Samstag13. Dezember 2025

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Cameron: Habe Sonderstatus herausgeholt

Cameron: Habe Sonderstatus herausgeholt
(AFP/John Thys)

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Nach über 18-stündigen Beratungen haben sich der britische Premierminister David Cameron und die übrigen Staats- und Regierungschefs der EU auf ein Reformpaket geeinigt.

„Großbritannien wird niemals Teil eines europäischen Superstaates sein und niemals den Euro annehmen“, fasste Cameron am Freitagabend in Brüssel die Ergebnisse zusammen. Er habe für das Vereinigte Königreich einen „Sonderstatus“ in der EU herausgeholt. Deshalb werde er seinem Kabinett am Samstag die Annahme der Vereinbarungen empfehlen und am Montag im Parlament dazu Stellung nehmen.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nannte die Einigung sowohl für das Vereinigte Königreich als auch die anderen 27 EU-Staaten fair. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Arbeit daran als „Kraftakt“. Mit dem Reformpaket im Rücken will Cameron beim Referendum in seinem Land für den Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union werben und den sogenannten Brexit verhindern.

Zahlreichen Beratungen in kleineren Runden

Der am Donnerstagnachmittag begonnene EU-Gipfel war geprägt von zahlreichen Beratungen in kleineren Runden, in denen die Vorbehalte einzelner Mitgliedsländer ausgeräumt wurden. So sträubten sich die osteuropäischen Staaten gegen zu rigide Bestimmungen bei der Kürzung von Sozialleistungen für EU-Ausländer. Frankreich, Luxemburg und Deutschland wiederum versuchten den Forderungen der britischen Regierung im Bereich der Finanzmarktregulierung und des Verhältnisses zwischen Euro-Zone und Nicht-Euro-Ländern Grenzen zu setzen. Belgien, in dessen Hauptstadt Brüssel die EU-Institutionen ansässig sind, wollte das Prinzip des immer engeren Zusammenschlusses der EU nicht aufgeben.

Verkompliziert wurden die Verhandlungen durch den Versuch der griechischen Regierung, die Zustimmung zu einem Reformpaket an Garantien in der Flüchtlingskrise zu koppeln. Von Regierungsvertretern in Griechenland hieß es, man wolle eine Zusicherung haben, dass es zu keinen Grenzschließungen in der EU vor dem nächsten EU-Treffen zur Flüchtlingskrise Anfang März kommt. Nach Angaben von EU-Ratspräsident Donald Tusk stimmten am Ende aber alle 27 EU-Staaten der Einigung mit Großbritannien zu.

Kompromisspapier

Dem nun vereinbarten Kompromisspapier zufolge soll die von der britischen Regierung geforderte „Notbremse“, mit der EU-Ausländer von Sozialleistungen ausgeschlossen werden können, maximal sieben Jahre gelten. Der Betroffene selbst bliebe vier Jahre von den Leistungen ausgeschlossen. Kindergeldzahlungen für Kinder, die nicht im Vereinigten Königreich leben, sollen umgehend für neue Antragsteller an die Lebenshaltungskosten im Ausland gekoppelt werden. Ab 2020 können andere EU-Staaten diese Regelung übernehmen. Merkel hatte bereits am Donnerstag deutlich gemacht, dass dieser Punkt auch für Deutschland wichtig sei.

Die Ausnahmeregelung für Großbritannien von einer Verpflichtung zum immer engeren Zusammenschluss der EU soll in einer EU-Vertragsänderung verankert werden. Ein Datum für solche Vertragsänderungen wird im Text nicht genannt.

Zugleich erhielt Cameron von den anderen Euro-Staaten Zusicherungen, dass Maßnahmen des Währungsraumes keine negativen Auswirkungen auf den Finanzplatz London haben sollen. Die Bankenaufsicht in der Euro-Zone soll jedoch keinen Beschränkungen durch die Sonderregelungen für Großbritannien unterliegen. Auch künftige Maßnahmen zur Finanzmarktregulierung sollen davon nicht betroffen sein. Wettbewerbsverzerrungen zugunsten des britischen Bankensektors sollen ausgeschlossen werden. Umgekehrt erhält Großbritannien das Recht, seine Banken und den heimischen Finanzmarkt selbst zu überwachen.

Binnenmarkt stärken

Nationale Parlamente sollen ein stärkeres Mitspracherecht haben und EU-Gesetze kassieren oder Änderungen verlangen können, wenn sie insgesamt mehr als 55 Prozent der für die Parlamente vorgesehenen Stimmen repräsentieren.

Anders als die anderen drei Bereiche gab es um das Thema Wettbewerb in den Verhandlungen kaum Streit. Die britische Regierung, die in ihrer Heimat mit einer liberalen Wirtschaftspolitik und niedrigen Arbeitslosenzahlen punktet, fordert mehr Anstrengungen auf EU-Ebene. In dem Beschluss wird nun betont, dass der Binnenmarkt gestärkt und Reformen angestoßen werden müssen. Auch ein Abbau von Bürokratie wird in dem Dokument angemahnt. Die hohen EU-Standards für Beschäftigte, Verbraucher sowie im Bereich von Gesundheit und Umweltschutz sollen aber bewahrt werden.

Der britische Premier hatte im Falle einer Einigung den 23. Juni als Tag für das Referendum ins Auge gefasst. Einer Umfrage von TNS zufolge würden sich bei der Volksabstimmung derzeit 36 Prozent der britischen Bevölkerung für einen Austritt aus der EU entscheiden, 34 Prozent wären dagegen. Sieben Prozent wollen nicht wählen gehen und 23 Prozent haben sich noch nicht entschieden.