Menschen, die schöne Bücher lieben

Menschen, die schöne Bücher lieben

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Beim Bücherfest in Vianden geht es nur um eins. Geschichten zwischen zwei Klappdeckeln, die in andere Welten entführen. Sogar die Revolution des Internets hat ihrer Beliebtheit nichts wirklich anhaben können.

Zum 10. Mal verwandelten sich am vergangenen Wochenende Garagen, Bürgersteige und sogar Geschäfte in Buchläden, die normalerweise alles andere als Bücher verkaufen.

Auch Buchverwandtes kommt in Vianden an den beiden Tagen vor die Tür, nach draußen und hoffentlich unter die Leute. Die Zeitschriften vor dem Souvenirladen verraten die Nationalität des Besitzers. „Mulher moderna“ und „Teleculinaria“ sind die portugiesischen Pendants zu Küchenklassikern à la „Essen und Trinken“ und im Land sehr beliebt. Am Samstagnachmittag ist das Interesse daran eher verhalten. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Ein wenig weiter reihen sich ledergebundene Klassiker in trauter Eintracht nebeneinander.

Honoré de Balzac, Leo Tolstoi, Alexandre Dumas oder Fedor Dostojewski, vor der Nummer 14 in der rue de Diekirch geht es um Allgemeinbildung.

Mankell auf Mittelalter

Direkt neben der Kirche den Berg weiter hinunter haben Marc und Nicole Duchène ihren Stand. Kunsthandwerk rund ums Buch versprach die Werbung rund ums Fest, Kunsthandwerk ist auch gekommen. Das Paar aus der Nähe von Thionville bindet Bücher nach Mittelalterart. Ein zeitgenössischer Henning Mankell, der aussieht, als entspränge er der mönchischen Sammlung aus dem Film „Im Namen der Rose“? „Warum denn nicht“, sagt Nicole Duchène. Wer möchte das? „Menschen, die schöne Bücher lieben“. Pergamentpapier, hölzerne Buchdeckel, ein wulstiger Buchrücken und genähte Einbände machen den Zauber eines mittelalterlich gebundenen Buches aus. Pergamentpapier geht bei Mankell natürlich nicht, der Rest entspräche allerdings der Zeit. René Lefer aus Belgien ist hingegen Papierschöpfer und brennt für diesen Beruf. Schon nach den ersten Sätzen von ihm ist klar, Papier ist nicht Papier. Und schon gar keine schnöde Zellulose, die auch noch der Umwelt schadet. Lefer hat dem etwas entgegenzusetzen. „Ich mache Biopapier“, sagt er und verschwindet in sein Zelt.

Fressverhalten der Mäuse

Wie kostbare Schmuckstücke wirken die Muster des aus Lauch, Sellerie oder Rhabarber hergestellten Papiers, mit denen er anschließend wieder auftaucht. Man möchte das edel wirkende, raue, gefaserte Material anfassen. „Nur zu“, sagt er. Herrliches Gefühl. Und funktionsfähig. Auf ein Stück hat er Eigenwerbung aufgebracht. „Fabrication de papier“ in Tinte hält tadellos auf der Lauchunterlage. Nach so viel Sehen und Fühlen tat die Lesung im „Ancien Cinéma“ richtig gut. Der bekannte Kinderbuchautor Martin Ebbertz war gekommen, aber nicht, um die Kleinen zu unterhalten. Seine Kostproben aus „Das Fressverhalten der Mäuse“ beweisen, dass der Mann auch für Erwachsene schreiben kann. Richtig gute, sprachgewaltige und vor allem skurrile Geschichten hat er sich ausgedacht und aufgeschrieben. Kritikerpunkte und ein Pups sind schuld am Selbstmord eines Winzers, während der des Biologen Eduard Elbling sich als Mord erweist. Roald Dahl hätte es nicht besser machen können.