Heuschrecke macht Tarkett-Personal zu schaffen

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Seit dem Eintritt der Beteiligungsgesellschaft KKR in das Gesellschaftskapital von Tarkett S.A. ist der Sozialdialog erlahmt. Dagegen haben die Gewerkschaften gestern demonstriert. Lucien Montebrusco

Seit dem Eintritt der Beteiligungsgesellschaft KKR in das Gesellschaftskapital von Tarkett S.A. ist der Sozialdialog erlahmt. Dagegen haben die Gewerkschaften gestern demonstriert.

Lucien Montebrusco

Eigentlich sollte es nur eine bescheidene Protestaktion werden. Dann fanden sich doch an die 100 Beschäftigte ein. Sie nutzten ihre Mittagspause, um sich öffentlich über den Umgangston der Direktion ihres Werkes mit den Beschäftigten und den Gewerkschaften zu beschweren. Vergangene Woche hatte das Unternehmen in der Gewerbezone Eselborn bei Lentzweiler erneut fünf Mitarbeiter entlassen. Nach Schichtende erwartete sie zu Hause das Entlassungsschreiben. Aus ökonomischen Gründen, so die Begründung. Betroffen war auch eine Angestellte, die mehr als 30 Jahre dem Betrieb die Treue gehalten hatte.
Die Gewerkschaft störe vor allem der fehlende Sozialdialog, so Jean-Claude Bernardini (OGB-L). Auch lasse die Werksleitung die Belegschaft im Dunkeln, wie es weitergehen soll. „Wir wollen den Industrieplan sehen“, so Bernardini.
Hinzu kommt, dass das Unternehmen bis Ende des Jahres vom Vier- auf das Dreischichtensystem zurückkommen wird. Produktionseinschränkungen soll es jedoch keine geben. Wegen dieser Umstellung wurde 24 zeitlich befristeten Mitarbeitern der Vertrag nicht mehr verlängert.
Am Mittwoch beantragten die OGB-L-Vertreter im Konjunkturrat, im Einklang mit dem Unternehmen nach Möglichkeiten zu suchen, um weiteren Stellenabbau zu verhindern.

Stichwort: Tarkett S.A.

Tarkett produziert in Luxemburg Bodenbeläge aus PVC für Spitäler, Heime, Schulen, Büros, Hotels und Restaurants. Das Unternehmen in der Industriezone Eselborn in Lentzweiler bei Clerf beschäftigt derzeit 400 Personen. Das Mutterunternehmen Tarkett S.A. ist in Nanterre in Frankreich angesiedelt. Sein Jahresumsatz belief sich 2006 auf zwei Milliarden Euro. Tarkett ist eigenen Angaben zufolge Marktführer bei Bodenbelägen aus PVC, Linoleum, Laminat und Holz. Seine 26 Werke in zehn Ländern, 16 allein in Europa, beschäftigen 7.000 Personen. 1997 fusionierte Sommer-Allibert, das Werke in Luxemburg hatte, mit Tarkett. Seit 2003 tritt das Unternehmen unter der Bezeichnung Tarkett auf.
2007 stieg die US-amerikanische Beteiligungsgesellschaft KKR in das Kapital von Tarkett ein. Die „Heuschrecke“ ist Mehrheitsaktionär. Im selben Jahr wurde das zur Tarkett-Gruppe gehörende Euroflor in Wiltz verkauft.
  

Porträt: Heuschrecke KKR

Die Kohlberg Kravis Roberts & Co (KKR) ist eine 1976 gegründete US-amerikanische Beteiligungsgesellschaft. Sie steigt ins Kapital von Unternehmen ein, um sie wenige Jahre später gewinnbringend zu verkaufen, wobei das ursprüngliche Unternehmen oftmals in Einzelteilen veräußert wird. In der Zwischenzeit wird die Firma rentabel gemacht, was meist mit Entlassungen und Schließung weniger profitabler Einheiten einhergeht.
Finanzgesellschaften, die auf das Ausschlachten oftmals traditionsreicher Unternehmen der Realwirtschaft spezialisiert sind, bezeichnete der ehemalige Bundesminister Franz Müntefering (SPD) als „Heuschrecken“. Sie würden wie Heuschrecken über Unternehmen herfallen, sie abgrasen und dann weiterziehen.