Von Kühen auf MenschenVogelgrippe findet neue Ansteckungswege: Wie sieht die Situation in Luxemburg aus?

Von Kühen auf Menschen / Vogelgrippe findet neue Ansteckungswege: Wie sieht die Situation in Luxemburg aus?
Vogel und Kuh: Beide haben inzwischen die Gemeinsamkeit, dass sie sich mit der Vogelgrippe anstecken können. Eine Ansteckung bei Kühen wurde erstmals Ende März 2024 in den USA festgestellt. Foto: Rodrigo Abd/AP

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In Mexiko ist kürzlich erstmals ein Mensch am Vogelgrippe-Typ H5N2 gestorben, in den USA gibt es seit neuestem Übertragungen von Kühen auf Menschen. Die WHO mahnt zur Wachsamkeit. In Luxemburgs Nachbarländern gibt es Fälle bei Geflügel – aber wie ist die Lage hierzulande? Ein Überblick.

Vom Vogel auf die Kuh und von dort aus auf den Menschen – die Vogelgrippe sorgt momentan mit ihren neuen Ansteckungswegen für Gesprächsstoff. Aber worum genau geht es? Die jüngsten Meldungen drehen sich vor allem um vier Fälle von menschlichen Ansteckungen in den USA, bei denen sich die Personen bei erkrankten Milchkühen infiziert haben. Nach Angaben der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC handelte es sich dabei um Arbeiter von Milchviehfarmen. Am 25. März seien laut CDC zum ersten Mal Vogelgrippeviren bei Kühen gefunden worden – und das gleich in mehreren US-Bundesstaaten.

In Europa gibt es bisher keine registrierten Vogelgrippe-Fälle bei Kühen – bis auf einen Versuch von Forschern auf einer Insel in Deutschland, doch dazu später mehr. Wie bereitet sich aber zum Beispiel Luxemburg für den Fall vor, dass das Virus doch den Sprung nach Europa machen sollte? Gesundheitsministerin Martine Deprez (CSV) erklärt dazu am 2. Juli in einer Antwort auf eine parlamentarische Frage, dass die Regierung die weltweite Situation im Blick habe. „Die Gesundheitsdirektion verfolgt in enger Zusammenarbeit mit der luxemburgischen Veterinär- und Lebensmittelbehörde (ALVA) die weltweite Entwicklung auf der Grundlage der wöchentlichen Risikoanalysen des ECDC“, schreibt sie. Beim ECDC handelt es sich um das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten. Auch das Frühwarnsystem „Bird Flu“ für H5N1-Fälle bei Wildvögeln habe die ALVA beispielsweise auf dem Schirm.

Milchbauern ergreifen Vorsichtsmaßnahmen

„Luxemburg und die EU sind auf gesetzlicher und operativer Ebene gut darauf vorbereitet, auf einen bestätigten Fall von H5N1 bei Säugetieren und insbesondere bei Milchkühen zu reagieren“, so Deprez. Die Tiergesundheitsgesetzgebung der EU habe „eine klar definierte und präzise Überwachung bei Geflügel, Wildvögeln und Säugetieren festgelegt“. In Luxemburg sei diese Überwachung von der ALVA in Zusammenarbeit mit dem „Luxembourg Institute of Health“ (LIH) eingeführt worden. Da allerdings bisher in der EU kein Vogelgrippe-Fall bei Rindern nachgewiesen wurde, gebe es derzeit kein umfassendes präventives Screening von Milchkühen, erklärt die Ministerin. „Bei der geringsten Veränderung des Risikos wird die Überwachung angepasst.“

Der laut Deprez „eher wahrscheinliche Einschleppungsweg“ sei der Handel mit Rindern und jeglicher kontaminierter Rinderware aus den betroffenen Betrieben in den USA. „In Luxemburg gab es keine Importe aus den USA und daher kann das Risiko einer Infektion durch direkte Übertragung von Kuh zu Kuh ausgeschlossen werden“, schlussfolgert die Ministerin. „Die Vorsichtsmaßnahmen, die Milchbauern bei Besuchern und Mitarbeitern, die aus einem betroffenen Gebiet in den USA zurückkehren, ergreifen, verhindern eine indirekte Übertragung.“ Maßnahmen dafür seien eine Quarantäne, die Desinfektion der Ausrüstung oder der Wechsel der Kleidung und Schuhe.

