LISERWohnungsmarkt im Wandel: Forscher entschlüsseln Luxemburger Immobilienbestand

LISER / Wohnungsmarkt im Wandel: Forscher entschlüsseln Luxemburger Immobilienbestand
Mehr Apartments, weniger Häuser: Der Luxemburger Wohnungsmarkt passt sich der demografischen Entwicklung an Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Forscher des LISER haben versucht, den Luxemburger Wohnungsmarkt aufgrund von Volksbefragungen zu entschlüsseln. Die Frage nach Platz und Reichtum ist demnach auch weiterhin an die Herkunft gekoppelt.

Luxemburgs Wohnungsmarkt ist ein schwarzes Loch. Nicht aus finanzieller Sicht, sondern aus rein informativer, denn: Ein nationales Bautenregister gibt es nicht. Auf Basis der Luxemburger Volkszählung kristallisieren sich dennoch einige signifikante Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte heraus. Besonders bei den daraus resultierenden Ungleichheiten haben Antoine Paccoud und Magdalena Gorczynska, alle beide Forscher am Luxembourg Institute of Socio-Economic Research (LISER), in Zusammenarbeit mit dem Statec einige vermeintliche Evidenzen herausgearbeitet, die nun auch statistisch greifbar sind.

Der proportionale Anteil an Einfamilienhäusern und Apartments am Gesamtimmobiliar des Großherzogtums hat sich zwischen 2011 und 2021 ins Gegenteil verkehrt. 2011 waren 55,6 Prozent der Wohnimmobilien Luxemburgs Häuser, 2021 stellen sie nur noch 45,9 Prozent der Wohneinheiten dar. Dahingegen stellen Apartments seit 2021 mit 52,8 Prozent die Mehrheit der Wohnimmobilien in Luxemburg. Nachvollziehbar ist auch, dass die Mehrheit der Luxemburger Einwohner – trotz Umkehr beim Wohnungstypus – in Häusern wohnt. Das lässt sich beispielsweise dadurch erklären, dass Häuser mehr Bewohner beherbergen können als Apartments.

Interessant ist auch, dass besonders im Westen und Osten des Landes der Anteil an Häusern pro Gemeinde besonders hoch ist, während unter anderem in Luxemburg-Stadt und den umliegenden Gemeinden, in Esch/Alzette, Differdingen, Diekirch, Remich und Echternach der Anteil an Apartments zwischen 55 Prozent und 85 Prozent des Wohnbestandes ausmacht.

Alternder Hausbestand

Luxemburgs Hausbestand wird zunehmend älter. Das erscheint auf den ersten Blick unumgänglich. Schaut man sich die Statistiken jedoch etwas genauer an, wird deutlich, dass der Fokus der Baupolitik sich zunehmend auf Apartments verschoben hat. Knapp ein Viertel des heutigen Hausbestandes wurde vor 1945 gebaut. Seit 2011 wurden hingegen „nur“ 11,7 Prozent des heutigen Hausbestandes gebaut. Das bedeutet nicht, dass weniger gebaut wurde, sondern anders. 22,4 Prozent des heutigen Apartment-Bestandes ist von 2011 bis 2021 erbaut worden. Bedeutet: Anstelle von Häusern wurden vermehrt Apartments gebaut.

Die Bauaktivität seit 2011 sieht in den verschiedenen Gemeinden des Landes sehr unterschiedlich aus
Die Bauaktivität seit 2011 sieht in den verschiedenen Gemeinden des Landes sehr unterschiedlich aus Grafik: Screenshot LISER/Statec

Auffällig ist, dass der gesamte Luxemburger Immobilienbestand recht konstant über die vergangenen Jahrzehnte gewachsen ist. 18,9 Prozent des heutigen Bestandes wurden vor 1945 errichtet, 10,3 Prozent in den Nachkriegsjahren bis 1960. 19,1 Prozent der heutigen Wohnimmobilien wurden von 1961 bis 1980 erbaut, von 1981 bis 2000 wurde etwas mehr als ein Fünftel des heutigen Bestandes hinzugefügt. 2001 bis 2010 wurde trotz einer stark wachsenden Bevölkerung vergleichsweise wenig gebaut, konnte der Immobilienbestand um lediglich 13,6 Prozent erweitert werden. Von 2011 bis 2021 wurden noch einmal 17,3 Prozent des heutigen Bestandes gebaut.

