Tour de FranceFrankreich jubelt in Italien: Zwei französische Siege zum Auftakt – Pogacar übernimmt Gelb

Tour de France / Frankreich jubelt in Italien: Zwei französische Siege zum Auftakt – Pogacar übernimmt Gelb
Kevin Vauquelin jubelte am Sonntag über seinen ersten Etappensieg Foto: AFP/Marco Bertorello

Zwei Siege und ein Tag im Gelben Trikot: Die französischen Radsport-Fans hatten zum ersten Wochenende bei der Tour de France viel Freude. Romain Bardet, der am Samstag die 1. Etappe gewann, verlor sein Gelbes Trikot am Sonntag an Tadej Pogacar. Der Sieg auf der 2. Etappe ging an Kevin Vauquelin. 

Romain Bardet hat in der sengenden Hitze Italiens mit einer Punktlandung für einen französischen Tour-Traumstart gesorgt, die Giganten Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar sind auf der Fahrt über den Fluss Rubikon noch kein übertriebenes Risiko eingegangen. Während viele Ausreißer die erste Etappe der 111. Frankreich-Rundfahrt am Samstag bestimmten und Routinier Bardet ins Gelbe Trikot schlüpfte, hielten sich die Topfavoriten in den historischen Hügel-Landschaften von Toskana und Emilia-Romagna zurück.

Bardet (33) siegte beim ersten Tour-Auftakt in Italien nach schweren 206 km zwischen Florenz und Rimini vor seinem dsm-Teamkollegen Frank van den Broek, der ihm generös Tageserfolg und Gelb überließ. Die beiden Fluchtgefährten retteten mit letzter Kraft einen Mini-Vorsprung auf den Rest des Hauptfeldes ins Ziel.

Für Bardet war es der vierte Tagessieg beim wichtigsten Radrennen der Welt, das Maillot jaune hatte der Gesamtzweite von 2016 noch nie getragen.

Der dänische Titelverteidiger Vingegaard (16.) und der slowenische Herausforderer Pogacar (4.) erreichten das Ziel mit der ersten Gruppe und zeigten an den sieben Bergwertungen keine Schwäche. Besonders für Vingegaard war dies nicht selbstverständlich: Nach seinem schweren Sturz mit einigen Knochenbrüchen bei der Baskenland-Rundfahrt im April hatte es der Champion von 2022 und 2023 nur mit Mühe zur Tour geschafft – und zeigte sich vor dem Start am Samstagmittag sehr angefasst.

Romain Bardet fuhr nach seinem Sieg auf der 1. Etappe einen Tag im Gelben Trikot
Romain Bardet fuhr nach seinem Sieg auf der 1. Etappe einen Tag im Gelben Trikot Foto: AFP/Anne-Christine Poujoulat

„Das ist ein sehr emotionaler Moment für mich“, sagte der 27-Jährige mit Tränen in die Augen, bevor er zum Start rollte. Was Vingegaard wirklich draufhat, werden die ersten schweren Alpenetappen der kommenden Woche zeigen.

„Jonas kann nicht auf demselben Niveau der vergangenen zwei Jahre sein“, vermutete sein Sportlicher Leiter Grischa Niermann im FAZ-Interview. Auch Pogacar – der Sieger von 2020 und 2021 war kurz vor der Tour an Corona erkrankt – legte noch nicht seine Karten auf den Tisch. Zumindest aber hinterließ sein UAE-Team einen ganz starken Eindruck.

Drama um Cavendish

Um 12.00 Uhr hatten sich in Florenz 176 Profis aus 22 Teams auf den 3498 km langen und gut dreiwöchigen Weg nach Nizza gemacht, wo die Tour am 21. Juli enden wird. Bei 35 Grad und mehr in der Anfangsphase fuhr die Ausreißergruppe die sich nach heftigem Ringen einen stattlichen Vorsprung heraus.

Die Teams der großen Favoriten hielten sich auch angesichts der Bedingungen lange zurück. Gerade von Pogacars UAE-Mannschaft war erwartet worden, das Rennen schnell zu machen – um eben Vingegaards Leistungsfähigkeit auszuloten. Darauf verzichtete UAE dann aber – in der entscheidenden Phase, die am berühmten Rubikon-Fluss begann, belauerten sich beide nur.

Ein Drama erlebte der langjährige Topsprinter Mark Cavendish, der sich den alleinigen Siegrekord sichern will, aber schon beim ersten Berg abreißen ließ. An der Seite seiner Astana-Teamkollegen quälte sich der 39-Jährige weit hinter dem Feld her, erbrach sich, gab aber nicht auf. Der Traum vom 35. Etappenerfolg lebt damit noch.

