Olympia/TischtennisWarum Luka Mladenovic am Samstag nicht auf Facebook unterwegs ist

Olympia/Tischtennis / Warum Luka Mladenovic am Samstag nicht auf Facebook unterwegs ist
Luka Mladenovic hat seit dem vergangenen Dezember einen wahren Quantensprung in seinem Spielstil bemerkt Foto: sportspress.lu/Jeff Lahr

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Es klingt verlockend, doch Facebook, Instagram und Co. sind bei Luka Mladenovic so kurz vor seiner Olympia-Premiere tabu. Wie sich der 25-jährige Rechtshänder auf seinen Auftakt vorbereiten wird, verriet er im Interview. Im ersten Duell trifft der Bundesligaspieler des TTC Zugbrücke Grenzau in Runde eins ab Samstagabend auf den Dänen Jonathan Groth, der an Position 17 des Tischtennis-Einzels gesetzt ist.

Tageblatt: Es wird Ihre erste Teilnahme an den Olympischen Spielen sein. Was haben Ihnen Trainer Tommy Danielsson, Ni Xia Lian und Sarah de Nutte im Vorfeld geraten und erzählt?

Luka Mladenovic: Wenig überraschend ging es vor allem darum, dass so ein Event schwer mit Worten zu beschreiben ist. Es sind unheimlich viele Eindrücke, die auf einen einprasseln. Vor allem soll ich aber versuchen, Spaß zu haben. Das sind eigentlich Dinge, die man selbst weiß, aber es war trotzdem eine Art Bestätigung. Alles, was jetzt noch geschieht, sehe ich als Bonus. Das haben sie mir alle geraten. Mein primäres Ziel ist es, Spaß zu haben und mein ganzes Feuer reinzuschmeißen. Ich will mich nicht damit zufriedengeben, dabei zu sein, sondern alles mitnehmen. Ich nehme mir ihre Ratschläge zu Herzen. Wenn ich von Menschen überzeugt bin, höre ich mir gerne an, was sie zu sagen haben. Man kann viel lernen. Ich versuche dann, mir einzelne Puzzlestücke herauszunehmen und mir mein eigenes Bild zu basteln. Es braucht als Sportler mehrere Perspektiven, Ansichten und ein offenes Ohr, sonst läuft man gegen eine Mauer.

Was ist Ihr Geheimnis, um am Wettkampftag mit dem Stress klarzukommen?

Ich habe wie die meisten Sportler Routinen und Abläufe. Ich versuche insgesamt einen ruhigen Morgen zu haben. Das bedeutet, dass ich quasi überhaupt nicht auf das Handy blicke und schon gar nicht die sozialen Medien. Vielleicht schreibe ich meiner Freundin oder ein, zwei Kollegen, aber nicht viel. Ich bevorzuge es, in mich zu kehren. Zu meinen Routinen gehören morgens die gleichen Getränke, eine kalte Dusche und das Bewusstsein zum Körper herzustellen, um mich gut zu fühlen. Je später am Tag das Spiel, umso schwerer wird das. Insgesamt geht es darum, nur Dinge zu tun, die nicht viel Energie beanspruchen. Soziale Medien finde ich unheimlich kräftezehrend. Vor dem Spiel passe ich genau auf, was ich konsumiere, um nichts zu sehen, was mich runterziehen könnte. Ich höre auch keine Musik, sondern eher Meditatives. Musik würde mich zu emotional machen. 

Welchen Einfluss haben die Worte von Tommy Danielsson auf Ihren Tag?

Tommy ist ein unheimlich offener, positiver Mensch. Er hat mir in den vergangenen Monaten enorm viel geholfen. Ich habe ihn öfter gesehen als meine Freundin. Er war immer da, um mich aufzuwärmen, mit mir zu trainieren und mich zu coachen. Und das vom Frühstück bis zum Abendessen. Er strahlt Ruhe aus und hat immer einen lockeren Spruch auf Lager. Er macht alles einfacherer für mich. Ich habe Selbstvertrauen, aber diese Worte noch einmal von ihm zu hören, tut gut. Wir verstehen uns. Es ist etwas Besonderes. So eine Bindung ist nicht selbstverständlich. Mein Trainer ist er ja eigentlich nicht (das ist Peter Engel, d.Red.), sondern er war auf den Turnieren eher eine Art Betreuer. Es ist auch nicht so, als würde er mir Dinge sagen, die man sonst nicht hört. Was er sagt, ist mega gut und zum richtigen Moment. Das ist eine Topqualität. Er erkennt die richtigen Momente.

