht. Die Opposition hingegen hofft, dass der Spuk um die Einfamilienhäuser jetzt vorbei ist. 

Ein Urteil des Verwaltungsgerichts weckt in Esch alte Geister. In den Jahren 2020 und 2021 tobte in der zweitgrößten Stadt des Landes ein Streit um die Frage, wer wie wohnen darf. Der damalige CSV-Bürgermeister und jetzige Arbeitsminister Georges Mischo wollte zusammen mit seiner CSV und den Koalitionspartnern DP sowie „déi gréng“ den Wohngemeinschaften in Einfamilienhäusern den Garaus machen.

Der vorgeschlagene Weg, dies über ein Verbot herzustellen, stieß damals auf breiten Widerstand. Dass nur noch jene hätte zusammenwohnen können, die aus der derselben Familie stammen oder aber in einer Beziehung sind, sorgte bei Dutzenden Betroffenen für reale Probleme. Sie konnten sich plötzlich nicht mehr ordnungsgemäß melden bei der Stadt und verloren so unter Umständen ihre Berechtigung auf finanzielle Hilfen, bekamen keine Parkvignette und keine Mülleimer.

Weis will erst einmal Analyse abwarten

Die damalige Stadtführung ruderte ein Stück weit zurück, brachte aber im neuen Bebauungsplan, der damals obligatorisch erstellt werden musste, einen Passus unter, der für den Oppositionsrat Marc Baum („déi Lénk“) „ideologisch“ in dieselbe Kerbe schlug. Mit der Untersagung des sogenannten „Logement intégré“, also dem Verbot von Einliegerwohnungen in weiten Teilen der Stadt, hätten Mischo und Co. damals ihre Sicht, wer mit wem zusammenleben solle, anders durchgedrückt, so Baum.

Dieses Verbot von Einliegerwohnungen wurde nun vom Verwaltungsgericht gekippt. Wie es weitergeht, ist nicht gewusst. Was man allerdings weiß, ist, dass die stattliche Anzahl von rund 4.000 Häusern betroffen ist.

Der heutige Bürgermeister Christian Weis war damals noch Schöffe unter Mischo und stimmte im Februar 2021 den Bebauungsplan im Gemeinderat mit – und damit auch die Entscheidung gegen Einliegerwohnungen. Weis steht auch heute noch zu seiner damaligen Entscheidung. Dem Tageblatt sagt der CSV-Politiker, in seinen Augen habe das Verbot des sogenannten „Logement intégré“ in tausenden Escher Einfamilienhäusern einen weiteren Preisanstieg bei den besagten Immobilien verhindern sollen. „Ich wollte und will weiterhin, dass auch junge Familien sich in Esch ein Haus leisten können und ich hielt dieses Verbot für ein mögliches Mittel auf dem Weg zu diesem Ziel“, sagte Weis am Mittwoch.

Vielleicht war das Verbot nicht der beste Weg

Bürgermeister Christian Weis

Nach dem Spruch des Verwaltungsgerichts und der Analyse dieses Urteils durch die eigenen Spezialisten werde man den urbanistischen und juristischen Impakt besser einschätzen können und eine Entscheidung fällen, ob man gerichtlich in Berufung gehe oder nicht. Weis sagt aber auch, dass man sich noch einmal genau anschauen wolle, ob die Zahl der damals vom Stadtarchitekten genannten 4.000 Einfamilienhäuser und die dann als Drohung vermittelte Prognose von 10.000 mehr Einwohnern tatsächlich stimmten. „Hinter meiner Grundidee, erschwinglichen Wohnraum zu schaffen, stehe ich weiterhin“, sagt Weis, auch wenn, wie es jetzt ausschaut, das Verbot von Einliegerwohnungen in den betroffenen Escher Vierteln „vielleicht nicht der richtige Weg gewesen ist“.

Kritik von Faltz und Baum – und ein bisschen Hoffnung

LSAP-Gemeinderat Steve Faltz (LSAP) verwundert das Urteil des Gerichts nicht. Die Zahlen von 4.000 Häusern und 10.000 neuen Einwohnern, die damals präsentiert wurden, hielt Faltz auch da schon für „Panikmache, da in der Praxis sowieso nur ein Bruchteil der Hausbesitzer die Möglichkeit einer Einliegerwohnung nutzen würde“. Der Schöffenrat habe, so Faltz, damals mit dieser Maßnahme gegen Schlafhändler und die berüchtigten „Café-Zimmer“ vorgehen wollen. Solche Bruchbuden werden oft völlig überteuert vor allem an saisonale Bauarbeiter vermietet. „Aber die Gemeinde hatte damals schon Möglichkeiten, diese zu kontrollieren“, sagt Faltz, „und falls die sich als unhygienisch erweisen oder andere Kriterien nicht erfüllen, kann die Gemeinde die Mieter auf Kosten der Hausbesitzer umquartieren.“

Faltz hofft in der Angelegenheit auf Eschs nicht mehr ganz neuen Bürgermeister. „Mit Christian Weis haben wir jetzt doch einen, der wesentlich mehr Empathie zeigt als der vorherige“, sagt Faltz. Baum zeigt sich da skeptischer. „Bürgermeister Christian Weis ist noch immer nicht bereit, den Fehler von damals zuzugeben“, sagt der Linken-Politiker. Dabei sei nicht nur die Rechtssituation schon damals klipp und klar gewesen. Vor allem sei es darum gegangen, einfach mehr Wohnraum für die Studentenstadt Esch zu schaffen, so Baum.
Auch Faltz hatte sich bereits im Jahr 2020 öffentlich gegen das Vorhaben gewandt und zusammen mit anderen einen offenen Brief an den damaligen Bürgermeister verfasst. „Wir waren damals der Meinung, sie sollten sich das gut überlegen“, sagt Faltz auch heute noch: „Alle Gutachten, die es dazu gab, wiesen auf die Unzulänglichkeiten hin.“ Zudem könne Esch es sich nicht leisten, in Zeiten von Wohnungsnot und als Universitätsstadt auf die Möglichkeit solcher Wohnungen zu verzichten.

Auf den offenen Brief habe der damalige Bürgermeister Georges Mischo nicht geantwortet. Faltz, der damals noch nicht im Gemeinderat war, sagt: „Der hätte sich wohl lieber einen Finger abgeschnitten, als mich zu beachten.“ Der heutige Bürgermeister Weis will wie gesagt erst einmal die Analyse seiner Juristen abwarten. Fügt aber an, dass das Verbot der Einliegerwohnungen bereits im Februar 2021 keine Entscheidung gewesen sei, die „mir leicht gefallen ist“.