Auf infocrise.lu werden auch Reisende sensibilisiert: „Es muss zurzeit an das Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen appelliert werden, um zu verhindern, dass das Vogelgrippevirus nach Luxemburg eingeschleppt wird.“ Am Flughafen Findel seien zudem die Kontrollen für Passagiere aus Vogelgrippe-Risikogebieten verschärft worden.

Was passiert bei einem Vogelgrippe-Fall in Luxemburg?

Wird eine Vogelgrippe-Infektion festgestellt, beispielsweise bei einem Wildvogel, wird zunächst eine „Schutzzone“ in einem Umkreis von 3 km um den Fundort des Vogelkadavers eingerichtet, die 21 Tage lang aufrechterhalten wird. Diese wird ergänzt durch eine für 30 Tage eingerichtete „Überwachungszone“ im Umkreis von 10 km um den Fundort.
Innerhalb der Schutzzone gilt während der 21 Tage eine Liste an Dingen, darunter: „Stallpflicht für Geflügeltiere und sonstige in Gefangenschaft gehaltene Tiere; Beaufsichtigung von Hunden; Verbot, wilde Wasservögel zu füttern; Laboruntersuchung aller tot aufgefundenen Wildvögel“ und einige mehr. Einwohner der Schutzzone und Personen, die sich vorübergehend in der Schutzzone aufhalten, müssen zudem eine Desinfektionsanlage passieren, um die Zone mit ihren Fahrzeugen wieder verlassen zu können.
In der Überwachungszone gilt: „Ermittlung sämtlicher Geflügelfarmen; Verbot, Wildvögel zu füttern; Zusammenbringen und Laboruntersuchung aller von den Verantwortlichen des Notdienstes eingesammelten toten Wildvögel; Verbot von Messen, Märkten und Ausstellungen; Verbot der Jagd auf Wildvögel“. Geflügelbesitzer müssen darüber hinaus in beiden Zonen noch weitere Maßnahmen ergreifen, beispielsweise eine Stallpflicht und zahlreiche Hygienemaßnahmen für Mensch und Tier. (Quelle: infocrise.lu)

Unterschiedlich tödliche Varianten

Wie beim Coronavirus auch gibt es unter der Oberbezeichnung der Krankheit verschiedene Subtypen. Neben dem bekanntesten Typ H5N1 gibt es also noch weitere, beispielsweise den Typ H5N2. Während H5N1 bisher zu den weltweit mit Abstand meisten Todesfällen bei Menschen führte, gab es vor wenigen Wochen den ersten registrierten H5N2-Todesfall bei einem Menschen in Mexiko. Das meldete die Weltgesundheitsorganisation WHO am 5. Juni. Seit 2003 registrierte die Behörde insgesamt mehr als 2.600 nachgewiesene Vogelgrippe-Erkrankungen und 1.100 Todesfälle bei Menschen.

Die verschiedenen Vogelgrippe-Untertypen unterscheiden sich laut einem Bericht von „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) von Anfang Juni hauptsächlich darin, dass es sich beim H5N1-Typ um eine „besonders aggressive Variante“ handelt. Auf ihn seien auch die meisten Ansteckungen bei Menschen zurückzuführen. Der Subtyp werde von Forschenden weltweit zudem beobachtet, weil er „immer mehr dazu übergeht, nicht nur Wildvögel und Geflügel zu dezimieren, sondern auch immer mehr fleischfressende Säugetierarten befällt“.

