Junges Land mit langer Geschichte

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Lodz, Thorn und Warschau sind drei sehr unterschiedliche Städte im Herzen Polens. Obwohl Polen ein recht junges Land ist, können diese drei Städte auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken.

Die jüngste der drei Städte ist ohne Zweifel Lodz.
Anfang des 19. Jahrhunderts erlebte Lodz einen großen Aufschwung durch die Textilindustrie. Deutsche, russische und jüdische Einwanderer ließen die Stadt von rund 1.000 auf gleich mehrere 100.000 (heute rund 750.000) Einwohner anwachsen. Heute ist Lodz, nach Warschau, die zweitgrößte Stadt Polens.

Über lange Zeit war Lodz als langweilige Industriestadt verschrien. Doch genau diese industrielle Vergangenheit macht heute den Charme von Lodz aus. Unzählige Paläste von ehemaligen Fabrikbesitzern zählen zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt, genau wie die Museen über die Geschichte der Textilindustrie und die alten Fabrikgelände. So wurde das 27 Hektar große Areal, auf dem sich die frühere Textilfabrik von Izrael Poznanski, einem der reichsten Unternehmer im 19. Jahrhundert in Lodz, befindet, in ein Freizeit- und Erlebniszentrum umfunktioniert. Seit 2006 zählt das neugestaltete Gelände, „Manufaktura“, zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten der Stadt.

Vom Fabrikmuseum bis zum Kinokomplex

Neben dem Einkaufszentrum, mit rund 300 verschiedenen Geschäften, verfügt die Manufaktura u.a. über ein Fabrikmuseum, eine Bowlingbahn, einen Kinokomplex, Restaurants sowie jede Menge Cafés.

In unmittelbarer Nähe der Manufaktura befindet sich der Palast von Izrael Poznanski, der wohl der prachtvollste in der Stadt sein dürfte. In dem Palast wurde das Museum über die Geschichte der Stadt Lodz eingerichtet. Neben der Geschichte der Familie Poznanski erfährt man jede Menge über weitere prominente Einwohner von Lodz, wie zum Beispiel Oscar-Gewinner Arthur Rubinstein oder Literaturnobelpreisträger Wladyslaw Stanislaw Reymont.

Von „Hollylodz“und „Walk of Fame“

Auch wenn die industrielle Vergangenheit von Lodz allgegenwärtig ist, so hat die Stadt doch mehr zu bieten. So ist die Filmschule, auf welcher Regisseure wie Roman Polanski, Andrzej Wajda oder auch Krzysztof Kieslowski ausgebildet wurden, ein weiteres Aushängeschild der Stadt. Wegen der renommierten Filmschule wird die Stadt unter den Einheimischen auch „Hollylodz“, das Hollywood Polens, genannt. In unmittelbarer Nähe zur Filmschule befindet sich das „Museum of Cinematography“, ein Muss für jeden Kinofan.

Besonders stolz sind die Einwohner von Lodz auf ihre Piotrkowska-Straße, den „Walk of Fame“ Polens (auf dieser Straße haben polnische Berühmtheiten ihren Stern). Leider ist die Straße mit den vielen Cafés, Bars, Läden und architektonisch großartigen Gebäuden keine richtige Fußgängerzone. Einwohner, Lieferanten und noch einige weitere Personen verfügen über eine spezielle Erlaubnis, durch die Piotrkowska-Straße zu fahren. Eine richtige Fußgängerzone würde dieser Straße eher gerecht werden.
Auf jeden Fall macht die Stadt Lodz eine sehr positive und schnelle Entwicklung mit. Man versucht, die Stadt so attraktiv wie möglich zu gestalten, was u.a. mit dem Manufaktura-Projekt mehr als gelungen ist.

Alte Stadt –junge Leute

Gute 150 Kilometer nördlich von Lodz liegt die ehemalige Festungsstadt Thorn. Die im Jahre 1231 gegründete Stadt ist vor allem bekannt als Geburtsstadt von Nikolaus Kopernikus. Aus diesem Grund zählen die Kopernikus-Statue sowie das Geburtshaus des Astronomen zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten.

Als eine der wenigen polnischen Städte war Thorn während des Zweiten Weltkrieges nicht massiven Bombenangriffen ausgesetzt. Die gut erhaltene Altstadt mit ihren gotischen Gebäuden ist besonders sehenswert und zählt zum Weltkulturerbe der Unesco. Bereits wenn man vor einem der Eingangstore zur Altstadt steht, wirkt diese wie ein idyllisches Dorf.
Dieser Eindruck scheint sich anfangs beim Betreten der Altstadt zu bestätigen. Nachdem man jedoch ein wenig umherspaziert ist, merkt man sehr schnell, dass die Stadt voller Leben steckt. Einen entscheidenden Anteil daran dürften wohl die über 30.000 Studenten der Kopernikus-Universität haben. Der Einfluss der Studenten in diesem mittelalterlichen Stadtkern sorgt für eine ganz spezielle Atmosphäre, in der man sich aber sofort wohlfühlt.