Er hat verraten, dass Sparring mit Ihnen ganz schön an die Substanz geht. Wie intensiv waren die vergangenen Wochen und Monate?

Es war das mit Abstand härteste Jahr meiner Karriere. Vor allem die Phase zwischen März und Juli war hart. Wir haben nur aus dem Koffer gelebt, sind von Turnier zu Turnier geflogen, haben zwischen Zeitzonen jongliert und den Riesendruck im Nacken gespürt. Am Anfang dachte ich, dass es bis Anfang Mai stressig werden würde, ehe die Entscheidung im Mixed fallen sollte. Da hatten wir die Möglichkeit, dass ich mich über das Einzel in der Rangliste qualifizieren könnte, nicht wirklich auf dem Schirm. Für mich gab es damals nur den Gedanken, es über ein Quali-Turnier zu schaffen. Doch Woche für Woche ging es in der Weltrangliste nach oben. Mit jedem Turnier wurde es klarer, dass die Strapazen also noch länger dauern würden. Es waren auch schwere Momente dabei. In Rio habe ich nach der Niederlage in der letzten Quali-Runde zwei Stunden mit meiner Freundin telefoniert, geweint und alles hinterfragt. Und dann erschien plötzlich während des Telefonats die Auslosung, bei der ich als „Lucky Loser“ ins Hauptfeld nachgerückt war. Es war eine Achterbahn der Gefühle. Das war alles sehr intensiv, und ich würde es auch nicht jedes Jahr erleben wollen. Man war müde von den Reisen, hatte weniger Zeit für das Training. Diese Erleichterung und die Emotionen, die ich verspürte, als dann feststand, dass ich es geschafft hätte, sind mit nichts zu vergleichen.

Haben Sie im Hinblick auf die Qualifikation noch Details an Ihrem Spielstil verändert und angepasst?

Mit meinem Trainer Peter Engel hatten wir eine klare Vision, in welche Richtung es gehen sollte. Ich habe mit meinem Anti-Spiel ohnehin einen besonderen Stil. Es war uns klar, dass ich auf höchstem Niveau nur erfolgreich sein kann, wenn ich mein aggressives Anti-Spiel verbessere. Wir haben lange daran gearbeitet. Das erste Mal, dass ich einen riesigen Fortschritt gemerkt habe, war Ende Dezember. Ich habe dieses Angriffsniveau dann auch im März noch immer konstant gehalten, weshalb ich diese großen Sprünge im Ranking machen konnte. Ich wollte so offensiv wie möglich sein. Es war hart, sich jedes Mal darauf einzustellen, dieses offensive Spiel von der ersten Sekunde an abzurufen. Darauf muss man vorbereitet sein, um schnell auf den Beinen zu sein und sich proaktiv zu bewegen. Körper und Kopf werden müde, aber es musste sein.

Werden Sie bei der Olympia-Premiere auch so aggressiv antreten?

Das ist das Ziel (lacht). Ich bin nicht angereist, um den Ball rüberzupassen und abgeschossen zu werden. Nachher weiß man nie, aber ich will mir keinen Druck machen. Meine besten Spiele waren die, bei denen ich mir gesagt habe: schmeiß mit mega Energie und Feuer alles rein. Wenn der Gegner gewinnt, war er besser. Aber ich will mir keine Vorwürfe machen müssen.

Wer ist der Erstrundengegner Jonathan Groth?

Luka Mladenovic hat sich fest vorgenommen, dem Dänen Jonathan Groth das „Leben ab der ersten Sekunde schwerzumachen und ihm das Spiel nicht zu überlassen.“ Der Däne ist kein unbeschriebenes Blatt: Er wurde 2016 im Doppel Europameister und verbrachte den Großteil seiner Karriere in Deutschland. Er ist 31 Jahre alt und Linkshänder. 

Tischtennis oder Ping-Pong?

Angegriffen fühlt sich Luka Mladenovic nicht, wenn jemand seine Sportart „Pingpong“ nennt. Vielmehr ärgert es den Luxemburger, wenn man die Sportart negativ abwertend behandelt: „Ich lade jeden gerne ein, der denkt, Tischtennis sei kein Sport, mal beim Training vorbeizuschauen. Die Sportart abwertend zu behandeln, ist schade. Egal, um welche Disziplin es sich handelt, ich kann für jeden eine Bewunderung aufbringen.“