MedienkolumneWer braucht eigentlich noch Print?

Medienkolumne / Wer braucht eigentlich noch Print?
 Foto: Editpress-Archiv/Isabella Finzi

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Von Druckerschwärze verfärbte Fingerkuppen nach dem Lesen weichen dem Leuchten der Bildschirme und die raue Sanftheit des Papiers weicht den glatten, gläsernen Screens. Das Rascheln der Zeitung beim Umblättern der Seiten wird mehr und mehr durch das Scrollen auf Handy und Tablet ersetzt. Was besser, schöner oder angenehmer ist, soll und darf jede*r für sich selbst entscheiden. Vielleicht hängt die getroffene Einschätzung nicht nur von der Person, sondern auch von ihrer jeweiligen pragmatischen oder gefühlsmäßigen Lage ab.

Auch möchten etliche Leser*innen auf keine der beiden Optionen verzichten. Fakt bleibt jedenfalls, dass Print dem digitalen Wachstum trotzt und kein Has-been ist, sondern auch im Jahr 2024 und darüber hinaus Nutzen und Charme besitzt. Totgesagte leben eh bekanntlich länger. Vor zehn Jahren stimmten breite Teile der Medienwelt in einen Abgesang auf die gedruckte Zeitung ein.

Und heute? Lazarus lässt grüßen. Noch summt und rattert die Rotationspresse. Papier ist langlebiger, resistenter als gedacht, als von einigen erhofft und von anderen befürchtet. Was die Zukunft der Papierzeitung angeht, so scheint ihr Schwinden zwar fortzuschreiten, doch ob und wann Fährmann Charon sie über den Styx geleitet, weiß nur die Zukunft selbst. In der Gegenwart bleibt sie präsent und sinnbringend.

Ja, denn Print ist „Me-time“. Ein rares und daher wertvolles Gut in unserer schnelllebigen Gesellschaft. Eine Gesellschaft, die uns Lebenden Hast statt Rast aufzwingt, uns mit Informationen überflutet und unsere Sinne und Gehirnsynapsen oftmals überreizt. Qualitatives Lesen wirkt. Deshalb sind im Print aufgenommene Informationen weniger vergänglich. Der gedruckte Medienbericht bleibt länger in Erinnerung. Das Gleiche gilt für die im Print gesehene Werbung: Die Marke prägt sich deutlich besser und nachhaltiger ein als bei der flüchtigen, oftmals als Spam empfundenen Onlinereklame.

Print ist insgesamt glaubwürdig, erzielt Aufmerksamkeit und verschafft den Lesenden eine stärkere emotionale Bindung zu dem Gelesenen (Quelle: MACH Basic 2023-2). Nur digital ist zudem asozial. Seit immer koexistieren in einer Gesellschaft unterschiedliche Generationen mit unterschiedlichen Gepflogenheiten, unterschiedlicher Geschichtserfahrung und unterschiedlichen Gemütern. Nur selten aber entwickelte sich die Technologie so rasant wie in den vergangenen hundert Jahren. Stöbern in den Karteikarten einer Bibliothek ist der jungen Generation beispielsweise fremd. Der alte Plattenspieler hingegen hat überlebt und erlebt sogar ein Revival, als Retro-Musik-Genießer-Utensil.

Generell gilt, was für die Großeltern Erinnerungen weckt, gehört für die Enkel ins Museum. Bei allen Vorteilen der fortschreitenden Digitalisierung bleiben dabei so manche Menschen auf der Strecke. Die ältere, mit all dem innovativen Digitalmaterial überforderte Generation allen voran. Neben dem emotionalen und dem qualitativen Wert, erfüllt Print heutzutage auch eine besondere soziale Rolle, gegen die Abschottung und das Informationsvakuum für jene, die sich in der digitalen Welt nicht zurechtfinden.

Auch liest sich die klassische Zeitung grundlegend anders als Bildschirmnews. Auf dem Smartphone oder PC sucht man aktiver nach bestimmten Nachrichten oder Themenbereichen. Bei der gedruckten Variante blättern wir quer durch die Rubriken, überfliegen auch die Titel und Artikel, die uns nicht vorrangig interessieren. Dabei nehmen wir Informationen auf und bleiben nicht selten an Stellen hängen, die wir nicht bewusst gewählt haben, die uns vermeintlich weniger zusagen.

Dadurch entdecken wir, erweitern den Horizont und sind nicht nur besser informiert, sondern besitzen ein breiteres Wissen. Wir blicken auf. Wir erweitern unser Weltbild. Das ist gut für uns und für die Gesellschaft. Nicht in Bubbles gefangene Individuen, sondern Zusammenhänge verstehende, mündige Bürger und Bürgerinnen. Das schafft Print oder leistet zumindest einen Beitrag dazu. Und das ist gut so. Dafür danke, Print.

* Michelle Cloos ist Generaldirektorin von Editpress

ARMO
28. Juli 2024 - 9.22

Ich, frühstücken und dabei die Zeitung lesen. Das ist durch nichts zu ersetzen.

LaPlace Merissa
27. Juli 2024 - 22.00

"Wer braucht eigentlich noch Print? "

Papageienhalter. :-)

JJ
27. Juli 2024 - 21.20

Bücher sind out? Seit Kindle &Co? Wirklich? Wenn die ganze Chose einmal zusammenbricht,dann nehme ich mir ein Buch oder das Tageblatt ( Printversion) und lese. Müssen unsere Kindle,pardon,Kinder noch schreiben können? Sie täten besser daran. Die Smartphonies sind die zukünftigen Kunden der Psychiater.
Ob Jobs das wusste? Ich denke ja.

Grober J-P.
27. Juli 2024 - 21.04

Brauche Printmedien, meine Mutti hat immer Print gebraucht, kein Computer, kein Smartphone, Frau mag Printmedien, Nachbarin mag Printmedien, hat keinen Draht zum Digitalen, bei Printmedien stören keine "Nebeneffekte".
Dann fordert die Bank jetzt gerade auch noch auf die Printmedien zu verzichten, Dematerialisation sagt man so schön, und ökologisch, ansonsten würden noch höhere Gebühren anfallen. Sind nicht mehr ganz dicht. Man bedenkt nicht, dass die digitalen Hilfsmittel nicht sooo rein ökologisch und schon gar nicht ökonomisch sind. Brauch keine Zeitung auf gebleichtem Hochglanzpapier. Reicht vollkommen auf recyceltem Sch.... Papier.
Danke.