Bootsausflug über die Weichsel

Man kann problemlos stundenlang durch die malerischen Straßen der Altstadt schlendern, die verschiedenen kleinen Museen besuchen und sich einfach nur die gotischen Bauwerke anschauen. Einen kurzen Bootsausflug über die Weichsel und die Besichtigung der Panorama-Plattform am gegenüberliegenden Ufer sollte man sich nicht entgehen lassen. Von hier aus hat man eine einzigartige Aussicht auf die Altstadt. Ein Besuch im Kopernikus-Haus darf natürlich nicht fehlen. Die Ausstellung über das Leben von Nikolaus Kopernikus ist nicht das einzig Sehenswerte im Haus. Denn Thorn ist nicht nur für die gotische Architektur und als Geburtsstätte von Kopernikus bekannt.

Die Stadt verfügt zudem über eine gastronomische Spezialität, den Thorner Lebkuchen, auch Piernik genannt. Und ein kleines Museum über die Geschichte und Herstellung dieses Lebkuchens befindet sich auch im Kopernikus-Haus. Eine polnische Weisheit sagt sogar: Danziger Wodka, Toruner Lebkuchen, Krakauer Mädchen und Warschauer Schuhe sind die besten Dinge, die Polen zu bieten hat.
Während man in Lodz ohne Probleme mehrere Tage verbringen kann, so ist Thorn, wegen seiner Größe, doch eher für einen Wochenendtrip geeignet.

Von grundauf neu errichtet

Etwa 200 Kilometer südöstlich von Torun liegt die polnische Landeshauptstadt Warschau. Sie zählt rund 1,8 Millionen Einwohner und ist zugleich die größte Stadt des Landes.
Warschau verfügt über eine außergewöhnliche Altstadt. Denn auch wenn die Gebäude alt aussehen, so stammen sie doch aus der Nachkriegszeit. Im Gegensatz zu Torun blieb Warschau während des Zweiten Weltkrieges alles andere als verschont. Praktisch die gesamte Stadt wurde durch Bombenangriffe dem Erdboden gleich gemacht. Doch mit Hilfe von Gemälden der einzelnen Gebäude konnte die Altstadt wieder originalgetreu aufgebaut werden. Während der Sommermonate ist die Altstadt abends gut besucht.

Der Musiker Frédéric Chopin prägt die polnische Hauptstadt sehr stark. So zählt das Chopin-Museum zum Beispiel zu den meistbesuchten Attraktionen. Auch in den übrigen Teilen der Stadt ist Chopin allgegenwärtig. Zum Beispiel sind über die ganze Stadt Bänke verteilt, auf denen man Informationen über Chopins Leben lesen kann und die zugleich Ausschnitte aus den Werken des Musikers auf Wunsch abspielen können. Zudem hat Chopin ein riesiges Denkmal im Königlichen Park stehen, wo jeden Sonntag Gratis-Konzerte gespielt werden.

Grünanlage auf den Uni-Dächern

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die Grünanlage auf den Dächern der Universität. Von hier aus hat man einen sehr schönen Ausblick über das Stadtbild, aus dem besonders der „Palace of culture“ hervorsticht.
Natürlich gibt es in Warschau auch jede Menge Museen und Denkmäler, die an die grausame Zeit des Zweiten Weltkriegs erinnern. Besonders empfehlenswert ist das Museum über den Warschauer Widerstand. Natürlich muss man auch das „Ehrenmal der Helden des Warschauer Ghettos“ besichtigen, vor dem der ehemalige deutsche Bundeskanzler Willy Brandt auf die Knie gefallen war und damit in die Geschichtsbücher einging.

In Warschau ist, noch stärker als in Lodz oder Thorn, ein Wandel zu spüren. Dieser wird zu einem großen Teil durch die finanzielle Unterstützung der EU ermöglicht. Zwar merkt man den Einfluss der ehemaligen Sowjetunion, was ja auch begrüßenswert ist, schließlich war dies eine fundamentale Epoche des Landes, doch die Anstrengungen, das Land zu modernisieren, sind ganz deutlich zu spüren.

U-Bahn und Autobahnen

So wird zurzeit in Warschau an einer zweiten U-Bahnlinie gearbeitet, die zwar im Moment für enorme Verkehrsbehinderungen sorgt und mit Sicherheit nicht zur EM 2012 fertig sein wird, der Stadt jedoch einmal gut zu Gesicht stehen wird. Denn besonders in puncto Verkehr muss in Polen noch so einiges geschehen. Für nicht einmal 200 Kilometer von Lodz nach Thorn braucht man gut drei Stunden. Und genau diese Problematik haben die Polen in Angriff genommen. So werden Autobahnen gebaut und der öffentliche Verkehr wird verbessert. Zwar ist der Bau der Autobahnen ins Stocken geraten, weshalb sie wohl ebenfalls nicht für die EM im kommenden Jahr fertiggestellt sein werden, doch die Polen sind optimistisch, dass sich die Verkehrssituation schon bald verbessern wird.

Doch auch diese kleine Probleme sollen niemanden davon abhalten, die Region im Zentrum Polens zu besichtigen. Die Städte Lodz, Torun und Warschau haben jede Menge zu bieten. Zudem lässt man sich von dem Tatendrang und der Dynamik der Einheimischen, die ihr Land verbessern wollen, leicht anstecken.