TennisAm anderen Ende der Welt: Luxemburg kämpft um den Aufstieg im Davis Cup

Tennis / Am anderen Ende der Welt: Luxemburg kämpft um den Aufstieg im Davis Cup
Chris Rodesch (l.) führt das Davis-Cup-Team von Kapitän Gilles Muller erstmals als Nummer eins an Foto: Editpress/Fernand Konnen

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Zum zweiten Mal in diesem Jahr muss das luxemburgische Davis-Cup-Team weit reisen. Nach Kolumbien im Februar steht jetzt ein Duell in Neuseeland an. In der Weltgruppe II geht es um den Einzug in die Playoffs zur Weltgruppe I. FLT-Kapitän Gilles Muller ist zuversichtlich und hofft auf die starke Form von Chris Rodesch.

Erst 9.300 Kilometer nach Hongkong, dann noch einmal 9.400 nach Palmerston North. „Eigentlich ist es toll, in solche Länder zu reisen und Davis Cup zu spielen“, sagt FLT-Kapitän Gilles Muller vor dem Duell des luxemburgischen Teams in Neuseeland. „Aber ich hätte gerne auf eine so lange Reise verzichtet. Nachdem wir im Februar schon in Kolumbien gespielt haben, hätte es jetzt nicht schlimmer kommen können.“ Während Muller von der Reise ans andere Ende der Welt erzählt, ist es in Luxemburg gerade 12.30 Uhr, in Neuseeland ist es bereits mitten in der Nacht, 22.30 Uhr. Auf diese Zeitumstellung mussten er und seine Spieler sich vor dem Duell einstellen. 

Um sich bestmöglich vorzubereiten und an die Zeit zu gewöhnen, hatte das Team um Muller und seine Spieler Chris Rodesch, Alex Knaff, Aaron Gil Garcia, Raphael Calzi und Gilles Kremer im Vorfeld auf halber Strecke zwei Wochen in Hongkong verbracht – und dort zwei Turniere gespielt, ehe es weiter nach Down Under ging.

Rodesch in Topform

Muller ist mit der Vorbereitung zufrieden. Vor allem Chris Rodesch hat mit zwei weiteren Turniersiegen seine starke Form erneut unter Beweis gestellt. „Chris kommt jetzt mit viel Selbstvertrauen in den Davis Cup. Auch Alex spielt gutes Tennis, nachdem sein Jahr anfangs nicht so lief, wie er es sich erhofft hatte. Ich bin zuversichtlich. Beide haben bisher im Davis Cup nie enttäuscht. Ich gehe davon aus, dass sie das auch diesmal nicht tun werden.“

Die Unterschiede sind minimal, ich erwarte Matches auf Augenhöhe, in denen Kleinigkeiten den Ausschlag geben

Gilles Muller, über den Gegner

Vor allem die Entwicklung von Rodesch in den vergangenen Monaten bezeichnet Muller als „beeindruckend“. Der 23-Jährige hat erst im Frühsommer sein Studium abgeschlossen und seine Profikarriere gestartet. Kurz zuvor war er noch an einer Mononukleose erkrankt. „Seitdem hat er sieben Turniere gespielt und vier davon gewonnen. Ein weiteres Mal stand er im Finale und einmal im Halbfinale. Das zeigt, wie stark er ist“, sagt Muller. „Als Tennisspieler will man viel spielen und viel gewinnen. Das gibt dir Selbstvertrauen, und das merkt man ihm im Moment an. Vor allem von der Reife her hat er einen Schritt nach vorne gemacht. Er trifft die richtigen Entscheidungen und spielt im richtigen Moment den richtigen Ball – im Moment läuft es bei ihm ein bisschen wie von selbst.“

Muller warnt vor dem Davis Cup aber auch: „Wir hoffen, dass Chris den Schwung mitnimmt. Aber wir müssen auch aufpassen, dass er auf dem Boden bleibt.“ Das sei nicht negativ oder persönlich gemeint. „Wenn man viele Spiele gewinnt, wird man oft sehr selbstbewusst und dann denkt man plötzlich: Dieses Spiel gewinne ich auch, wenn ich nur 99 Prozent gebe. Und dann lässt man auch mal ein Training aus, wenn man wirklich müde ist“, erklärt Muller. „Es etabliert sich eine leichte Arroganz. Ich habe das selbst erlebt. Man muss die richtige Balance finden. Man darf sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen, sondern muss weiter Gas geben. Das macht Chris bisher sehr gut.“ Das Resultat seien wiederum die guten Ergebnisse und die vielen Siege. Immerhin ist Rodesch seit 15 Matches ungeschlagen.

