Mit Vorsicht zu genießen

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LUXEMBURG - Dass Wohnimmobilien in Luxemburg immer teurer werden, ist nicht abzustreiten. Worauf dies zurückzuführen ist, darüber streitet sich das ganze Land.

Genaue statistische Erhebungen, die eine tiefgreifende Analyse gestatten, fehlten bislang. Die BCL versucht dennoch, durch einen Index hier Abhilfe zu schaffen. Kommt dies verfrüht?

Irgendwann zwischen 2017 und 2020 wird der Preis für ein Einfamilienhaus eine Million Euro überschreiten. Dies können sich dann nur noch reiche Menschen leisten. Zu diesem Schluss kam vor kurzem eine Studie der Immobilienagentur „athome“.

Auch Zentralbankchef Yves Mersch weiß, dass am Luxemburger Immobilienhorizont dunkle Wolken aufziehen. Er vermutet schon seit langem eine Immobilienblase in Luxemburg. Im März verkündete er auf einer Pressekonferenz, die Zentralbank werde die Situation im Auge behalten. In dieser Woche nun stellte er einen eigens von der Zentralbank entwickelten Index für Wohnimmobilien vor.

Luxembourg: les prix de l’immobilier résidentiel

Taux de croissance du prix de l’immobilier résidentiel et de ses déterminants fondamentaux sur la période 1995-2010 (en %)

Doch bei näherer Betrachtung des Index bleibt man perplex. In der Tat basiert er auf Daten des Statec, der sich wiederum bei der Enregistrement-Verwaltung bedient.

Über die Art der Daten, auf die zurückgegriffen werden kann, heißt es im überarbeiteten Gesetz vom 10. Juli 2011 über die Organisation des nationalen statistischen Instituts: „Dans le choix du mode de collecte de données le Statec privilégie l’exploitation des fichiers administratifs. Il ne recourt à des enquêtes ou recensements que si l’exploitation des fichiers administratifs s’avère impossible ou n’est pas susceptible de fournir des informations statistiques fiables et pertinentes.“

Problem

Damit sind die Quellen und die Prozedur definiert. Im Falle der Datenerhebung über Wohnimmobilien beginnt dann allerdings bereits das Problem. Zwar gibt es hieb- und stichfeste Zahlen bei der Enregistrement-Verwaltung – auf welche Statec zurückgreift – über die erfolgten Transaktionen bei Wohnimmobilien und deren Wert. Diese reichen sogar Jahrzehnte zurück.

Allerdings reicht es aus, über die Anzahl und den realen Verkaufswert von Wohnimmobilien Bescheid zu wiesen – und im besten Fall über die Anzahl an Quadratmetern –, um eine tiefgründige und stichhaltige Analyse über den Marktzustand zu machen?

Charakteristika

Hierfür müsste man schon im Detail die Charakteristika jeder Wohnimmobilie kennen. Also neben der Fläche des Wohnraums die Fläche des Grundstücks, die Lage, das Baujahr, die Anzahl an Räumen, Badezimmern, Garagen, Stockwerken … Nur die Kombination dieser Charakteristika kann Aufschluss über die Gründe des Werts eines „bien de logement“ geben.

Die Analyse dieser Charakteristika erlaubt es z.B. der französischen statistischen Behörde Insee, klare Aussagen auch auf makroökonomischer Ebene über die Lage auf dem Wohnimmobilienmarkt zu machen.

Rechtsunsicherheit

Das Problem in Luxemburg allerdings ist, dass es genau solche Zahlen, die bis ins Detail gehen, nicht gibt, weil sie z.B. entweder nicht notariell erfasst werden oder aber nicht an die Behörden weitergeleitet werden. Zudem dürfte hierzulande darüber hinaus auch eine gewisse Rechtsunsicherheit bei einigen Begriffen herrschen: Was gehört in der Tat in die Berechnung des Wohnraums miteinbezogen?

Wie aussagekräftig ist nun der von der BCL in ihrem letzten Bulletin vorgestellte Index? Die Luxemburger Notenbank selbst geht hin und warnt, dass man bei ihren Berechnungen Vorsicht walten lassen muss. Dann allerdings muss man sich die Frage stellen, was damit bezweckt wird, mit einem durchaus sinnvollen und von vielen Akteuren erwarteten Index jetzt schon in die Öffentlichkeit zu gehen?