„Mehr als die andern“

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Der wirtschaftliche Erfolg macht es möglich, aber ...

Metz, 17 Uhr. Im Arsenal-Parkhaus war gut Platz, jetzt raus, in fünf Minuten ist die Autobahn erreicht, da gibt es keinen Stau in Richtung Thionville-Luxemburg.

Aber was ist denn los auf den Gegenfahrbahnen? Wo kommt er denn her, dieser endlose, nur zäh fließende Strom von Autos? Bis zum Horizont reicht die Lichterkette, da sind Zehntausende unterwegs, keine Touristen.
Die „Grenzgänger“ sind es, hier die Lothringer, ein paar Kilometer weiter, ostwärts, die Trierer und die Saarländer, im Westen die Belgier. Sie verdienen ihr Geld in der neuen regionalen Metropolis namens Luxemburg, und die Metropole gedeiht an ihrem Können und Wissen, hat Wachstumsraten, von denen die übrigen Europäer nur träumen.

Aber sie, die übrigen, haben aufgehört, „uns“ jenes Mehr zu gönnen, an das wir Luxemburger uns gerne gewöhnt haben. Insbesondere in Sachen Steuern reicht ihnen der Verweis auf die Souveränität des Landes, auf seine Unabhängigkeit, nicht mehr. Und die unbestreitbare Tatsache, dass Luxemburg eigentlich zu klein ist, um eine es tragende klassische Wirtschaft zu entwickeln, stimmt sie nicht gönnerhaft.

Man mag über die Regierung, so wie sie jetzt dasteht, aus vielerlei Gründen lästern, aber eins muss ihr bescheinigt werden: Ihr glückt der Umbau in eine Kompetenznischen-Wirtschaft vorzüglich.

Gestern, unter Santer und Juncker, lebte Luxemburg noch von einer (ungenierten!) Vermarktung seiner Souveränität, in Sachen Steuern vornehmlich; die LuxLeaks lassen grüßen.

Morgen kann das EU-Mitglied Luxemburg seine Besserstellung gegenüber den Partnern nur behaupten, wenn es mit fachlichen Kompetenzen im marktwirtschaftlichen Wettbewerb überlegen ist oder wird. Ob das nun mit oder ohne Rifkin geschieht, ist eher unwichtig.

Potenzial der Großregion

Die gegenwärtige Dynamik darf jedenfalls nicht durch politische Fehler gebrochen werden. Sie müsste sogar zum Selbstläufer werden, wenn das enorme Potenzial der Großregion sich weiterhin, wie heute, in den Dienst der Metropole Luxemburg stellte.

Angesichts der gewaltigen Herausforderung dieser Jahre und der mit ihr verbundenen Chancen darf dem Beobachter gestattet sein, verwundert, fast ungläubig, zu hören und sehen, wie leicht die Luxemburger sich aufhetzen lassen.
Gegen eine Steuerreform, die nach Jahren unnötiger Austerität Hunderte von Millionen direkt bei den Steuerzahlern lässt, gegen die (immer ungenügende) Aufbesserung des Mindestlohns, gegen die (nie ausreichende) Anpassung der Renten an die Lohnentwicklung, gegen die Tram und die öffentlichen Verkehrsmittel, gegen den Fonds für das Gesamtvermögen der Kirchenfabriken (wie groß ist deren kumulierter Reichtum eigentlich?), gegen die Neuordnung der Gemeindefinanzierung, gegen die Ausländer, gegen die französische Sprache, gegen die Spitalreform, gegen neue Industriebetriebe usw., usf.

Wir unglücklichen Luxemburger! Wo ist unser Juncker, der am 7. Mai 1997 die Rentenmauer, an der alles zerbricht, für den 1. Januar 2015 angekündigt hatte, wo sind all die schwarzen Propheten, wenn, hier und jetzt, der gesellschaftspolitische und der wirtschaftliche Sockel für die Zukunft zu errichten ist?
Keine Ahnung, wo sie sind. Aber die Praxis zeigt, dass Luxemburg sehr gut „ohne“ vorankommt auf dem Weg in die Zukunft. Bis zum Oktober 2018 allemal.