Viel Fläche …

Weit über die Hälfte des Luxemburger Bestandes (65,2 Prozent) weist eine Fläche von über 120 Quadratmetern auf. Über 90 Prozent des Luxemburger Wohnbestandes weisen eine Fläche von über 60 Quadratmetern auf. Besonders auffällig ist, dass nicht etwa Familien, sondern Einzelpersonen besonders häufig in Häusern (62,6 Prozent) oder Apartments (9,9 Prozent) mit einer Wohnfläche von über 150 Quadratmetern wohnen. Selbst Haushalte mit zwei oder mehr Personen wohnen nicht so oft auf einer so großen Fläche (59 Prozent) zusammen.

Und so ist auch nicht weiter verwunderlich, dass 27 Prozent der Befragten angegeben haben, 80 Quadratmeter oder mehr pro Person im Haushalt zur Verfügung zu haben. 17 Prozent der Befragten gaben an, weniger als 30 Quadratmeter zur Verfügung zu haben. Das ist besonders in den Städten Luxemburg-Stadt und Esch/Alzette der Fall, in denen eine vergleichsweise hohe Apartment-Dichte vorherrscht.

… je nach Herkunftsland

Die zur Verfügung stehende Wohnfläche ist jedoch nicht nur vom Wohnort abhängig, sondern eng mit der Nationalität der Eltern verbunden. Sind beide Eltern Luxemburger, stehen den meisten Einwohnern mehr als 40 Quadratmeter zur Verfügung. Nur ein Prozent der Einwohner, bei denen beide Eltern Luxemburger sind, haben weniger als 20 Quadratmeter zur Verfügung. Als EU-Ausländer steigt die Quote auf acht Prozent – sind beide Eltern außerhalb eines EU-Mitgliedstaates geboren, liegt der Anteil sogar bei 14 Prozent.

Die zur Verfügung stehende Wohnfläche ist in Luxemburg stark an das Herkunftsland des Bewohners gekoppelt
Die zur Verfügung stehende Wohnfläche ist in Luxemburg stark an das Herkunftsland des Bewohners gekoppelt Tabelle: LISER/Statec

Im Gegenzug haben Einwohner mit Luxemburger Abstammung zu 41 Prozent (zwei Elternteile aus Luxemburg) 80 oder mehr Quadratmeter zur Verfügung. Stammt nur ein Elternteil aus Luxemburg, sinkt dieser Anteil bereits auf 24 Prozent. Mit EU-Ausländern als Eltern (14 Prozent) oder einer ethnischen Abstammung, die außerhalb der EU liegt (9 Prozent), ist der Anteil an verfügbarem Wohnraum weitaus geringer.

DanV
2. Juli 2024 - 13.22

Kein Wunder. Schliesslich haben wir eine lange Tradition der Arbeitskräfte-Einwanderung und -Umverteilung.

Wieviele Ururgroßväter kamen nach Luxemburg, um ein besseres Leben zu haben? Mir wurde erzählt, was mein Urgroßvater beschloss, nachdem die Familie ein paar Jahre in Luxemburg gelebt hatte:

"Dëst Land huet eis opgeholl. Hei hu mer Uarbecht a Brout. Vun elo u gëtt nëmmen nach lëtzebuergesch geschwat a mer ginn all Lëtzebuerger".

Und wie viele kamen aus armen Bauern- oder Tagelöhnerfamilien aus dem Ösling?

Die erste Generation ist arm und ohne Bildung im Minett angekommen, hat geschuftet ("op der Schmelz" und in Nebenjobs), um sich und der Familie eine Zukunft zu schaffen. Die Kinder wurden angehalten, eine gute Ausbildung zu machen, um es einfacher zu haben. Folgende Generationen haben mit viel Fleiß darauf aufgebaut. (Auch in unserer Generation war der 12-14-Stundentag eine Normalität, denn wir waren es nicht anders gewohnt.)

Und so wurden aus armen Einwanderer- und Tagelöhnerfamilien gutsituierte Luxemburger Familien.

Diese Geschichten wiederholte sich im 20. Jahrhundert viele zehntausend Mal.