Zweite Chance für Euro-Rettungsschirm

Zweite Chance für Euro-Rettungsschirm
(dpa)

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Euro-Rettungsschirm vorerst gestoppt, Regierung am Ende: Doch in der Slowakei gibt es weiter Hoffnung auf ein Ja für die EFSF-Erweiterung.

Die geplante Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF ist im slowakischen Parlament vorerst gestoppt worden. Damit ist die Regierung von Premierministerin Iveta Radicova ebenfalls gescheitert. Radicova hatte das Votum am Dienstag mit der Vertrauensfrage verbunden. Eine weitere Abstimmung über den Rettungsfonds in den kommenden Tagen ist aber möglich.

Nur 55 der 150 Abgeordneten stimmten für die Ausweitung des Rettungsschirms und sprachen damit auch der Premierministerin das Vertrauen aus. Neun Abgeordnete votierten dagegen, 60 enthielten sich der Stimme. Vor der entscheidenden Abstimmung in Bratislava hatte Premierministerin Radicova das Votum über die EFSF-Erweiterung mit der Vertrauensfrage verbunden.

Regierung gestürzt

Sowohl der neoliberale Koalitionspartner SaS als auch die sozialdemokratische Opposition hatten der Regierungschefin die Gefolgschaft schon vor der Abstimmung versagt. Eine Abstimmungsniederlage in der Vertrauensfrage bedeutet in der Slowakei automatisch den Sturz der gesamten Regierung.

Aus Sicht von Außenminister Mikulas Dzurinda würde Radicova dann die Verhandlungen zu einer neuen Regierungsbildung führen. Ferner ging Dzurinda schon dem Votum davon aus, dass eine zweite Abstimmung über den EFSF noch diese Woche dank der Stimmen der Opposition eine Mehrheit finden könnte.

Zweite Abstimmung möglich

Im Unterschied zu nationalen Gesetzen darf im slowakischen Parlament über internationale Verträge auch ein zweites Mal abgestimmt werden. Oppositionsführer und Ex-Premier Robert Fico hatte seine Zustimmung zur EFSF-Erweiterung mit einem Rücktritt der Regierung verknüpft.

In einem eindringlichen Appell hatte Radicova am Morgen noch einmal für ein Ja zur EFSF-Erweiterungen geworben, weil es dabei um die Zukunft der Slowakei in Europa gehe. Bei dem Votum sollten die slowakischen Abgeordneten über eine Nachbesserung des EFSF entscheiden. Damit der Rettungsfonds tatsächlich Notkredite von 440 Milliarden Euro ausreichen kann, soll der Garantierahmen auf 780 Milliarden Euro erhöht werden. Mit dieser Bürgschaft sichern die Euro-Länder, dass sich der EFSF-Fonds günstig selbst Geld borgen kann.

Schulden nicht mit Schulden bekämpfen

Schon vor der Boykott-Ankündigung hatte sich die zweitstärkste Regierungspartei SaS von Parlamentspräsident Richard Sulik stets gegen die bedingungslose Erweiterung des Schirms gesperrt. Die SaS fordert, dass die Slowakei sich nicht am Stabilisierungsmechanismus ESM beteiligt, der dem EFSF ab 2013 folgen soll. Sulik vertritt die Haltung, dass Schulden nicht mit Schulden bekämpft werden sollten.

Der geplante erweiterte EFSF-Fonds erhält mehr Geld und neue Instrumente, um schneller reagieren zu können. So kann er künftig auch Anleihen kriselnder Staaten kaufen – sowohl von Regierungen als auch von Investoren. Angeschlagene Länder können zudem vorsorglich Kredite erhalten. Auch können Euro-Länder Geld bekommen, um ihre Finanzinstitute in einer Schieflage stützen zu können.

Wenn Bratislava zustimmt …

Die Slowakei ist das einzige Euro-Land, dass der Erweiterung des Rettungsschirms – bisher – noch nicht zugestimmt. Ohne grünes Licht aus Bratislava können auch die 16 anderen Euro-Länder die Erweiterung des EFSF nicht umsetzen. Sollte in Bratislava aber doch eine Zustimmung erreicht werden, ist die Erweiterung des Rettungsschirms beschlossene Sache. Danach müssen aber noch wichtige Details zur Arbeitsweise und Nutzung des Fonds geklärt werden – etwa bei Finanzspritzen für angeschlagene Banken. Ein Gesamtpaket – wie von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy am Wochenende beraten – soll bis Ende des Monats geschnürt sein.

Unterdessen konnte Griechenland im Kampf gegen den drohenden Staatsbankrott auf dringend benötigte Milliardenkredite von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) hoffen. Deren Experten-Troika geht davon aus, dass Anfang November frisches Geld für Athen fließt.

Bedingungen

In Brüssel hatten die Finanzkontrolleure der Troika mitgeteilt, dass vor der Zahlung der Milliardenkredite an Griechenland die Euro-Finanzminister und der IWF den aktuellen Überprüfungsbericht noch billigen müssten. Eine klare Aussage, wonach sie die Auszahlung befürwortet, machte die Troika allerdings nicht. Die Expertengruppe hatte zuvor die Bücher in Athen geprüft.

Demnach werde ein Wirtschaftsaufschwung nun erst für das übernächste Jahr erwartet. Es sei nicht mehr damit zu rechnen, dass die Regierung des Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou im laufenden Jahr das gesetzte Defizitziel von 7,6 Prozent der Wirtschaftsleistung erreiche.

„Systemische Dimension“

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet warnte vor dem EU-Parlament derweil, die Krise der Eurozone habe eine „systemische Dimension“ erreicht, wie die Finanznachrichtenagentur Bloomberg berichtete. Schon in der ersten Finanzmarktkrise ab 2008 machte der Begriff der „systemrelevanten“ Banken die Runde. Damit war gemeint, dass bestimmte Institute so wichtig für die Finanzwirtschaft sind, dass ihr Ausfall das gesamte System beschädigen würde.

Ein Schuldenschnitt für Griechenland wird derweil immer offener diskutiert: Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, sagte in der Sendung „ZIB2“ des ORF am Montagabend, man dürfe nicht glauben, dass ein Schuldenschnitt genüge. Er plädierte dafür, eine Staatspleite in der Eurozone „mit aller Gewalt“ zu verhindern. Über einen Umfang des Schuldenschnitts wollte Juncker nicht spekulieren.