Zum ersten Mal wird er nun auch die Nummer eins im luxemburgischen Davis-Cup-Team sein – in den vorherigen Begegnungen lag Knaff in der Weltrangliste immer vor Rodesch und war somit die Nummer eins im Team. Jetzt ist es umgekehrt. „Für uns bleibt eigentlich alles gleich“, sagt Muller. Das Einzige, was sich ändert, ist die Reihenfolge der Spiele gegen die Nummer eins und zwei des Gegners.

Kritik am Nationenranking

In der Nationenrangliste sind die Neuseeländer besser eingestuft, sie liegen 20 Plätze vor Luxemburg, auf Rang 45. Muller erwartet dennoch ein Duell auf Augenhöhe. „Ich weiß nicht genau, was ich von dieser ITF-Nationenwertung halten soll“, sagt er. „Wir haben letztes Jahr im Februar gegen Südafrika gewonnen, und dann auch noch gegen Slowenien. Die Südafrikaner hingegen haben noch ein Spiel verloren und sind erst jetzt aus der Gruppe III aufgestiegen – und haben dabei mehr Punkte geholt als wir. Ich verstehe nicht wirklich, warum das so ist. Deshalb schaue ich auch nicht auf dieses Ranking. Ich finde, wir sind nicht so gut platziert, wie wir es sein sollten.“

Das Spielerranking sei aussagekräftiger. Allerdings sind auch hier die beiden besten Spieler Neuseelands, Kiranpal Pannu (ATP 454) und Ajeet Rai (ATP 498) leicht besser eingestuft als Rodesch (ATP 507) und Knaff (ATP 644). „Das sind aber keine großen Unterschiede“, sagt Muller. Zudem wird Rodesch nach seinem Turniersieg in Hongkong im neuen Ranking kommende Woche noch einige Plätze gutmachen und dann aller Voraussicht nach sogar vor den beiden Neuseeländern liegen. „Die Unterschiede sind minimal, ich erwarte Matches auf Augenhöhe, in denen Kleinigkeiten den Ausschlag geben“, so Muller. „Wenn wir gut performen, ist die Chance groß, dass wir gewinnen. Wenn wir aber nicht gut performen, ist die Chance auch groß, dass wir verlieren.“

Frage der Aufstellung

Dabei hat sich Muller lange den Kopf über die richtige Aufstellung seiner Mannschaft zerbrochen. Klar ist, dass Rodesch und Knaff im Normalfall alle Einzelmatches bestreiten werden. Nachdem die Luxemburger in den Playoffs zur Weltgruppe I in Kolumbien aber den Aufstieg verpasst hatten, obwohl sie schon 2:0 geführt hatten, steht besonders hinter dem Doppel noch ein Fragezeichen. Rodesch und Knaff hatten dieses in Kolumbien verloren und anschließend auch noch ihre zwei Einzelmatches. „Es ist kein Geheimnis, dass die beiden unser bestes Doppel bilden“, sagt Muller. „Sollte es uns gelingen, noch einmal mit 2:0 in Führung zu gehen, stellt sich aber die Frage, ob wir die beiden dann erneut auch im Doppel spielen lassen oder es nicht besser ist, sie zu schonen, damit sie danach frischer sind, um noch einen Punkt im Einzel zu holen. Diese Überlegung ist mit der Erfahrung, die wir im Februar gemacht haben, da.“ Der Fokus liegt zunächst auf den beiden Einzelmatches in der Nacht auf Samstag (ab 2.00 Uhr luxemburgische Zeit). „Wir müssen erst sehen, wie die diese verlaufen“, sagt Muller. „Danach entscheiden wir kurzfristig, wie es im Doppel weitergeht.“

Die Zielsetzungen sind dabei klar. Nachdem das FLT-Team im Februar schon einmal an der Weltgruppe I geschnuppert hat, wollen sich die Luxemburger in der Weltgruppe II nun erneut für die Aufstiegs-Playoffs qualifizieren. Im Fall einer Niederlage würde es kommendes Jahr in den Abstiegs-Playoffs um den Klassenerhalt gehen. Daran denken tut Muller nicht. „Wir wollen gewinnen“, sagt er. „Mit der großen Hoffnung, dass wir dann im kommenden Jahr endlich wieder ein Spiel zu Hause haben.“

Die Aufgebote

Neuseeland: Kiranpal Pannu (ATP 454), Ajeet Rai (ATP 498), Jack Loutit (ATP 790), Rubin Statham (ATP 837), Finn Reynolds (ATP -)
Luxemburg: Chris Rodesch (ATP 507), Alex Knaff (ATP 644), Aaron Gil Garcia (ATP 1.424), Raphael Calzi (ATP 2.128), Gilles Kremer (ATP -)

Das Programm

Am Samstag:
Ab 2.00 Uhr (MEZ): zwei Einzel
Am Sonntag:
Ab 2.00 Uhr (MEZ): Doppel, anschließend zwei Einzel