Das muss nicht sein

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Ein vielsagendes Foto, am Mittwoch (03.10.12), in allen Zeitungen. Da stehen Wolter, Mosar und Frieden, drei CSV-Herren, und neben ihnen ein Sozialist, Lux.

Ihm fällt die Aufgabe zu, das Austeritätsbudget vor der Kammer und dem Land zu verteidigen; ihm und seiner Partei werden die Wähler die Teuerung und den Abbau anlasten, während die schwarzen Kollegen Punkte einheimsen für ihre Antischuldenpolitik.

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Darf an ein paar Fakten erinnert werden?

In Luxemburg hat die CSV mit den Finanzministern Santer, Juncker und Frieden seit 1984 die Haushaltsstrategie des Staates maßgeblich zu verantworten.

Die nun strukturellen Defizite des sogenannten Zentralstaates haben eine doppelte Erklärung, eine technische und eine politische.

Man kennt die politische: Um sich an der Macht zu halten, befriedigten die CSV-Strategen über Jahrzehnte hinweg ihre Klientel. Es gab sogar eine Zeit, wo sie die Staatsbeamten verhätschelten und noch sozialer auftraten als die damalige LSAP, die sie, wie Juncker noch heute schmunzelt, links überholten. Diese, die spendable CSV, braucht jetzt harte Burschen für die Sanierung, am besten rote, solche, die den Gewerkschaften Nein und Nein sagen. Clever gespielt, nicht wahr?

Von der technischen Ursache redet keiner. Dabei wurzelt in ihr die ganze Rhetorik derer, welche die Krise konstruieren, um den Staat schrittweise von seinen sozialen (im weitesten Sinne des Wortes) Aufgaben zu entbinden.

Zum Verständnis:

Früher unterschied man zwischen dem ordentlichen und dem außerordentlichen Haushalt. Der ordentliche, der mit den laufenden Ausgaben, sollte Überschüsse zeitigen, mit denen der außerordentliche, der für Investitionen und Sonderfälle, teilweise gespeist würde. Anleihen wurden nur für den außerordentlichen Haushalt aufgenommen.

Heute wirft der Finanzminister alles in einen Topf. Er macht Politik mit der Endabrechnung, die nicht anders als defizitär sein kann, wegen der hohen Kosten für neue und auszubauende Infrastrukturen.

Luxemburg verschuldet sich nicht für die Deckung der normalen Ausgaben, sondern nur und exklusiv für seine Projekte!

Was ist daran auszusetzen?

Warum sollte man, wenn auf der einen Seite Schulden pünktlich beglichen werden, wie Luxemburg das bisher immer tat, nicht gleichzeitig neue Schulden, höhere vielleicht, für die Finanzierung von konjunkturfördernden, gemeinnützigen Vorhaben aufnehmen?

Macht es Sinn, eine Konsumausgabenreduzierung beim Staat u.a. dadurch vorzutäuschen, dass man den Pensionären das geschuldete Ajustement verwehrt, wie jetzt von der CSV und der LSAP beschlossen?

Ist denn, für kluge Politiker im linken Lager, nicht offensichtlich, dass die in Finanzdingen federführende CSV sich eingereiht hat in die Liga der liberalen und konservativen Parteien, die den Staat kleiner haben möchten? Sogar zum Preis einer hausgemachten Rezession, wie die gegenwärtige eine ist?

Damit im Endeffekt die Leute das Fürchten und die Not mal wieder lernen?

Damit sie, anstatt eine gerechte Umverteilung des geschaffenen Reichtums zu fordern, via öffentliche Leistungen, schließlich ihre soziale Absicherung und vieles andere überwiegend selber bezahlen? Privat?

Gibt es nicht bereits haufenweise Angebote von Versicherungsgesellschaften, deren Lobbys die Mär vom nicht länger finanzierbaren Sozialwesen bis in die Reihen der Sozialdemokraten hinein durchsetzen konnten?

Für den starken Staat

Denn eine Mär ist es. In dieser Frage, wie in vielen des Zusammenlebens, treffen Welten aufeinander. Die Welt des Teilens, der sozialen Kohäsion. Die Welt der Gier, der Profitsucht.

Wir plädieren für den starken Staat, der sich im Bedarfsfall das Geld nicht nur bei den kleinen und den mittleren Schichten nimmt, sondern auch das Kapital richtig zu besteuern wagt.

Weil wir diese alte, aber richtige Idee verteidigen, weil in ihr der Friede auf Erden wurzelt (ja, so großartig darf man formulieren, in besonderem Fall!), wären wir Amateure. Wären wir „selbsternannte Wirtschaftsexperten“, wie letzthin ein promovierter Wirtschaftler höhnte.

Wer baute denn den ganzen Mist, den die heranwachsenden Generationen abtragen sollen?

Wer, wenn nicht die ernannten, hoch diplomierten und hoch bezahlten Wirtschaftsexperten der – leider! – überforderten Politiker?