E Bléck duerch d’LënsAdo Rinnen (1924-1944): „E grousse Patriot“

E Bléck duerch d’Lëns / Ado Rinnen (1924-1944): „E grousse Patriot“
Die Gedenkzeremonie für Ado Rinnen in Hüncheringen am 10. August Foto: Marc Lazzarini

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Am 10. August 2024 fand in Hüncheringen eine Gedenkzeremonie für den Widerstandskämpfer Ado Rinnen statt. Bereits am Vortag besuchten Vertreter der Gemeinde Bettemburg sowie lokaler Vereine das ehemalige Gefängnis in Köln-Klingelpütz, um an dem Ort seiner Ermordung Blumen niederzulegen. Doch wer war Ado Rinnen und wieso musste dieser junge Widerstandskämpfer sein Leben lassen?

Adolph, genannt Ado, Rinnen kam am 28. Januar 1924 in Hüncheringen zur Welt. Er besuchte das städtische Athenäum und wurde als hervorragender Schüler angesehen. Er war ein gläubiger Katholik und hätte leicht eine geistliche Laufbahn einschlagen können. Stattdessen wurde er Lehrer. Dem Zeitzeugen und ehemaligen Weggefährten Fernand Lorang zufolge sah Ado in „der Jugenderziehung ein erhabenes Ideal“.

Die Serie

In der Rubrik „E Bléck duerch d’Lëns“ liefern die Historiker*innen André Marques, Julie Depotter und Jérôme Courtoy einen mikrohistorischen Blick auf verschiedene zeitgeschichtliche Themen.

Historiker und Autor dieses Textes André Marques
Historiker und Autor dieses Textes André Marques Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Nach der Besetzung des Landes durch Nazi-Deutschland besuchte er ab 1941 die Lehrernormalschule in Luxemburg-Stadt, um seine Lehrerausbildung zu beginnen. Diese Einrichtung wurde später mit der Lehrerbildungsanstalt (LBA) in Ettelbrück zusammengelegt. Ado weigerte sich, die näherliegende LBA Peppingen zu besuchen, da diese speziell von den Nationalsozialisten geschaffen wurde, um ihre bildungspolitischen Ziele zu verwirklichen. Allerdings begann das NS-Regime auch in Ettelbrück, seine Weltanschauung im Lehrplan durchzusetzen.

Die NS-Verwaltung versuchte seit Mai 1940 das luxemburgische Schulsystem zu überarbeiten, um die nationalsozialistische Indoktrination der luxemburgischen Jugend zu beschleunigen. Neben dem Verbot der französischen Sprache sollte auch die ideologische Ausbildung in der Schule beginnen. Ab Mai 1941 wurden die Schüler gezwungen, der Hitlerjugend (HJ) beizutreten und am paramilitärischen Training außerhalb der Schule teilzunehmen. Auch die Luxemburger Lehrer wurden dabei nicht nur ermutigt, sondern auch verpflichtet, sich aktiv in leitender Rolle in der HJ und an den HJ-Aktivitäten zu beteiligen.

Porträt von Ado Rinnen (rechts) mit einem Freund 
Porträt von Ado Rinnen (rechts) mit einem Freund   © Administration Communale de Bettembourg

Ab 1941 im Widerstand

Unbeeindruckt von den Versuchen der Nazis, ihren Willen durchzusetzen, und noch mehr überzeugt von der Notwendigkeit des Widerstands – um der Indoktrination der Jugend ein Ende zu setzen – schloss sich der 17-jährige Ado Rinnen im Januar 1941 dem Widerstand an. Es ist unklar, ob er sich zuerst der Widerstandsbewegung „Lëtzebuerger Fräiheetsbond“ (LFB) anschloss – die in der Gegend von Düdelingen-Kayl-Bettemburg tätig war – oder der „Lëtzebuerger Patriote Liga“ (LPL) unter der Leitung von Raymond Petit. Letztere war innerhalb der Ettelbrücker LBA aktiv. Er nutzte seinen täglichen Weg von Hüncheringen nach Ettelbrück, um seine Aktivitäten als Verbindungsmann und Kurier der Widerstandsgruppe zu vertuschen. Er unterhielt auch Kontakte zu anderen Widerstandsgruppen und übernahm schnell die Rolle des lokalen Anführers der Widerstandsgruppe in Hüncheringen und der näheren Umgebung.

