Stadt LuxemburgWirksame Konzepte statt Repression: LSAP-Gemeinderäte fordern Umdenken

Stadt Luxemburg / Wirksame Konzepte statt Repression: LSAP-Gemeinderäte fordern Umdenken
Wer schon lange obdachlos ist, dem fällt es oft sehr schwer, die Stufen bis zur „Wohnungsfähigkeit“ zu gehen, die viele Programme abseits des „Housing First“ verlangen Foto: Pixabay

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

„Housing First“ – das ist die relativ junge Idee, vor allem Langzeit-Obdachlose zunächst in eigene vier Wände zu holen, um ihnen dann wieder zu einem geregelten, selbständigen Leben zu verhelfen. Die „Stater Sozialisten“ würden es begrüßen, wenn die Stadt Luxemburg mehr auf solche Konzepte setzen würde, anstatt ihr umstrittenes Bettelverbot durchzusetzen.

Die Not der Armen bekämpfen – und nicht die Armen: So könnte man komprimieren, was die LSAP-Gemeinderäte in Luxemburg-Stadt zur gegenwärtig hochkochenden Kontroverse um das Bettelverbot zu sagen haben.

Am Freitag haben sich die „Stater Sozialisten“ nun auch zum Thema zu Wort gemeldet, zunächst in einer Pressekonferenz, später in einer versandten Mitteilung. Deren Tenor: Die Stadt solle sich lieber auf die Entwicklung wirksamer Konzepte etwa gegen Wohnungsnot konzentrieren, anstatt darauf, ein Bettelbverbot durchzusetzen – denn dieses verurteile man „aus rechtlicher und ethischer Sicht aufs Schärfste“, wie es der Pressemitteilung heißt.

Diese wurde verschickt im Vorfeld der ersten Gemeinderatssitzung seit sieben Wochen, die am Montag stattfindet. Dort wollen die LSAPler erfragen, inwiefern die Stadt gewillt ist, bei der Bekämpfung von Obdachlosigkeit den Ansatz des „Housing First“ zu verfolgen – dieser sei schließlich sehr erfolgreich, beispielsweise in Finnland, wo es ein entsprechendes, breit angelegtes Programm gebe.

„Housing First“ in Luxemburg

Im August 2023 befasste sich die parlamentarische Anfrage 8262 der Grünen mit „Housing First“. Der damalige Minister für Familie und Integration, Max Hahn (DP), hatte erklärt, dass alleine aus seinem Ministerium heraus im Großherzogtum 40 Personen in entsprechenden Projekten versorgt würden. 30 davon lebten in der Stadt Luxemburg.

Kein Wohlverhalten einfordern

Vereinfacht ausgedrückt geht es dabei darum, die „Wohnfähigkeit“ von Personen, die teils schon lange obdachlos sind, nicht erst über mehrere Zwischenstufen herzustellen, die etwa zunächst aus Notquartieren und Übergangslösungen bestehen, sondern entsprechend gestrauchelten Menschen sofort feste Wohnquartiere zuzuweisen. Anders als bei anderen Modellen wird auch kein Wohlverhalten etwa in Form einer Suchtmittelabstinenz, also von Alkohol oder anderen Drogen, gefordert.

„Die Betreuung chronisch Obdachloser durch traditionelle Mechanismen hat sich als wenig effektiv erwiesen“, erklären die „Stater Sozialisten“ – das hätten etwa Untersuchungen der EU-Kommission zum Thema gezeigt.

Beim „Housing First“ sei das anders, wobei Menschen, die auf der Straße leben, schnell und ohne Vorbedingungen in einer Wohnung beziehungsweise einem Zimmer untergebracht werden. „Die Menschen können dort selbstständig, frei und in Würde leben und werden von Sozialarbeitern, Psychiatern und Ärzten betreut. Dieses Modell ermöglicht im besten Fall die Wiedereingliederung der Menschen in die Gesellschaft oder im ‚schlimmsten’ Fall, der immer noch viel besser ist als die derzeitige Situation, ein Leben in Würde ohne die Gefahren des Lebens auf der Straße“, fassen die Sozialisten die Vorteile aus ihrer Sicht zusammen.

Bedarf ist da

Am Montag wollen die LSAP-Gemeinderäte umfassende Aufklärung darüber verlangen, in welchem Maße „Housing First“-Ansätze in Luxemburg-Stadt bereits verfolgt werden – in eigenen Projekten oder solchen, die etwa in Kooperation mit dem Familienministerium laufen. 

Das Deutsche Ärzteblatt hielt im Jahr 2009 fest, für Gemeinden bedeute das Konzept „auch eine signifikante Kostenreduktion durch Rückgang von Inhaftierungen, aber vor allem durch die sinkende Nutzung von Rettungsdiensten und anderen medizinischen Versorgungsleistungen“. Somit gelte: „Selbst, wenn man die Ausgaben für die Unterkunft miteinbezieht, halbierten sich die Gesamtkosten.“

Entsprechender Bedarf ist definitiv auch in Luxemburg vorhanden. Vor rund einem Jahr wurde bekannt, dass Sozialarbeiter in einer einzigen Nacht rund 200 Obdachlose gezählt haben.

Emile Müller
29. Januar 2024 - 14.58

Gute Idee, da wird es aber wieder einmal an der lieben Wohnfläche scheitern, gerade in der Stadt. Weshalb die bereits veraltete Aussage aus einem deutschen Ärtzeblatt mit sehr viel vorsicht zu geniessen ist, 1) wir sind 2024, die Wohn- und Mitepreise sind seit 2009 weiter explodiert! 2) Anders als in Deutschland haben wir Landesweit Wohnungsnot und die Preise hier im Land sind mit Nichten mit jenen unseres Nachbarn zu vergleichen. Die Idee ist jedoch nicht schlecht, es wird aber sicherlich nicht das goldene Kalb sein! Jeglich, wo sollen wir denn 200 Wohnungen herbekommen und angesichts der aktuellen Lage, warum sollen diese Leute vorrang haben gegenüber den sozial Schwachen oder den Flüchtlingen, welche eben auch auf solche Wohnungen warten. Hier wird doch eher ein Problem gegen das andere ausgespielt. Die LSAP hat mal wieder einen Gedanken nicht zu Ende gedacht.