Roglic verliert 21 Sekunden

Und gleich am Sonntag folgte der zweite französische Sieg: Kevin Vauquelin gewann die zweite Etappe der 111. Tour de France, Mitfavorit Tadej Pogacar setzte das erste Ausrufezeichen. Der 23 Jahre alte Vauquelin setzte sich am Sonntag beim komplett innerhalb Italiens verlaufenen Teilstück über 199,2 km von Cesenatico nach Bologna aus einer Ausreißergruppe heraus vor Jonas Abrahamsen (Norwegen/Uno-X Mobility) und Quentin Pacher (Frankreich/Groupama-FDJ) durch.

Pogacar (Slowenien) übernahm bereits das Gelbe Trikot vom Auftaktsieger Romain Bardet (Frankreich). Die weiteren Topstars Jonas Vingegaard (Dänemark) und Remco Evenepoel (Belgien) verloren im Gegensatz zu Primoz Roglic (Slowenien) vom deutschen Team Red Bull-Bora-hansgrohe keine Zeit. Pogacar führt in der Gesamtwertung vor den zeitgleichen Evenepoel und Vingegaard, der die Tour 2022 und 2023 gewonnen hatte.

Roglic kam 21 Sekunden nach den Konkurrenten ins Ziel, nachdem er am letzten Anstieg nicht folgen und die Lücke auch nicht mehr zufahren konnte. Dramatisch ist der Rückstand des 34-Jährigen noch nicht, seine Situation ist nun aber alles andere als ideal. „Es war ein enorm heißes Rennen. Es gab eigentlich zwei Renne. Eines um den Tagessieg, eines um das gelbe Trikot. Da ging es schon richtig zur Sache“, sagte Bora-Teamchef Ralph Denk. Roglic sei im Kampf um Gelb „nicht da“ gewesen, „wo er sein soll“: „Da müssen wir jetzt mal drüber reden, was die Ursache war. Es hätte besser sein können.“ (SID)

Im Überblick

1. Etappe: Florenz – Rimini (206 km):
1. Romain Bardet (Frankreich/dsm-firmenich PostNL) 5:07:22 Stunden, 2. Frank van den Broek (Niederlande/dsm-firmenich PostNL) gleiche Zeit, 3. Wout van Aert (Belgien/Visma-Lease a bike) 0:05 Minuten zurück, 4. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE Team Emirates), 5. Maxim van Gils (Belgien/Lotto Dstny), 6. Alex Aranburu (Spanien/Movistar), 7. Mads Pedersen (Dänemark/Lidl-Trek), 8. Remco Evenepoel (Niederlande/Soudal Quick-Step), 9. Pello Bilbao (Spanien/Bahrain Victorious), 10. Alberto Bettiol (Italien/EF Education-EasyPost) alle gleiche Zeit, … 60. Bob Jungels (Luxemburg/Red Bull-Bora hansgrohe) 15:03, … 71. Kevin Geniets (Luxemburg/Groupama-FDJ) 18:46

2. Etappe: Cesenatico – Bologna (199,2 km):
1. Kevin Vauquelin (Frankreich/Arkea-B&B Hotels) 4:43:42 Stunden, 2. Jonas Abrahamsen (Norwegen/Uno-X Pro Mobility) 0:36 Minuten zurück, 3. Quentin Pacher (Frankreich/Groupama-FDJ) 0:49, 4. Cristian Rodriguez (Spanien/Arkea-B&B Hotels), 5. Harold Tejada (Kolumbien/Astana Qazaqstan) alle gleiche Zeit, 6. Nelson Oliveira (Portugal/Movistar Team) 0:50, 7. Axel Laurance (Frankreich/Alpecin-Deceuninck) 1:12, 8. Mike Teunissen (Niederlande/Intermarche-Wanty) 1:33, 9. Hugo Houle (Kanada/Israel-Premier Tech) 1:36, 10. Richard Carapaz (Ecuador/EF Education-EasyPost) 2:21, …58. Jungels 7:59, … 66. Geniets 9:40

Stand in der Gesamtwertung nach 2 von 21 Etappen:
1. Pogacar 9:53:30 Stunden, 2. Evenpoel, 3. Vingegaard, 4. Carapaz alle gleiche Zeit, 5. Romain Bardet (Frankreich/dsm-firmenich PostNL) 0:06 Minuten zurück, 6. Maxim van Gils (Belgien/Lotto Dstny) 0:21, 7. Egan Bernal (Kolumbien/Ineos Grenadiers), 8. Pello Bilbao (Spanien/Bahrain Victorious), 9. Thomas Pidcock (Großbritannien/Ineos Grenadiers), 10. Ciccone alle gleiche Zeit, … 66. Jungels 20:36, … 70. Geniets 26:00