Ab August 1942 änderten sich die Widerstandsaktivitäten in Luxemburg. Mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht in Luxemburg wurde es notwendig, die Luxemburger Jugend vor dem Einzug in den Kriegsdienst zu bewahren. Obwohl er selbst dem Jahrgang 1924 angehörte, war Ado Rinnen jedoch von der Wehrpflicht befreit, da er die Lehrerprüfung noch nicht bestanden hatte. Dies hinderte ihn jedoch nicht daran, sich solidarisch mit der eingezogenen Jugend zu zeigen. Gemeinsam mit seiner Gruppe half er anderen Luxemburgern zur Flucht, dabei diente das Haus seiner Familie in Hüncheringen als vorübergehendes Versteck.

Das Denkmal zur Erinnerung an die NS-Opfer des Gefängnisses in Köln-Klingelpütz (9.8.2024)
Das Denkmal zur Erinnerung an die NS-Opfer des Gefängnisses in Köln-Klingelpütz (9.8.2024) Foto: Patrick Hurt

Ado besuchte regelmäßig den Gottesdienst in Hüncheringen, wo sein Patriotismus durch die Reden des Pfarrers Pierre Loos gestärkt wurde. Fernand Lorang beschreibt, dass Ado Rinnen fest von seinen Aktionen überzeugt war und furchtlos agierte. Dabei erinnerte er sich an ein Treffen mit Ado am „Fennenger Eck“ in Bettemburg, wo Fernand – als neues Mitglied des LFB – mit Hand auf der Bibel, der Heimat ewige Treue und Schweigen schwören musste.

Am 23. Februar 1944 klingelte die Gestapo an der Tür der Familie Rinnen in Hüncheringen. In Ado Rinnens Zimmer finden die Beamten der Gestapo den Widerstandskämpfer und zwei Fahnenflüchtige, die er im Hause versteckt hielt. Alle drei wurden umgehend festgenommen und in den Zellen des Bettemburger Rathauses zeitweilig interniert. Später wurde Ado ins Grund-Gefängnis gebracht. Auch Ados enge Familie wurde wegen des Verdachts der Mittäterschaft festgenommen.

Bürgermeister Laurent Zeimet bei der Gedenkzeremonie in Hüncheringen 
Bürgermeister Laurent Zeimet bei der Gedenkzeremonie in Hüncheringen  Foto: Marc Lazzarini

Zum Tod verurteilt

Augenscheinlich hatte jemand der Gestapo die Fluchtaktivitäten verraten. Treu seinem Schwur gab der 20-jährige Ado Rinnen keinerlei Informationen preis. Am 9. Juli kam er vor das Volksgericht und wurde dort u.a. wegen „Beihilfe zur Fahnenflucht“ zum Tode verurteilt. Am 10. August 1944 wurde er gemeinsam mit fünf anderen Luxemburgern im Gefängnis von Köln-Klingelpütz hingerichtet. Seine sterblichen Überreste wurden von den Nationalsozialisten für „medizinische Forschungszwecke“ weitergenutzt. Auch seine unmittelbare Familie wurde Opfer der NS-Verfolgung: Seine Schwester wurde am 7. Juli 1944 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und seine Eltern u.a. nach Trebnitz (Schlesien) umgesiedelt.

1988 errichteten seine ehemaligen Kameraden des LFB in Hüncheringen dem „grousse Patriot Ado Rinnen“ ein Denkmal. 80 Jahre nach seinem Tod gilt es, auch für künftige Generationen, Ado Rinnen und seine heldenhaften Taten nicht zu vergessen.


Neuer Gedenkweg

Im September 2024 wird ein neuer Gedenkweg in Bettemburg offiziell eingeweiht. Dieser thematisiert zahlreiche Schlüsselmomente der Ortschaft während des Zweiten Weltkriegs, darunter die Invasion, die Kollaboration und den Widerstand innerhalb der Gemeinde sowie den Luftangriff vom 11. Mai 1944. Eine Station erinnert an die Taten des Ado Rinnen. Der Gedenkweg wurde in Kooperation mit der Bettemburger Verwaltung, dem „Musée national de la Résistance et des Droits humains“ und den Bettemburger Geschichtsfreunden erstellt und reiht sich in die Gedenkwege von Esch/Alzette und Schifflingen ein.