WetterWarum die Unwettergefahr im Mittelmeer weiter anhält

Wetter / Warum die Unwettergefahr im Mittelmeer weiter anhält
Die Wasseroberflächentemperatur des Mittelmeers hat einen Rekord gebrochen Foto: ZUMA Press/dpa Montage: Tageblatt

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Unwetter suchten in den letzten Tagen Teile der balearischen Inseln heim, hauptsächlich in Form von ergiebigen Niederschlägen. Verwunderlich sind diese Entwicklungen jedoch nicht – die Gefahr wird noch einige Wochen anhalten.

Das Mittelmeer erreicht mal wieder eine neue Rekordtemperatur – Es ist bereits das zweite Jahr in Folge, in dem die Wasseroberflächentemperatur des Mittelmeers einen neuen Allzeit-Höchststand erreicht. Am vergangenen Freitag wurde erstmals ein mittlerer Temperaturwert von 28,9 °C gemessen – so das Institut für Meereswissenschaften in Barcelona. Von den Temperatur-Peaks her gesehen konnte am 16. August vor der nördlichen Küste Siziliens und Kalabriens ein Maximum von 31 °C gemessen werden. Die Veränderung des Klimas im Mittelmeer führt nicht nur zu einem negativen Einfluss auf die Ökosysteme, sondern lässt die Gefahr von Starkregenereignissen ansteigen.

Der Grund ist klar: Besonders dann, wenn der Höhepunkt des Sommers erreicht ist und es langsam in Richtung Herbst geht, dauert es lange, bis sich schlussendlich auch das Mittelmeer abkühlt. Bedeutet: Wenn kühlere Luftmassen über das Mittelmeer wandern, kommt es durch das aufgeheizte Wasser zur Bildung von großen Wettersystemen, die in erster Linie zu sehr hohen Regenmengen und Stürmen führen können.

Mit Rückblick auf die Berichterstattungen der letzten Jahre wird klar, dass der Trend auch diesmal darauf hinausläuft, dass die Unwettergefahr wohl noch wochenlang anhalten wird. Zwar kann man jetzt noch nicht genau vorhersagen, wo und wann es passieren wird – dass es passieren wird, ist allerdings sehr wahrscheinlich.

Begleiterscheinung „Medicane“ – hurrikanähnlicher Sturm über dem Mittelmeer – Bei kühlen Lufttemperaturen und immer noch hohen Wasseroberflächentemperaturen können sogenannte „Medicanes“ entstehen. Das Wort setzt sich aus „Mediterranean“ und „Hurricane“ zusammen – es handelt sich hierbei also um einen hurrikanähnlichen Sturm, der sich über das Mittelmeer hinwegbewegt. Im Vergleich zu echten Hurrikans beträgt der Durchmesser eines solchen Sturms „nur“ 70 bis 200 Kilometer. Sie unterscheiden sich unter anderem in ihrer Höhe: Ein ausgewachsener, typischer Tropensturm oder auch Hurrikan erstreckt sich bis zur oberen Atmosphäre, während Medicanes gerade mal bis zur Hälfte reichen. Hurrikans sind in der Regel stärker als Medicanes – trotzdem sind sie intensiv genug, um große Schäden anzurichten. Ähnlich wie bei einem „echten“ tropischen Sturm können auch Medicanes für sehr starke Regenfälle sorgen, durch die es zu Akkumulationen von ein paar 100 l/m² in kurzer Zeit geben kann. Zu diesen Regenmengen darf man dann natürlich den Wind nicht vergessen.

Diese Medicanes treten regelmäßig auf, doch eher in niedrigen Zahlen. Jährlich ist mit einem bis zwei solcher Systeme zu rechnen. Auch in diesem Jahr sind die Konditionen zur Entstehung recht gut, da in den nächsten Wochen und Monaten ein sehr hoher Temperaturunterschied zwischen Wasseroberfläche und der hohen Troposphäre besteht. Im Gegensatz zu Tropenstürmen benötigt ein Medicane zur Entstehung keine Wassertemperatur von über 26 °C, 15 °C reichen schon aus. Es geht also hauptsächlich um die Differenz, die durch die sowieso schon hohen Wassertemperaturen erreicht werden. Die besten Voraussetzungen zur Entstehung gibt es im Herbst, teilweise auch noch im frühen Winter.

Es ist jedoch noch unklar, ob die Zahl der Medicanes durch den Klimawandel zunehmen wird. Genau wie Hurrikans mögen es auch Medicanes nicht, wenn eine zu starke Windscherung vorliegt – also Änderung der Windgeschwindigkeit- und Richtung mit der Höhe. Laut einigen berechneten Zukunftszenarien könnte die Windscherung in einem wärmeren Klima nämlich zunehmen. Ein weiterer Grund wäre, dass Kaltluftvorstöße in Zukunft nicht mehr so leicht bis zum Mittelmeer gelangen könnten, wodurch dann die zur Bildung nötige Temperaturdifferenz fehle.