Der Untertyp H7N9 stehe neben H5N1 ebenfalls in Verbindung mit einer Reihe von Ansteckungen bei Menschen. Entdeckt worden sei er 2013 in China. „Dieses Virus gilt als besonders tödlich und kann schwere Lungenentzündungen hervorrufen“, heißt es in dem Bericht. „Rund 770 Infizierte wurden in den Folgejahren bekannt, von denen 306 verstarben.“

Hohes Fieber und Atemnot

Dass bei menschlichen Ansteckungen andere Subtypen nachgewiesen werden, geschehe eher in Einzelfällen, wie beispielsweise bei dem H5N2-Todesfall in Mexiko. Der 59-Jährige war laut dem Bericht vorerkrankt und hatte während der Vogelgrippe-Erkrankung mehrere Wochen lang hohes Fieber und Atemnot gehabt, bevor er schließlich im Krankenhaus starb. Nach Angaben der WHO ist nicht bekannt, wo der Mann sich ansteckte. Mit H5N2 infiziertes Geflügel habe es in Mexiko jedenfalls gegeben. Laut dem Robert Koch Institut (RKI) in Deutschland gibt es jedoch „derzeit weltweit keine Hinweise für eine fortgesetzte Mensch-zu-Mensch-Übertragung mit aviären Influenzaviren“.

Einem Bericht des deutschen Senders NDR zufolge kann jedenfalls auch die in Deutschland vorkommende Vogelgrippe-Variante Kühe anstecken. Das habe ein neuartiger Versuch des Friedrich-Loeffler-Instituts auf der Insel Riems ergeben. Dort seien Kühe mit der H5N1-Variante infiziert worden. Sie hätten daraufhin „eindeutige Krankheitssymptome – wie starken Milchrückgang, eine veränderte Milchkonsistenz und Fieber“ gezeigt, heißt es in dem Bericht. Kühe infizierten sich laut den Experten jedoch nur, „wenn das Virus direkt mit dem Euter in Kontakt kommt“. Es werde beim Milchvieh demnach „wohl durch Tiertransporte und Melkgeschirr verbreitet“.

Frankreich und die Niederlande impfen Geflügel

Während es in Luxemburg derzeit keinen erfassten Vogelgrippe-Fall gibt, kommt das Virus durchaus in den Nachbarländern des Großherzogtums vor. In Deutschland wurde erst vor einigen Tagen ein Fall aus dem niedersächsischen Landkreis Bad Bentheim bekannt. Das berichtet das Fachmagazin agrarheute. So eine Entdeckung hat Folgen: „Auf dem betroffenen Betrieb wurden 91.000 Legehennen getötet“, berichtet das Agrarmagazin.

Sowohl die Niederlande als auch Frankreich gehen laut infocrise.lu im Rahmen eines Pilotprojekts mit Geflügel-Impfungen gegen die Grippe vor. In Frankreich impfe man einem Bericht des Fachmagazins topagrar zufolge flächendeckend alle Mastenten. Und laut agrarheute zeigt das auch seine Wirkung: „Zwischen dem 2. Dezember 2023 und dem 15. März 2024 waren überwiegend ungeimpfte Geflügelbestände von der Seuche betroffen“, heißt es in dem Artikel. Im Südwesten des Landes – ein Brennpunkt vorangegangener Seuchenzüge – seien laut EFSA gar keine Ausbrüche registriert worden.

Die EU hat derweil laut einer Pressemitteilung vom 11. Juni einen Rahmenvertrag für die gemeinsame Beschaffung von bis zu 665.000 Vogelgrippe-Impfdosen unterschrieben – für Menschen. Es handele sich dabei um einen „Prä-Pandemie-Impfstoff“ der Firma Seqirus. Das Dokument beinhalte auch eine Option auf weitere 40 Millionen Dosen während der Vertragslaufzeit. Der Impfstoff sei für Personenkreise mit einem besonders hohen Expositionsrisiko bestimmt, wie zum Beispiel Personal von Geflügelfarmen und Tierärzte. Insgesamt 15 EU- und EWR-Mitgliedstaaten beteiligen sich an der freiwilligen Impfstoffbeschaffung – Luxemburg ist nicht dabei.